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Selbstmord der Engel

Selbstmord der Engel

Titel: Selbstmord der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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vernichtet. Von innen gefressen,. Das ist die Wahrheit.«
    Das Vogelmädchen schluckte. »Von innen? Wer... wer kann so etwas tun?«
    »Käfer«, flüsterte die Tierärztin. »Unzählige Käfer, die in dem Körper steckten und die wir zuvor nicht gesehen haben. Sie waren es. Sie haben ihren Hunger gestillt. Ich kann es nicht begreifen. Sie fraßen einfach alles auf.«
    Carlotta stellte die leere Flasche neben sich. »Ich weiß es auch nicht«, flüsterte sie. »Aber wenn so etwas geschieht, kann sie kein Engel gewesen sein.«
    »Oder doch. Denk an die Flügel.«
    »Trotzdem, Max. Ich kann nicht daran glauben. Sie ist vielleicht ein falscher Engel gewesen. Vielleicht war sie früher ein richtiger, aber das ist jetzt vorbei.«
    »Ja, das glaube ich auch. Nur, wie ist das möglich gewesen? Warum hat sie sich umgebracht, wo du gewesen bist? Wollte sie auf sich aufmerksam machen? War dieser Selbstmord ein letzter Hilfeschrei?«
    »Kann sein.«
    »Der Engel war jedoch zu schwach, um gegen seine mächtigen Feinde anzukommen. Sie haben ihn vernichtet. Sie haben ihn von innen aufgefressen.« Maxine schüttelte sich. »Die Käfer, Carlotta, verstehst du? Hungrig wie Piranhas. Sie sind überall. Sie werden noch stärker werden, wenn sie satt sind. Das weiß ich. Und du kannst dir vorstellen, welche Angst ich vor ihnen habe.«
    Das konnte Carlotta sehr gut. Da brauchte sie nur in das Gesicht der Tierärztin zu schauen. Sie stellte eine Frage, die Carlotta sicherlich nicht gern hörte. »Denkst du daran, dass sie bei uns bleiben? Hier im Haus?«
    »Daran will ich nicht denken.«
    »Aber du schiebst es auch nicht weg?«
    »Nein.«
    Carlotta dachte praktischer als ihre Ziehmutter und sagte leise: »Es kann ja sein, dass sie nur totes Fleisch fressen.«
    »Ja, aber...«
    »Lass uns nachsehen.«
    Maxine war eine mutige Frau. In diesem Fall allerdings musste sie passen. Sie saß für eine Weile unbeweglich und schloss dabei ihre Augen. Der Gedanke, sich wieder den Käfern zu nähern, sorgte bei ihr für Abscheu.
    »Oder soll ich allein gehen?«
    »Was?« Sie schreckte hoch. »Nein, auf keinen Fall. Wenn, dann gehen wir gemeinsam.«
    »Lass uns nicht zu lange warten.«
    Maxine wusste nicht, woher Carlotta den Mut nahm. Sie wollte nicht kneifen und erhob sich ebenfalls. Dann fasste Carlotta nach ihrer Hand, als wollte das Kind die Frau beschützen.
    Im Gang, der zwischen Wohnhaus und Anbau lag, war es totenstill. Kein fremdes Geräusch erreichte ihre Ohren. Die Stille wirkte auf sie wie ein Kokon, aus dem es kein Entkommen gab. Sie selbst hielten auch den Atem an und bemühten sich, so leise wie möglich zu gehen.
    Die Tierärztin stand noch immer unter dem Eindruck des Erlebten. Deshalb überließ sie es auch Carlotta, die Tür zum Anbau zu öffnen. Sie erreichte das Büro, in dem die Schreibtischleuchte Licht gab.
    Beide durchsuchten den Raum. Sie hatten Glück. Nichts krabbelte zu ihren Füßen. Es gab auch keine Käfer, die an den Wänden entlangliefen, das Büro sah normal aus, aber im Raum dahinter würde es nicht so sein. Davon war zumindest Maxine Wells überzeugt.
    Diesmal übernahm sie die Führung und zog die Tür vorsichtig auf. Auch dort hatte sie das Licht brennen lassen, das ihr im Moment noch zu schwach erschien. Um besser sehen zu können, schaltete sie wieder die Lampen unter der Decke ein.
    Sicherheitshalber blieb sie zusammen mit dem Vogelmädchen auf der Türschwelle stehen. Sie hielt Carlotta an der Schulter fest und flüsterte: »Jetzt kannst du sehen, was ich...«
    »Was denn?«
    Die Frage war berechtigt, sehr sogar. Maxine konnte darauf keine Antwort geben. Aus großen Augen starrte sie auf einen Tisch, der leer war. Nichts gab es dort mehr. Keine Leiche, keine Käfer oder...
    »Da ist noch was!«, sagte Carlotta.
    Bevor Maxine reagieren konnte, hatte sich das Mädchen von ihr gelöst. Es lief mit schnellen Schritten auf den Tisch zu, blieb für einen Moment stehen und zuckte dann zurück.
    Wenig später sah auch Maxine, weshalb sie so reagiert hatte. Der Tisch war fast leer. Zumindest lag dort keine Leiche mehr. Dafür etwas anderes. Eine dunkle Schmiere, als hätte jemand Wasser über eine Staubschicht geträufelt, ohne das Zeug wegzuwischen. Schwarz und leicht glänzend auf der Oberfläche, als wäre dort mit einem Farbpinsel darüber hinweggestrichen worden.
    Das scharfe Licht zeigte ihnen jedes Detail. Es gab keine Knochen mehr, auch keinen Rest der Flügel, aber innerhalb der Schmiere bewegte sich

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