Sekundentod: Kriminalroman (German Edition)
wird wahrscheinlich schon heute im Verlauf des Tages entlassen werden können.«
»Wurde sie schon befragt, ob sie ihn beschreiben könnte?«
»Ja, aber zunächst nur oberflächlich. Wir werden einen Phantombildzeichner zu ihr schicken.«
»Gut. Dann geht es also endlich voran. Doch was ist mit der anderen Frau? Mit der Entführten?«
»Er hat nicht lange gewartet, bis er erneut zugeschlagen hat. So, wie es derzeit aussieht, nicht einmal zwei Stunden später.«
»Abgebrühter Schweinehund.«
»Das kannst du laut sagen.«
»Ihr müsst unbedingt so schnell wie möglich die Personenbeschreibung bekommen und die Öffentlichkeit um Hilfe bitten. Für die Frauen zählt jede Minute.«
Es klopfte an Falkos Tür und ein junger Polizist trat ein. »Er sendet wieder.«
»Harald? Hast du das mithören können? Er ist wieder auf Sendung.«
»Das wurde mir auch in dieser Sekunde mitgeteilt. Wir hören uns später.«
Die Videoübertragung glich zu Falkos Entsetzen wieder sehr der vom vorletzten Mal. Eine nackte hochschwangere Frau, an einen Lehnstuhl fixiert, Todesangst in ihren Augen.
»Hat er schon was gesagt?«
»Noch nicht«, war Jans knappe Antwort.
Das ganze Team hatte sich um die drei nebeneinander befindlichen Bildschirme versammelt, die alle die gleiche Übertragung wiedergaben.
»Sieh dir deinen Sohn an«, forderte eine Stimme wie aus dem Nichts. »Was würdest du alles tun, um ihn vor mir zu schützen?«
Die Gefangene schluchzte auf. »Das ist nicht mein Sohn.«
Eine Hand schlug ihr hart gegen den Kopf. Ein wütendes Schnauben war zu hören. Er keuchte. Falko ahnte, dass der Entführer Mühe hatte, nicht die Beherrschung zu verlieren.
Der Frau entfuhr ein kurzer Schrei, sie weinte, ihre Schultern zuckten heftig.
»Ich gebe dir noch eine Chance.« Er presste die Worte wütend hervor. »Du willst doch noch eine Chance, nicht wahr?«
Sie versuchte zu nicken, konnte jedoch ihren Kopf nicht bewegen. Zu fest war er an den Sessel gebunden.
»Ja«, hauchte sie leise.
»Du willst dich doch um deinen Sohn kümmern und ihn beschützen, nicht wahr?«
Die Tränen liefen über ihr Gesicht. »Ja, das will ich.« Sie schluchzte auf.
»Gut«, zischte er. »Das ist sehr gut.« Der Klang seiner Stimme veränderte sich, und er schien auch seine Position zu wechseln. Offenbar war er weitergegangen und stand nun wieder seitlich neben der Kamera. »Und nun sieh hierher«, forderte er sie in schroffem Ton auf.
Ihre Augen weiteten sich. Starr blickte sie an der Kamera vorbei.
»Erkennst du jetzt deinen Sohn?«
»Sag um Himmels willen, was er hören will«, raunte Falko leise. Sarah stand neben ihm, sah ihn kurz an. Die Anspannung stand ihnen ins Gesicht geschrieben. Wenn sie jetzt nicht sagte, was er hören wollte, würden sie in den nächsten Momenten Zeugen ihrer Ermordung werden.
»Ja, ich erkenne ihn«, sagte sie mit schwacher Stimme. Sie schluckte.
Falko atmete laut vernehmlich aus.
»Und würdest du alles für deinen kleinen Liebling tun? Alles, um ihn zu schützen?«
»Ja, alles!« Wieder schluchzte sie auf.
»Gut.« Er machte eine Pause, sprach nicht weiter. Sie saß da, reglos, ihr Gesicht vor Todesangst verzerrt.
»Hast du gehört, Becci«, sagte er plötzlich mit ganz sanfter Stimme. »Vielleicht haben wir da unsere zweite gute Mutter. Sie würde alles tun, um ihr Kind zu schützen. Wir werden sehen, wie kreativ sie dabei wird. Ich hoffe, du freust dich, Becci. Vielleicht ist sie das letzte Geschenk, auf das du gewartet hast. Dann haben wir es geschafft.«
Er sprach nicht weiter. Falko sah Timo an, dann Jan. »Ist der Ton weg?«
»Nein, der ist …«
»Becci«, hörten sie nun wieder die Stimme des Entführers, so dass Jan sofort verstummte. »Ich war ein bisschen traurig. Mein Geschenk ist nicht gekommen. Warst du zu beschäftigt?«
Die Beamten sahen sich verständnislos an, wagten aber nicht zu sprechen. Leise Schritte waren zu hören, das Scharren eines Stuhls über den Boden.
»So, und nun erzähl mir, was du alles tun würdest, um deinen Sohn vor mir zu beschützen.« Die Stimme kam nun wieder von einer anderen Stelle. Falko vermutete, dass er sich seitlich neben das Opfer und für die Kamera nicht erkennbar gesetzt hatte.
Man hörte, wie ein Reißverschluss heruntergezogen wurde. »So, jetzt erzähl. Und lass dir bloß etwas Tolles einfallen. Dann werde ich auch meine Trüffel wieder bekommen.«
Falko erstarrte. Ein Gedanke durchfuhr seinen Körper wie ein Blitz.
Die Frau begann zu
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