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Selbst ist der Mensch

Selbst ist der Mensch

Titel: Selbst ist der Mensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonio Damasio
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zusammengesetzt werden, von einem »Arbeitsraum« spreche, stelle ich mir einen solchen Raum als Spielplatz für das Puppentheater vor, das wir im bewussten Geist betrachten. Der implizite Dispositionsraum ist aus der Gesamtheit der Assoziationsfelder aufgebaut. Er ist der Raum, in dem viele unbewusste Puppenspieler die unsichtbaren Puppenfäden ziehen.
    Die beiden Räume weisen auf unterschiedliche Phasen der Gehirnevolution hin: In der einen reichten Dispositionen aus, um angemessene Verhaltensweisen zu steuern, in der anderen ließen Karten schließlich Bilder entstehen. Heute sind beide bruchlos integriert.

III. Bewusst sein
     

7. Das beobachtete Bewusstsein
     

Bewusstsein: eine Definition
     
    Sucht man in einem gängigen Wörterbuch nach einer Definition für Bewusstsein , so findet man, mit leichten Abwandlungen, ungefähr Folgendes: »Bewusstsein ist ein Zustand der Wahrnehmung des eigenen Ichs und der Umgebung. « Ersetzt man Wahrnehmung durch Kenntnis und Ich durch eigene Existenz , so erhält man eine Aussage, die einige wesentliche Aspekte des Bewusstseins, wie ich es sehe, einschließt: Bewusstsein ist ein Geisteszustand, in dem man Kenntnis von der eigenen Existenz und der Existenz einer Umgebung hat . Bewusstsein ist ein Zustand des Geistes – ohne Geist gibt es auch kein Bewusstsein. Bewusstsein ist aber auch ein ganz bestimmter Zustand des Geistes, mit einem Gespür für den Organismus, in dem der Geist arbeitet. Zu einem solchen Geisteszustand gehört außerdem das Wissen darüber, dass sich besagte Existenz irgendwo befindet , dass es um sie herum Objekte und Ereignisse gibt. Bewusstsein ist ein Geisteszustand, zu dem ein Selbst-Prozess hinzukommt.
    Den bewussten Geisteszustand erleben wir aus der exklusiven, unmittelbaren Perspektive unseres eigenen Organismus, und er kann nie von irgendjemand anderem beobachtet werden. Das Erleben ist einzig und allein dem jeweiligen Organismus eigen und verfügbar. Aber auch wenn das Erlebnis ausschließlich privater Natur ist, können wir ihm gegenüber eine relativ »objektive« Sichtweise einnehmen. Ich tue das beispielsweise, wenn ich versuche, eine neuronale Grundlage für das Selbst-als-Objekt, für das materielle Ich zu finden. Ein angereichertes materielles Ich ist auch in der Lage, Wissen an den Geist zu liefern. Mit anderen Worten: Das Selbst-als-Objekt kann auch als Wissender tätig werden.
    Diese Definition können wir ausweiten und sagen: Bewusste Geisteszustände haben immer einen Inhalt (es geht darin immer um irgendetwas), und manche dieser Inhalte werden als integrierte Ansammlungen von Einzelteilen wahrgenommen (beispielsweise wenn wir sehen und hören, wie eine andere Person spricht und auf uns zukommt). Bewusste Geisteszustände zeigen charakteristische qualitative Eigenschaften im Verhältnis zu den verschiedenen Inhalten, die man kennenlernt (es ist ein qualitativer Unterschied, ob man sieht oder hört, tastet oder schmeckt), und normale bewusste Geisteszustände enthalten stets einen Aspekt des Fühlens – sie fühlen sich für uns wie irgendetwas an. Und schließlich muss unsere vorläufige Definition auch besagen, dass bewusste Geisteszustände nur möglich sind, wenn wir wach sind; teilweise ausgenommen von dieser Definition ist allerdings die paradoxe Form des Bewusstseins, die beim Schlafen in Form der Träume auftritt. Zusammengefasst, ist Bewusstsein in seiner üblichen Form also ein Geisteszustand, der auftritt, wenn wir wach sind und in dem es ein privates, persönliches Wissen um unsere eigene Existenz gibt, das im Verhältnis zu allem, was in einem bestimmten Augenblick seine Umgebung ausmacht, einen bestimmten Platz einnimmt. Zwangsläufig arbeiten bewusste Geisteszustände mit Wissen, das auf verschiedenartigen – körperlichen, visuellen, akustischen et cetera – Sinneseindrücken beruht, und weisen für die verschiedenen Sinnesströme vielfältige qualitative Formen des Ausdrucks auf. Bewusste Geisteszustände werden gefühlt .
    Wenn ich von Bewusstsein spreche, meine ich damit nicht einfach nur den Wachzustand; dieser verbreitete, falsche Wortgebrauch ist darauf zurückzuführen, dass mit dem Wachzustand häufig auch das normale Bewusstsein verlorengeht. (Das Traum-Bewusstsein ist ein anderer Bewusstseinszustand.) Die Definition macht deutlich, dass der Begriff Bewusstsein nicht einfach nur einen schlichten geistigen Prozess ohne das Merkmal des Selbst bezeichnet. Leider wird Bewusstsein auch häufig mit dem Geist

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