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Selbs Justiz

Selbs Justiz

Titel: Selbs Justiz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Schlink , Walter Popp
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davor einen der Schläger vom Ehrenfriedhof erkannt zu haben.
    »Ich stehe hier in der Telephonzelle. Er ist noch nicht wieder rausgekommen, denke ich. Können Sie gleich kommen? Wenn er wegfährt, fahr ich ihm nach. Fahren Sie wieder nach Hause, wenn ich nicht hier bin, ich rufe Sie dann wieder an, wenn ich kann.« Ihre Stimme überschlug sich.
    »Mein Gott, Mädchen, mach keinen Quatsch. Es
    langt, wenn du dir die Autonummer merkst. Ich komme sofort.«
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    Fred hat Geburtstag
    Im Treppenhaus überrannte ich beinahe Frau Weiland, beim Rausfahren nahm ich fast Herrn Weiland mit. Ich fuhr über den Bahnhof und die Konrad-Adenauer-Brücke, vorbei an erbleichenden Fußgängern und errö-
    tenden Ampeln. Als ich nach fünf Minuten in der Zollhofstraße vor den ›Traber-Pilsstuben‹ hielt, stand Frau Buchendorffs Auto noch gegenüber im Halteverbot.
    Von ihr selbst keine Spur. Ich stieg aus und ging in die Kneipe. Eine Theke, zwei, drei Tische, Musikbox und Flipper, etwa zehn Gäste und die Wirtin. Frau Buchendorff hatte ein Pilsglas in der einen und eine Bulette in der anderen Hand. Ich stellte mich zu ihr an die Theke.
    »Grüß dich, Judith. Bist du auch mal wieder in der Gegend?«
    »Hallo, Gerhard. Trinkst du ein Pils mit?« Zum Pils bestellte ich zwei Buletten. Der Typ an ihrer anderen Seite sagte: »Die Fleischlaberln, die macht der Chefin ihre Mutter.« Judith stellte mir ihn vor. »Das ist der Fred. Ein echter Wiener. Er hat was zu feiern, sagt er.
    Fred, das ist der Gerhard.«
    Er hatte schon tüchtig gefeiert. Mit der ramponierten Leichtigkeit des Betrunkenen bewegte er sich zur Mu-168
    sikbox, stützte sich bei der Wahl der Platten so auf, als sei nichts, und stellte sich, als er zurückkam, zwischen Judith und mich. »Die Chefin, unsere Silvia, ist ja auch aus Österreich. Drum feier ich meinen Geburtstag am liebsten bei ihr im Lokal. Und schaut’s, da hab ich mein Geburtstagsgeschenk.« Er tätschelte Judith mit breiter Hand den Po.
    »Was machst du beruflich, Fred?«
    »Marmor und Rotwein, Import und Export. Und
    selbst?«
    »In der Sicherheitsbranche, Objekt- und Personenschutz, Leibwächter, Bodyguard, Hundeführer und so.
    Einen Pfundskerl wie dich könnt ich brauchen. Nur mit dem Alkohol müßtest du langsam tun.«
    »So, so, Sicherheit.« Er stellte das Glas ab. »Es gibt einfach nichts Sicherers als einen festen Arsch. Gell, Schatzi?« Er griff auch mit der Hand, die das Glas abgestellt hatte, nach Frau Buchendorffs Gesäß. Judiths Po.
    Sie drehte sich um, schlug Fred mit aller Kraft auf die Finger und sah ihn dabei schelmisch an. Es tat ihm weh, er nahm die Hände weg, war ihr aber nicht böse.
    »Und was machst du hier mit der Sicherheit?«
    »Ich suche Leute für einen Auftrag. Da steckt ne Menge drin, für mich, für die Leute, die ich finde, und für den Auftraggeber, für den ich die Leute suche.«
    Freds Gesicht ließ Interesse erkennen. Vielleicht, weil seine Hände auf Judiths Po im Moment nichts zu tun haben durften, tippte mir die eine mit dem wulstigen Zeigefinger auf die Brust. »Is des net a paar Nummern z’ groß für dich, Opa?«
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    Ich ergriff seine Hand, drückte sie nach unten und bog dabei seinen Zeigefinger um. Dabei guckte ich ihm treuherzig in die Augen. »Wie alt bist du geworden, Fred? Bist doch nicht der Richtige für mich? Macht nichts, komm, ich geb dir einen aus.«
    Freds Gesicht war schmerzhaft verzogen. Als ich losließ, schwankte er einen Augenblick. Sollte er auf mich losgehen oder ein Pils mit mir trinken? Dann fiel sein Blick auf Judith, und ich wußte, wie es weitergehen würde.
    Sein »Gut, trink ma noch a Pils« war die Ouvertüre für den Schlag, der mich links am Brustkorb traf. Aber schon hatte ich mein Knie zwischen seine Beine ge-rammt. Er krümmte sich, die Hände an den Hoden. Als er sich aufrichtete, traf ihn meine rechte Faust mit aller Kraft mitten auf die Nase. Er riß die Hände hoch, um das Gesicht zu schützen, nahm sie wieder runter und betrachtete ungläubig das Blut an seinen Händen. Ich griff nach seinem Glas und schüttete es ihm über den Kopf. »Prost, Fred.«
    Judith war zur Seite getreten, die anderen Gäste hielten sich im Hintergrund. Nur die Wirtin kämpfte mit in der ersten Linie. »Geht’s, wenn’s an Wirbel machen wollt’s, geht’s raus«, sagte sie und war schon dabei, mich Richtung Ausgang zu drängeln.
    »Aber, meine Teuerste, haben Sie denn nicht gesehen, daß wir miteinander gescherzt haben? Wir vertragen uns

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