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Titel: Selection Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kiera Cass
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so gut wie kein anderer. Das muss doch so sein, wenn man ein Prinz ist!
    Ich habe noch so viel zu erzählen, aber Mom will, dass ich jetzt male. Schreib mir bald einen richtigen Brief, ja? Einen langen! Mit ganz vielen Einzelheiten!
    Ich hab dich lieb! Wir alle haben dich lieb.
    May
    Die anderen Mädchen wurden also schon von reichen Männern geheiratet. Mir war nicht klar gewesen, dass man zu so einem begehrten Objekt wurde, wenn man von einem künftigen König abgelehnt wurde. Ich ging auf und ab und dachte über Mays Worte nach.
    Ich wollte erfahren, was hier vor sich ging. Was mit Janelle geschehen war, ließ mir keine Ruhe, und ich fragte mich auch, ob Maxon heute Abend ein weiteres Treffen vereinbart hatte. Ich musste ihn sehen.
    Während ich angestrengt überlegte, fiel mein Blick auf die Blätter in meiner Hand.
    Die zweite Seite von Mays Brief war fast unbeschrieben. Ich riss ein Stück davon ab und schaute mich um. Die anderen Mädchen lasen entweder die Briefe von zu Hause oder tauschten Neuigkeiten aus. Ich ging zum Gästebuch hinüber und griff nach dem Stift.
    Rasch schrieb ich auf das Stück Papier:
    Eure Majestät –
    ich zupfe an meinem Ohr. Wann es für Sie passt.
    Ich tat so, als wolle ich zur Toilette gehen, und verließ den Großen Saal. Draußen schaute ich den Gang entlang. Niemand war zu sehen. Ich wartete, bis ein Dienstmädchen mit einem Tablett mit Tee um die Ecke kam.
    »Verzeihung?«, rief ich mit gedämpfter Stimme. Das Echo in diesen Gängen trug weit.
    Das Mädchen blieb stehen und knickste. »Ja, Miss?«
    »Bringen Sie den Tee zufällig zum Prinzen?«
    Sie lächelte. »Ja, Miss.«
    »Könnten Sie ihm das bitte geben?« Ich hielt ihr den zusammengefalteten Zettel hin.
    »Natürlich, Miss!«
    Sie nahm den Zettel und ging schnellen Schrittes davon. Zweifellos würde sie die Nachricht lesen, sobald sie außer Sichtweite war, aber wegen unserer Geheimsprache bereitete mir das keine Sorgen.
    Die prunkvollen Gänge des Palastes mit ihren schönen Tapeten, den vergoldeten Spiegeln und den riesigen Vasen voll frischer Blumen faszinierten mich. Überall waren kostbare Teppiche ausgelegt; die hohen Fenster glitzerten, und es gab viele interessante Gemälde.
    Einige Künstler kannte ich – van Gogh, Picasso –, andere wiederum hatte ich noch nie gesehen. Dazwischen hingen auch Fotografien, unter anderem vom legendären Weißen Haus, das ich zu gerne einmal gesehen hätte, auch wenn es kleiner wirkte als dieser Palast.
    Als ich den Gang entlangspazierte, kam ich zu einem Porträt der Königsfamilie, das schon älter sein musste, denn Maxon war darauf noch kleiner als seine Mutter. Heutzutage überragte er sie.
    Bislang hatte ich die beiden nur beim Essen und beim Bericht vom Capitol zusammen gesehen. Lebten sie sehr zurückgezogen? Oder fanden sie das Zusammensein mit all den fremden Mädchen schwierig? Diese unsichtbare Familie gab mir Rätsel auf.
    »America?«
    Ich fuhr herum und sah Maxon auf mich zurennen.
    Es kam mir vor, als erblickte ich ihn zum allerersten Mal.
    Er trug kein Sakko und hatte die Ärmel seines weißen Hemds aufgerollt. Seine blaue Krawatte war am Hals gelockert, und seine Haare, die er sonst immer glatt zurückgekämmt hatte, hopsten ein bisschen beim Laufen. Heute wirkte er viel jungenhafter und realer als in seiner Uniform gestern.
    Ich blieb wie angewurzelt stehen. Als Maxon bei mir war, ergriff er meine Handgelenke.
    »Was ist passiert?«, fragte er drängend.
    Passiert?
    »Nichts, alles in Ordnung«, antwortete ich. Maxon stieß erleichtert die Luft aus.
    »Ein Glück. Als ich Ihre Nachricht bekam, dachte ich, Sie seien krank oder Ihrer Familie sei etwas zugestoßen.«
    »Oje! Nein. Tut mir furchtbar leid, Maxon. Das war eine dumme Idee von mir. Ich wusste nur nicht, ob Sie zum Essen kommen würden, und ich wollte Sie gern sehen.«
    »Warum denn?«, fragte er. Er betrachtete mich immer noch stirnrunzelnd, als wolle er sichergehen, dass alles an mir heil war.
    »Einfach nur, um Sie zu sehen.«
    Maxon starrte mich erstaunt an.
    »Sie wollten mich einfach nur sehen?« Das schien ihn zu freuen.
    »Was ist daran so erschütternd? Freunde verbringen nun mal Zeit miteinander.«
    »Ah, Sie sind böse auf mich, weil ich die ganze Woche so beschäftigt war, oder? Ich wollte unsere Freundschaft nicht vernachlässigen, America.« Nun war sein Tonfall wieder förmlich.
    »Nein, ich bin nicht böse auf Sie. Ich habe mich nur erklärt. Und lassen Sie sich bitte nicht durch mich

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