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Selbs Justiz

Selbs Justiz

Titel: Selbs Justiz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Schlink , Walter Popp
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wenn einer von uns … na, wenn halt … ihr wißt schon.«
    »Wenn nur noch unser drei beisammen sind?« grinste Philipp. »Dann spielen wir Skat.«
    »Wissen wir keinen neuen vierten Mann, einen, den wir vielleicht jetzt schon als fünften dazunehmen könnten?«
    »Ein Pfarrer war doch ganz gut, bei unserem Alter.«
    »Wir müssen doch nicht immer spielen, wir tun’s ja sowieso nicht. Wir könnten doch auch mal einfach essen gehen oder was mit Frauen unternehmen. Ich bring jedem eine Krankenschwester mit, wenn ihr nur wollt.«
    »Frauen«, sagte Eberhard mißbilligend und faltete sein Blatt wieder auseinander.
    »Das mit dem Essen ist jedenfalls eine Idee.« Willy 70
    ließ sich die Karte bringen. Wir bestellten alle. Das Essen war gut, und wir vergaßen Schuld und Tod.
    Auf dem Heimweg merkte ich, daß ich zu Schneiders Selbstmord einen großen Abstand gewonnen hatte. Ich war nur noch gespannt, wann Firner sich wieder melden würde.
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    Interessieren Sie die Einzelheiten?
    Es passiert nicht oft, daß ich vormittags zu Hause bleibe. Nicht nur, weil ich viel unterwegs bin, sondern weil ich mich dem Büro selbst dann kaum entziehen kann, wenn ich nichts dort verloren habe. Das ist ein Relikt aus meiner Zeit als Staatsanwalt. Vielleicht kommt es auch daher, daß ich als Kind meinen Vater nicht einen einzigen Arbeitstag zu Hause erlebt habe, und damals hatte die Arbeitswoche noch sechs Tage.
    Am Donnerstag sprang ich über meinen Schatten.
    Gestern war mein Videorecorder von der Reparatur zurückgekommen. Ich hatte mir ein paar Kassetten ausgeliehen. Auch wenn man schon seit Jahren kaum noch Western dreht und zeigt – ich bin ihnen treu geblieben.
    Es war zehn Uhr. Ich hatte ›Heaven’s Gate‹ einge-schoben, den ich im Kino verpaßt hatte und den man dort wohl nicht mehr zu sehen kriegen würde, und sah die Harvard-Absolventen im Frack den Wettlauf zur Abschlußfeier machen. Kris Kristofferson lag gut im Rennen. Da klingelte das Telefon.
    »Gut, daß ich Sie erreiche, Herr Selb.«
    »Haben Sie gedacht, ich wäre bei diesem Wetter an 72
    der blauen Adria, Frau Buchendorff?« Draußen regnete es in Strömen.
    »Immer noch der alte Charmeur. Ich verbinde Sie mit Herrn Firner.«
    »Grüß Sie, Herr Selb. Wir hatten ja gedacht, der Fall wäre erledigt, aber nun sagt mir Herr Oelmüller, daß es im System wieder losgegangen ist. Ich wäre froh, wenn Sie noch mal rüberkommen könnten, am besten heute.
    Wie sieht’s mit Ihrem Terminkalender aus?«
    Wir verständigten uns auf sechzehn Uhr. ›Heaven’s Gate‹ dauerte fast vier Stunden, und seine Haut soll man nicht billig verkaufen.
    Auf der Fahrt ins Werk dachte ich darüber nach, warum Kris Kristofferson am Schluß geweint hatte.
    Weil die frühen Wunden nie vernarben? Oder weil sie vernarben und eines Tages nur noch verblaßte Erinnerungen sind?
    Der Pförtner am Haupttor begrüßte mich wie einen alten Bekannten, Hand am Mützenschirm. Oelmüller war distanziert. Mit von der Partie war Thomas.
    »Ich habe Ihnen ja von der Falle erzählt, die wir geplant und vorbereitet haben«, sagte Thomas. »Heute nun ist sie zugeschnappt …«
    »Aber die Maus ist mit dem Speck auf und davon?«
    »So kann man das ausdrücken«, meinte Oelmüller säuerlich. »Genau ist folgendes passiert: Gestern früh hat uns der Zentralrechner gemeldet, daß unsere Kö-
    derdatei vom Terminal pkr 137 aus angefordert wurde, von einem Benutzer mit der Nummer 23045 zbh. Der Benutzer, Herr Knobloch, ist in der zentralen Buchhal-73
    tung tätig. Er war allerdings zum Zeitpunkt der Datei-Anforderung in einer Besprechung mit drei Herren vom Finanzamt. Und das besagte Terminal steht am anderen Ende des Werks in der Kläranlage und wurde gestern vormittag von unserem eigenen Techniker off line gewartet.«
    »Herr Oelmüller will sagen, das Gerät war während der Wartung nicht betriebsbereit«, sekundierte Thomas.
    »Das heißt dann doch, daß hinter Knobloch und seiner Nummer ein anderer Benutzer und hinter der falschen Terminalnummer ein anderes Terminal sich verbergen. Haben Sie nicht damit gerechnet, daß der Täter sich tarnen würde?«
    Oelmüller griff meine Frage bereitwillig auf. »Doch, Herr Selb. Ich habe das ganze letzte Wochenende überlegt, wie wir den Täter trotzdem erwischen können. Interessieren Sie die Einzelheiten?«
    »Versuchen Sie’s mal. Wenn es zu schwierig wird, sag ich’s schon.«
    »Gut, ich will mich bemühen, verständlich zu bleiben. Wir haben dafür gesorgt, daß

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