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Selber schuld!: Ein Wegweiser aus seelischen Sackgassen (German Edition)

Selber schuld!: Ein Wegweiser aus seelischen Sackgassen (German Edition)

Titel: Selber schuld!: Ein Wegweiser aus seelischen Sackgassen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raphael M. Bonelli
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trägt tief in sich eine Sehnsucht, seine Schandtaten bekennen zu können und sie durch Sühne wiedergutzumachen. Irritiert Sie das Wort »Schandtat«? Nun, das ist in unserem Zusammenhang eine äußerst aufschlussreiche Bezeichnung, die unsere Sprache anbietet: eine Tat, für die man sich schämt. Die also schmerzt. Und die unser wehleidiger Bauch deshalb am liebsten ins tiefste Unbewusste verdrängen würde. Wenn die selbstbetrügerischen Kräfte überwiegen, also Perfektionismus, Ichhaftigkeit, Selbstwerterhöhung, Narzissmus, Selbstempathie, Wehleidigkeit, Sentimentalität, Opfergejammer und Selbstmitleid, dann gibt das Herz dieser Versuchung nach. Wenn das Herz aber diese Kräfte des Bauches in Schach halten kann, ist der Kopf frei und damit auch der Weg zur Selbsterkenntnis. Zumindest kurz, bis der Bauchmechanismus der Selbstrechtfertigung wieder die Oberhand gewinnt und die Türe wieder zuschlägt. Also, wenn Sie beichten wollen, dann schnell! Setzen Sie im Moment der Erkenntnis einen Schritt, den Sie später nicht zurücknehmen können.
    Schuld und Sühne des Rodja Raskolnikow
    Dostojewskis Held Rodion Romanowitsch Raskolnikow aus »Schuld und Sühne«, den wir schon im Kapitel 7 kennengelernt haben, hat in der Zwischenzeit seine Tat begangen, auf die er sich lange durch intensive Autosuggestion vorbereitet hat. Sein Herz ist der Versuchung erlegen und beauftragt den Kopf, eine Theorie der Selbstrechtfertigung zu erstellen. Dem gelingt das auch vortrefflich: Ein starker Mensch habe das Recht, ja die Pflicht, sich das zu nehmen, was ihm zustehe. Napoleon etwa sei legitimerweise rücksichtslos gewesen und als wirklicher Mensch über »Läuse«, also wertlose Personen, einfach hinweggegangen. Klingt irgendwie überzeugend. Raskolnikow analysiert im Nachhinein: »Ich wollte damals erfahren, so schnell wie möglich erfahren, ob ich eine Laus bin, wie alle, oder ein Mensch.«
    Nach vollbrachter Tat jedoch ist er erschrocken über seine schwächliche Reaktion. Raskolnikow ist seinen eigenen unmenschlichen Ansprüchen doch nicht gewachsen. Beinahe hätte er bereits am nächsten Tag völlig unaufgefordert vor dem unsympathischen Polizeiinspektor ein Geständnis abgelegt: »Ein seltsamer Einfall beschäftigte ihn: Aufstehen, vor Nikodim Fomitsch hintreten und alles, was gestern geschehen war, erzählen, alles, bis auf die letzte Einzelheit, anschließend mit ihnen in seine Kammer gehen und ihnen den Schmuck zeigen, in der Ecke, in dem Loch. Es war ein so zwingendes Bedürfnis, dass er sich schon vom Stuhl erhob, um ihm nachzugeben. ›Soll ich nicht wenigstens einen Augenblick lang überlegen?‹, fuhr es ihm durch den Kopf. ›Nein, besser nicht überlegen, sondern mit einem Mal alles loswerden.‹« Hier blitzt eine erste Sehnsucht des Herzens nach der Erleichterung in der Beichte auf, denn die Last der Schuld drückt auf sein Gewissen. Danach fällt er aber in einen mehrtägigen Dämmerzustand. Er ist doch nicht der »Mensch ohne Gewissen«, der er zu sein glaubte, der Übermensch. Auch hat ihn seine Tat verändert: Obwohl er als Täter unentdeckt geblieben ist, empfindet er seine Abspaltung von der Gesellschaft immer schmerzhafter. Seine Tat ist ihm bewusst, das Gewissen beißt, die Schuldgefühle drücken auf das Herz – aber der Bauch sucht den Schmerz des begangenen Unrechts wehleidig ins Unbewusste zu verdrängen.
    Eine Woche danach fühlt Raskolnikow sich gedrängt, sie der Prostituierten Sonja zu »beichten«, in die er sich genau in dieser Woche verliebt hat. »Er fühlt sich gedrängt«, ist die richtige Beschreibung, denn jetzt will das Herz den Eiterherd mit aller Kraft ans Licht bringen. Der Bauch hingegen bringt die Kraft zu seiner Verdrängung nicht mehr auf, weil das Herz zunehmend den Kopf – und damit das Bewusstsein – für sich gewinnt. Das Kräftegleichgewicht kippt. Aber eine Beichte ist trotzdem nicht leicht, und je schambesetzter, desto schwerer ist das Geständnis. Nach langem innerem Ringen nimmt Raskolnikow sich ein Herz: »Jetzt stand ihm das Gespräch mit Sonja bevor, und dies beunruhigte ihn, besonders in manchen Augenblicken, außerordentlich: er musste es ihr sagen, wer es getan hatte, er ahnte, welche grausame Folter ihm bevorstand, und wehrte sich aus allen Kräften dagegen.« Hier rebelliert der wehleidige Bauch naturgemäß und stemmt sich massiv gegen die schmerzhafte Aufdeckung. »Als er die Wohnung erreicht hatte, fühlte er sich plötzlich kraftlos und hatte Angst.

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