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Sekunde der Wahrheit

Titel: Sekunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hayes Joseph
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wir sicherere Möglichkeiten im Sinn hätten, wenn ich mich recht erinnere.« Sollte er Andrew gegenüber den Revolver erwähnen? Es war seine Idee gewesen, also wollte er den Freund nicht damit belasten.
    »Marylou Wolforth«, sinnierte Andrew, »das ist ein ungewöhnlicher Name.«
    »Du brauchst ihn nicht gehört zu haben«, erinnerte Blake ihn. Der Name war auf dem Briefkopf aufgedruckt, das Clay Chalmers Blake gegeben hatte und das der vor der Fernsehsendung Andrew gezeigt hatte. Die Schreibmaschinenschrift schien für das ungeübte Auge die gleiche zu sein wie auf dem Drohbrief.
    »Der junge Chalmers wollte nicht sagen, woher er es hatte, vielleicht um jemanden zu schützen.«
    Hatte Andrew noch immer Chalmers in Verdacht?
    »Er wollte der Sache auf eigene Faust auf den Grund gehen.« Wenn sie da mitmachten, verstießen sie bereits gegen das Gesetz, oder? Schließlich war der Briefbogen ein Beweisstück, und wer Beweise unterdrückte …
    »Blake«, raffte Andrew sich auf, »ich schulde dir wohl eine Erklärung für meine Haltung gegenüber Clay Chalmers, scheint mir.«
    »Es würde vielleicht zu meiner genaueren Einschätzung der Sachlage beitragen, Andrew.« Sein Bein schmerzte ihn heute nicht, und er hatte sich noch nicht den ersten Bourbon des Tages genehmigt, aber sie befanden sich im Wartezustand, der gleichen Spannung, die er immer empfand, ehe die Geschworenen in den Gerichtssaal zurückkehrten. »Ich würde dann vielleicht besser verstehen, warum du meinst, Chalmers würde ein eigenes Süppchen kochen. Wenn es aber etwas Persönliches ist …« Er ließ den Gedanken in der Luft hängen. Er konnte sich von dem Eindruck nicht freimachen, als hätte Andrews kühle Feindseligkeit etwas mit Kimberley und ihren Gefühlen für den jungen Chalmers zu tun. In diesem Fall wollte Blake nichts davon hören und schon gar nicht mit hineingezogen werden.
    »Clay Chalmers war daran schuld, daß der beste Zuchthengst, den ich je besessen habe, verletzt wurde und eingeschläfert werden mußte.« Nun wandte Andrew sich ihm zu. »Zu seinen Nachkommen gehören neunundvierzig Stakessieger und zwei Derbysieger. Er war beispielsweise der Großvater von Starbright.«
    War das der wirkliche Grund? Blake Raynolds misstraute einfachen Motiven, das war ihm schon zur zweiten Natur geworden.
    »Wahrscheinlich muß das gewesen sein, als er für dich auf Blue Ridge gearbeitet hat. Gestern hast du ihn beschuldigt, betrunken gewesen zu sein.«
    »Das ist keine Entschuldigung und vor allem nicht im Umgang mit Vollblütern.«
    »Du hast ihn entlassen, wenn ich dich gestern richtig verstanden habe, und ihn anschließend heftig boykottiert. Na ja, wenn Zorn und Rachegefühle gegen ihn deine Antriebsfedern sind …« Blake zuckte mit den Achseln.
    »Ich habe noch Schlimmeres getan, Blake, und ich bin nicht stolz darauf. Ich hätte ihm die Lizenz auf Zeit entziehen lassen sollen. Aber ich war so empört, daß ich mich an ihm vergriffen habe.«
    Vergriffen? Andrew Cameron? Das wunderte Blake. »Das zeigt nur, daß du auch nur ein Mensch bist, Andrew.« Seltsam, schoß es ihm durch den Kopf, daß niemand ihn Andy nannte.
    Mit einem trockenen Lächeln setzte sich Andrew Blake gegenüber an den Cocktailtisch. »Hast du das Gegenteil gedacht, Blake?«
    »Manchmal …« In Wirklichkeit konnte er sich aber Andrew Cameron nicht bei einer Schlägerei vorstellen. Doch dann fiel ihm ein, daß Andrew in der Boxstaffel des College geglänzt hatte und daß einige gewonnene Pokale in seinem Arbeitszimmer in Blue Ridge standen. Allerdings sah Chalmers nicht so aus, als hätte er keinen ebenbürtigen Gegner abgegeben, obgleich er einen guten Kopf kleiner als Andrew war.
    »Das schlimmste war«, erklärte Andrew mit einem Stirnrunzeln, »daß er sich überhaupt nicht gewehrt hat.«
    »Na, wenn er betrunken war …«
    »Ich habe das immer als Eingeständnis seiner Schuld gewertet.«
    Traf das zu? Oder stand es auf einem ganz anderen Blatt? Er erinnerte sich. ›Gleichgültig was Sie sich in all den Jahren eingeredet haben mögen, Sie wissen haargenau, daß Sie es selbst getan haben, und wir wissen beide, warum, Cameron.‹ Hatte Andrew in Wirklichkeit dahinter gesteckt? Und wenn ja, warum? Wußte er es? Blake ganz sicher nicht. Warum sollte ein Mann ein Pferd umbringen, das ihm sehr wertvoll war? Doch das gehörte nicht zum jetzigen Problem, auch wenn es ebenfalls ein Pferd betraf, dennoch interpretierte Blake das Schweigen seines Freundes Andrew auf seine

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