Selection
schweben schien, vollendeten das Werk.
Ich schaute in den Spiegel und stellte erleichtert fest, dass ich bei all dem Glamour noch immer wie ich selbst aussah. Zwar so hübsch wie nie zuvor, aber mein Gesicht war mir jedenfalls vertraut. Ich war immer noch America.
Weshalb mir auch der Schweiß ausbrach, als ich den Flur zum Aufnahmestudio entlangging. Die Mädchen trafen nicht gleichzeitig ein, da man uns gesagt hatte, wir sollten zehn Minuten vor Beginn erscheinen. Für mich hieß das, dass ich eine Viertelstunde vorher auftauchte; jemand wie Celeste kam dann allerdings erst drei Minuten vor Beginn.
Im Aufnahmeraum herrschte hektische Betriebsamkeit. Scharen von Leuten legten letzte Hand im Studio an, in dem man mit Seilen abgegrenzte Stuhlreihen für die Erwählten aufgestellt hatte. Die Regierungsmitglieder, die ich aus dem Bericht vom Capitol kannte, lasen ihr Konzept durch und rückten ihre Krawatten zurecht. Und die Mädchen, die schon eingetroffen waren, überprüften ihr Make-up im Spiegel und zupften an ihren prachtvollen Kleidern.
Ich entdeckte Maxon neben seiner Mutter, der schönen Königin Amberly, die sich gerade eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich. Maxon glättete sein Jackett und sagte etwas zu ihr. Sie nickte bekräftigend, woraufhin er lächelte. Ich hätte die beiden gerne weiter beobachtet, aber Silvia erschien und geleitete mich zu meinem Platz.
»Gehen Sie einfach aufs Podium, Lady America«, sagte sie. »Sie können sich einen Platz aussuchen. Nur die erste Reihe ist nicht mehr frei, da alle Mädchen dort sitzen wollen.« Sie sah mich bedauernd an, als überbringe sie mir eine besonders schlechte Nachricht.
»Oh, danke«, sagte ich und setzte mich erleichtert in die hinterste Reihe.
Richtig wohl fühlte ich mich aber nicht mit diesen hochhackigen Schuhen – musste ich die wirklich tragen? Immerhin würden meine Füße gar nicht im Bild sein – und in dem eng anliegenden Kleid die Stufen zum Podium hinaufzusteigen, war die reine Folter. Aber schließlich gelang es mir. Ich sah Marlee hereinkommen. Sie winkte mir lächelnd zu, kam herüber und setzte sich zu mir. Ich freute mich, dass sie den Platz neben mir der zweiten Reihe vorzog. Sie war eine treue Freundin und würde eine exzellente Königin werden.
Ihr Kleid war leuchtend gelb, und mit ihren blonden Haaren und der sonnenbraunen Haut schien sie förmlich zu strahlen.
»Du siehst fantastisch aus, Marlee! Was für ein schönes Kleid!«
»Oh, danke.« Sie errötete. »Ich bin mir nicht sicher, ob es nicht ein bisschen grell ist.«
»Nein, gar nicht. Glaub mir, es steht dir hervorragend.«
»Ich wollte mit dir sprechen, hab dich aber nirgendwo gesehen. Meinst du, wir können morgen mal reden?«, flüsterte sie.
»Na klar. Im Damensalon, ja? Morgen ist Samstag«, flüsterte ich zurück.
»Ist gut«, raunte sie aufgeregt.
Amy, die direkt vor uns saß, drehte sich um. »Ich hab das Gefühl, meine Haarnadeln lösen sich. Könnt ihr mal gucken?«
Marlee beugte sich vor, betastete mit ihren schlanken Fingern Amys Haare und steckte die Nadeln fest. »Besser?«
Amy seufzte. »Ja, danke.«
»Hab ich Lippenstiftflecken?«, fragte jetzt Zoe, die links neben mir saß, und entblößte ihre strahlend weißen Zähne.
»Nein, alles perfekt«, versicherte ich ihr. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Marlee bestätigend nickte.
»Danke. Wie schafft er das nur, so ruhig zu bleiben?«, flüsterte Zoe und wies mit dem Kopf auf Maxon, der sich mit jemandem vom Aufnahmeteam unterhielt. Dann ließ Zoe den Kopf zwischen die Knie hängen und konzentrierte sich auf ihre Atmung.
Marlee und ich sahen uns an und mussten uns zusammenreißen, um nicht laut loszulachen. Was schwierig war, wenn wir auf Zoe blickten. Deshalb konzentrierten wir uns auf die anderen Mädchen und erörterten deren Kleider. Mehrere der Erwählten trugen verführerisches Rot oder lebhaftes Grün, aber keine war in Blau gekommen. Olivia wagte es sogar, ein orangefarbenes Kleid zu tragen, aber Marlee und ich waren uns einig, dass sie damit nicht gut beraten war. Die Farbe ließ ihr Gesicht leicht grünlich wirken.
Zwei Minuten vor Beginn der Sendung merkten wir allerdings, dass ihre Gesichtsfarbe nichts mit dem Kleid zu tun hatte: Olivia erbrach sich geräuschvoll in den nächsten Abfalleimer und sank zu Boden. Silvia kam sofort mit einigen Bediensteten angelaufen. Man trocknete Olivia hastig den Schweiß ab, bugsierte sie auf einen Platz in der letzten Reihe und reichte ihr zur
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