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Selbs Mord

Selbs Mord

Titel: Selbs Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schlink
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zu sich kommen, in einem fensterlosen Abstellzimmer, in einer Zwangsjacke, ans Bett geschnallt. Ich würde mit ihm verhandeln; wir kannten uns. Welker bestand darauf, seine Kinder und Samarin leibhaftig gegeneinander auszutauschen. Er wollte, daß Samarin seine Niederlage auch wirklich erlebte.
    »Sonst läßt er mich nie in Ruhe.«

5
Im Dunkeln
    Als ich zu Samarin kam, hatte er die Augen geschlossen. Für einen Stuhl war kein Platz; ich lehnte mich an die Wand und wartete. Er hatte die Zwangsjacke an und war ans Bett geschnallt.
    Dann machte er die Augen auf, und ich merkte, daß er sie nur geschlossen gehalten hatte, um zu spüren, zu hören, zu riechen, in welcher Verfassung und Stimmung ich war. Er sah mich mit starrem Blick an und sagte nichts.
    »Welker will seine Kinder. Seine Kinder gegen Sie. Und er will, daß Sie aus seinem Leben und seiner Bank verschwinden.«
    Samarin lächelte. »Damit die Welt wieder stimmt. Die da oben unter sich, und wir da unten unter uns.«
    Ich sagte nichts.
    »Wie lange wollen Sie mich hier festhalten?«
    Ich zuckte die Schultern. »So lange wie nötig. Der Raum wird nicht gebraucht. Sollten Sie hier lästig werden, werden Sie mit Tabletten vollgepumpt und dem Richter vorgeführt, der Sie in die Psychiatrie einweist. Obwohl Sie als Mörder eigentlich vor Gericht gehören. Vielleicht folgt das später.«
    »Wenn ich nicht bald bei meinen Leuten bin, tun sie den Kindern was. So war es abgemacht; wenn mir was passiert, passiert den Kindern was.«
    Ich schüttelte den Kopf und stand auf. »Denken Sie nach. Ich komme in einer Stunde wieder.«
    Philipp, Füruzan und ihre Kollegin tranken im Schwesternzimmer Cognac. Füruzan himmelte Philipp an. Ihre Kollegin war geschmeichelt, daß sie auf eine Mission, die sie nicht ganz begriff, die aber anscheinend wichtig und gefährlich war, mitgenommen worden war. Philipp, wieder der leichtfertige, liebenswerte Schwadroneur, freute sich noch mal und noch mal: »Sein Blick, als er die Nadel gespürt hat! Wie Frau Nägelsbach auf dem Boden lag! Wie alles ruck, zuck ging! Die Fahrt mit Sirene und Blaulicht!«
    Von Welker fiel die Anspannung erst langsam ab. Er hatte sich am Wasserturm wortlos zu mir auf die Bank gesetzt. Nach wenigen Minuten waren wir in die Taxe gestiegen, die Nägelsbachs vom Taxenstand zu uns geschickt hatten. Ehe wir uns zum Krankenhaus fahren ließen, kurvten wir durch Mannheim, bis wir sicher waren, daß uns niemand folgte. Während der Fahrt saß Welker bleich und stumm in der Ecke. Jetzt hörte er Philipp zu, als könne er’s nicht fassen. »Kann ich auch einen Cognac haben?«
    Als die Stunde um war, ging ich wieder zu Samarin.
    »Und mein Geld?«
    »Ihr Geld?«
    »Okay, mir gehört nur ein Teil. Gerade darum brauche ich es. Meine … Geschäftspartner werden es nicht schätzen, wenn ihr Geld weg ist.«
    »Wenn Sie mit dem Geld verläßlicher verschwinden als ohne, wird Welker nichts dagegen haben, daß Sie es mitnehmen. Ich werde ihn fragen.«
    Welker winkte ab. »Um Gottes willen, ich will sein schmutziges Geld nicht. Wenn ich es finde, spende ich es. Wenn es weg ist, ist es weg, er soll es morgen holen.«
    Samarin guckte verblüfft. »Das hat Welker gesagt? Der geizigste und gierigste Mensch, den ich kenne?«
    »Das hat er gesagt.«
    Samarin schloß die Augen.
    »Sie brauchen noch mehr Zeit? Ich komme wieder.«
    Philipp wollte mit den anderen los, essen, trinken, feiern. »Wir gehen vor, komm nach! Nägelsbachs kommen auch. Wenn Samarin endlich mitspielt, dauert es immer noch Stunden, bis die Kinder hier sind. Du mußt ihn nicht bewachen. Er kommt nicht los, und wenn er Ärger macht, gibt ihm die Nachtschwester eine Spritze.«
    »Geht nur. Ich bleibe hier. Vielleicht schlafe ich eine Stunde oder zwei.« Ich saß im Schwesternzimmer und hörte ihrem Lachen nach. Dann ging die Fahrstuhltür zu, schluckte das Lachen, und es war still bis auf das leise Summen der Heizung. Ort und Zeit des Austauschs wollten wir Samarin so spät wie möglich sagen. So, daß er seine Leute gerade noch hindirigieren konnte. Jetzt sollte er sie nur anweisen, mit den Kindern nach Mannheim zu fahren. Ich ging wieder zu ihm.
    »Ich muß … ich muß pinkeln.«
    »Ich kann Sie nicht losmachen.« Obwohl in der Zwangsjacke und ans Bett geschnallt, sah er wuchtig und gefährlich aus. Ich suchte und fand im Schwesternzimmer eine Bettflasche. Als ich seine Hose aufknöpfte, die Unterhose herunterstreifte, sein Geschlecht hervorholte und es, so gut es

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