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Selbstmord der Engel

Selbstmord der Engel

Titel: Selbstmord der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Mitte geteilt worden.
    Vom Kopf bis zu den Füßen hatte sich ein Spalt gebildet, der aus zwei Gründen recht gut zu sehen war. Erstens hatte Maxine Wells beim Verlassen des Raumes die starken Scheinwerfer ausgeschaltet und stattdessen die Wandleuchten erhellt, und zweitens passierte etwas im Innern des Engelkörpers.
    Aus ihm oder dem Spalt strahlte ein düsteres Licht hervor. Es war hell und trotzdem dunkel. Man konnte es als ein gewisses Schattenlicht bezeichnen, das durch den Riss im Körper endlich freie Bahn bekommen hatte.
    Maxine atmete nicht mal. Sie war völlig von der Rolle. Etwas Kaltes floss über ihren Rücken hinweg. Sie spürte es als Flüssigkeit, obwohl es nur eine Gänsehaut war. In ihrem Körper zuckte es. Das Herz schlug schneller als gewöhnlich, und sie sah zu, wie sich der Spalt immer mehr verbreiterte und den toten Engel dabei in zwei Hälften teilte, die sich nach rechts und links wegdrückten.
    Es war ein Bild, das sie nie vergessen würde. Das sie sich auch nicht erklären konnte und mit dem Begriff »unheimlich« umschrieb. Hier wurde der Tod noch einmal intensiviert, als wollte eine unsichtbare Kraft auf Nummer Sicher gehen, dass dieser Engel auch nicht mehr lebte.
    Die Tierärztin merkte kaum, dass sie sich erhob. Fremde Kräfte hielten sie in den Klauen. Was sie tat, das geschah wie fremd gelenkt, und sie hörte sich kaum atmen.
    Beinahe kam sie sich selbst vor wie eine Tote, die als Zombie existierte, als sie auf den Engel zuging. Sie wollte einfach wissen, was mit ihm geschah und auch aus der Nähe einen Blick in den Spalt werfen, aus dem das düstere Licht schien.
    Zwei Schritte später erwischte sie der nächste Schock. Da hatte sie das Gefühl, in kaltes Wasser geworfen zu sein, denn innerhalb des Spalts und demnach innerhalb des Körpers bewegte sich etwas.
    Zunächst dachte sie an eine Täuschung, die ihr das Spiel aus Licht und Schatten vorgaukelte. Als sie den Tisch fast erreicht hatte und am Fußende des Engels stehen blieb, musste sie feststellen, dass sie sich nicht getäuscht hatte.
    In diesem Spalt und damit auch im Körper des Engels bewegte sich etwas. Sie brauchte etwas länger, um es erkennen zu können, dann aber zuckte sie zurück. Ihr Mund öffnete sich, aber der Schrei kam nicht über ihre Lippen.
    Käfer!
    Unzählige kleine, widerliche Käfer breiteten sich im Innern dieser Gestalt aus. Ihre Panzer schillerten in den verschiedensten Farben. Blau, grün, türkis, auch noch dunkler. Sie hörte das Schaben, wenn sie sich gegenseitig berührten, aber sie sah auch, dass sie ihre Scheren einsetzten und damit zubissen. Sie holten sich ihre Nahrung. Sie hatten Hunger, und sie fraßen die Leiche von innen auf. Scheren und Mäuler benutzten sie als Werkzeuge. Es sah nicht so aus, als wären sie schnell satt. Aber sie würden die Tote bis auf den letzten Krümel auffressen.
    Es kam noch ein weiteres Phänomen hinzu. Obwohl der Körper geöffnet war, sah Maxine Wells keinen Tropfen Blut. Das Innere war trocken und bot genügend Nahrung für die Käfer, die als kleine hungrige Monstren das Innere verließen, über die Hüften hinwegkrabbelten und sich über die Flügel hermachten.
    Nichts widerstand ihnen. Weder ein weiches, noch ein hartes Material. Sie nagten die Knochen an und kamen durch. Dabei waren sie so laut, dass Maxine das Schaben hörte.
    Sie wusste nicht, was sie tun sollte und zog sich deshalb zurück, wobei sie auf Zehenspitzen ging. In ihrem eigenen Haus fühlte sie sich als Fremdkörper, und sie hatte einen Horror davor, dass die Käfer den Leichnam verließen und sich eine neue Beute suchten.
    Maxine Wells war eine sehr mutige Frau, doch jetzt konnte sie nicht mehr. Sie wollte nicht hinschauen. Sie wollte auch nicht in der Nähe bleiben. Sie musste weg und sich irgendwo verstecken. Außerdem wollte sie Carlotta warnen.
    Das Vogelmädchen hatte sich tatsächlich in sein Zimmer zurückgezogen. Dort saß Carlotta auf dem Bett. Allerdings war sie mit nichts beschäftigt. Sie saß einfach nur da und starrte ins Leere. Ab und zu setzte sie die Flasche mit dem Wasser an und trank einen Schluck.
    Von der Tür her sprach Maxine sie an. »Carlotta...?«
    Das Mädchen drehte den Kopf.
    »Es ist etwas Schreckliches passiert. Mit der Leiche. Mit dem toten Engel.«
    »Was denn?«
    Maxine musste sich jetzt setzen. Sie fand den Platz an Carlotta’s Schreibtisch, auf dessen Platte sie ihre Hände legte.
    »Ist er wieder auferstanden?«
    »Nein, Carlotta, nein. Er wurde

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