Selbs Betrug
der Finsterling Eberlein und die Andeutungen des Wärters über den Liebling des Direktors – kannst du dir einen Reim darauf machen?«
Philipp trank das Glas mit meinem guten Elsässer Riesling auf einen Zug leer und hielt es mir wieder hin. »Am Freitag haben wir im Yachtclub Frühlingsfest. Ich nehme dich mit, und du kannst in Ruhe mit Eberlein reden.«
»Eberlein hat eine Yacht?«
»Die Psyche . Eine Halberg-Rassy 352, Segeleigenschaften wie ein Dreivierteltonner, das Feinste vom Feinen.« Philipps Glas war schon wieder leer. »Du nennst Eberlein einen Finsterling – ich weiß nur, daß er als energischer, eigenwilliger Chef bekannt ist. Das LKH war ziemlich runtergekommen, und er hat es wieder hochgebracht. Fachlich gilt er als Traditionalist, aber ich glaube nicht, daß ein Reformer es anders und besser gemacht hätte. Daß er Wendt protegiert, paßt nicht ins Bild. Er wird nicht alle Ärzte gleich schätzen. Vielleicht mag er Wendt besonders. Aber wenn Wendt, von dem ich noch nie gehört habe, den Mist gemacht hat, den du beschreibst, möchte ich nicht in seiner Haut stecken.«
»Und in deiner Haut?« Philipp hatte auch das dritte Glas hinuntergestürzt, drehte den Stil zwischen den Fingern und schaute unglücklich.
»Füruzan ist bei mir eingezogen.«
»Einfach so?«
Er lächelte säuerlich. »Wie im Werbefilm der Bausparkasse. Es klingelte, sie stand mit Sack und Pack vor der Tür, mit einem Typen, einem Spediteur, der ihre Sachen in meine Wohnung schaffte.«
Ich war beeindruckt. Seit ich ihn kenne, bandelt Philipp mit Frauen an, führt sie ein paarmal aus und ins Bett, und das war’s. Mit Krankenschwestern, pflegt er zu sagen, ist es wie mit Krankenhäusern: Entweder du bist schnell wieder weg, oder du bist ein hoffnungsloser Fall. Also paßt er bei Krankenschwestern besonders auf. Auch wegen des Betriebsklimas. Und alles das wirft Füruzan, die stolze, üppige türkische Krankenschwester, im Handstreich und mit Erfolg über den Haufen.
»Wann war das?«
»Vor zwei Wochen. Ich hätte damals die Tür sofort wieder zumachen müssen. Zumachen und abschließen. Das war nicht fair von ihr. Aber ich hab’s einfach nicht gepackt.«
Turbo kam von den Dächern über den Balkon ins Zimmer. Philipp machte »miez, miez« und streckte die Hand aus. Der Kater stolzierte an ihm vorbei. »Siehst du, so steht es mit mir. Er riecht den kastrierten Mann und wendet sich ab.«
Ich roch etwas anderes. Philipp war nicht nur vorbeigekommen, weil wir uns so selten sehen. Als ich die nächste Flasche aus der Küche brachte, rückte er damit heraus. »Danke, mir nur noch einen kleinen Schluck. Ich muß gleich weg, und wenn Füruzan hier anrufen und nach mir fragen sollte … ich weiß nicht, ob sie das macht, aber wenn … könntest du dann bitte … Ich meine, als Privatdetektiv weißt du doch, wie man so eine Situation handhabt. Könntest du ihr zum Beispiel sagen, daß ich mit dem Auto Ärger hatte und zu einem Mechaniker gefahren bin, den du kennst und der nur noch heute abend … bei dem warte ich, und er hat kein Telephon. Verstehst du?«
»Wer ist sie denn?«
Er hob bedauernd Schultern und Hände. »Du kennst sie nicht. Sie ist Schwesternschülerin, kommt aus Frankenthal, aber hat eine Figur … Brüste, sage ich dir, Brüste wie reife Mangofrüchte und einen Hintern wie … wie …«
Ich schlug Kürbisse vor.
»Genau, Kürbisse. Oder vielleicht Melonen, nicht die gelben, sondern die grünen mit dem roten Fleisch. Oder auch …« Es fiel ihm nicht ein.
»Sag Füruzan meinethalben, daß du und ich ausgegangen sind. Ich nehme das Telephon heute abend nicht mehr ab.«
Dann war er weg, und ich saß, schaute in die Dämmerung und dachte über meinen Fall und meinen Freund Philipp nach. Füruzan rief nicht an. Um zehn Uhr kam Brigitte. Ich war nun doch neugierig geworden. Ehe sie das Nachthemd überstreifte, guckte ich schnell und scharf. Kürbis? Nein, und auch nicht Melone, weder Zucker- noch Wassermelone. Belgische Tomate.
10
Scott am Südpol
Hauptkommissar Nägelsbach ist stets von gleichbleibender, zurückhaltender Höflichkeit. So war er schon, als wir uns im Krieg bei der Staatsanwaltschaft Heidelberg kennenlernten, und so ist er mir gegenüber geblieben, als wir Freunde wurden. Das Alter, in dem Freundschaften von Herzensergüssen leben, ist für uns beide lange vorbei.
Als ich ihn am nächsten Morgen in der Polizeidirektion Heidelberg besuchte, stimmte etwas nicht. Er blieb hinter dem Schreibtisch
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