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Selbs Mord

Selbs Mord

Titel: Selbs Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schlink
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und die Kinder losschicken.«
    Er rief russische Kommandos. Die Männer blieben stehen, sagten zu dem Jungen und dem Mädchen etwas wie »los!«, und die beiden kamen.
    »Na dann.«
    Er nickte und ging. Er kam zu seinen Männern, sie wechselten ein paar Worte und gingen zur Werderstraße. Die Kinder fragten: »Was ist los? Wo ist Papa?« Philipp knurrte, sie sollten den Mund halten und sich beeilen. Als wir wieder am Eingang des Parks waren, sahen wir zurück. Wir sahen genau in dem Moment zurück, als es passierte.
    Wir sahen nicht, woher der Schuß kam. Wir hörten ihn nur. Und nach dem ersten gleich noch einen. Wir sahen, wie Samarin zusammenbrach, wie die beiden Männer sich duckten, um nach ihm zu sehen oder Deckung zu suchen oder beides, ich dachte »o Gott«, hörte die Stille im Park und das Echo der Schüsse in meinem Kopf, und dann brach der Lärm los. Gregors Männer richteten sich auf, Schossen, rannten schießend zu ihrem Wagen, sprangen hinein und waren weg.
    Die Kinder ins Auto bringen, einen von uns bei ihnen lassen – ehe ich auch nur den Gedanken fassen konnte, waren sie schon losgerannt. »Papa!«
    Welker war hinter dem Gebüsch am anderen Ende des Parks hervorgekommen, ging ihnen entgegen und nahm sie in die Arme. Philipp rannte zu Samarin. Als auch ich außer Atem ankam, richtete er sich gerade auf. »Er ist tot.«
    »Wo ist Nägelsbach?«
    Philipp sah sich um und fuhr Welker an: »Wo ist Nägelsbach?«
    Welker zeigte auf die Büsche am Ende des Wegs. »Er hat sich dort …«
    Da sahen wir ihn. Er kam mit schleppendem Schritt und preßte die Hand gegen die Seite.
    »Sie Idiot«, sagte Philipp zu Welker. Ich hatte ihn noch nie so wütend gesehen. »Los, Gerd, wir müssen ihn zum Auto schaffen.« Wir liefen zu Nägelsbach, stützten ihn unter den Armen und machten uns auf den Weg zum Auto, langsam, Schritt für Schritt.
    »Was soll ich …« Welker lief neben uns her.
    »Warten Sie, bis die Polizei kommt!«
    In einigen Häusern gingen Lichter an.

7
Aberkennung der Pension?
    Wir schafften Nägelsbach zum Auto, ins Krankenhaus und in den Operationssaal. In zwei Stunden holte Philipp die Kugel heraus und nähte den Darm und den Bauch zu. Als er sich zu mir setzte, Kappe und Mundschutz abnahm, grinste er mich fröhlich an. »Ich hab was für dich.«
    Ich nahm die Kugel. »Die braucht die Polizei.«
    »Nein, die Polizei braucht die hier.« Er hielt noch eine Kugel zwischen Daumen und Zeigefinger.
    Ich sah ihn verdutzt an.
    »Er muß vor ewigen Zeiten einen Schuß abbekommen haben, und damals war es wohl zu gefährlich, die Kugel rauszumachen. Die alte Kugel ist gewandert und war heute nicht weit von der neuen.« Er sah sich um. »War die Polizei schon hier?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Das war Welker, der auf Samarin geschossen hat, oder?«
    »Samarin muß eine Waffe dabeigehabt haben, die Welker sich genommen hat. War er bei Samarin in der Abstellkammer?«
    »Als du noch geschlafen hast? Er hat’s nicht angekündigt, und ich hab nicht aufgepaßt. Hätte Samarin es nicht gemerkt? Hätte er nichts gesagt?«
    »Gemerkt hat er es sicher. Aber gesagt … Nein, sich bei uns zu beschweren, daß Welker ihm die Waffe weggenommen hat, paßt nicht zu ihm.«
    »Alles ging gut, bis dieser Idiot …«
    »Reden Sie über mich?« Welker stand vor uns. »Sie haben es nicht sehen können. Gregor und seine Männer haben getuschelt, dann haben sie nach den Waffen gegriffen, und als sie gerade …«
    »Das ist doch dummes Zeug. Samarin, der noch seine Zwangsjacke anhat, kann doch niemanden angreifen! Und warum haben Sie nicht auf seine Männer geschossen? Warum ihn in den Rücken?«
    »Ich …« Welker kämpfte mit den Tränen. »Mir wurde klar, daß es nicht funktioniert. Daß Gregor die Runde verloren gibt, aber nicht den Kampf. Daß er weitermacht und daß ich bald wieder da bin, wo ich war.« Die Tränen, mit denen er kämpfte, waren Tränen der Wut. »Herrgott noch mal, verstehen Sie nicht? Der Mann hat mich terrorisiert, Monat um Monat, er hat meine Bank in seine Gewalt gebracht und meine Frau ermordet, meine Kinder bedroht – nein, es tut mir nicht leid. Ich bin fix und fertig, aber es tut mir nicht leid.«
    »Was hat die Polizei gesagt?«
    »Ich habe nicht auf sie gewartet.«
    »Sie sind abgehauen?«
    Er setzte sich zu uns. »Ich habe am Collini-Center eine Taxe gefunden und die Kinder weggebracht. Für sie war der Tag die Hölle. Ich bin nicht bereit, sie der Schnelligkeit der Ermittlungen zu opfern.« Er

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