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auch.«
Natalie berührte meine Schulter. »Was ist das für ein Material? Das wird unglaublich schimmern im Scheinwerferlicht.«
»Weiß ich gar nicht«, antwortete ich achselzuckend. »Als Fünfer kriegt man so was sonst nie zu Gesicht.« Ich blickte an mir hinunter. Meine Zofen hatten mir noch ein zweites Kleid aus diesem Stoff genäht, aber ich hatte mir den Namen nicht gemerkt.
»America!«
Celeste war plötzlich neben mir aufgetaucht und lächelte mich an.
»Hallo, Celeste.«
»Könntest du bitte mal mitkommen? Ich brauche Hilfe.«
Ohne meine Antwort abzuwarten, zog sie mich hinter den dunkelblauen Vorhang, der als Hintergrund diente.
»Zieh das Kleid aus«, befahl sie mir und öffnete den Reißverschluss ihres eigenen Kleids.
»Was?«
»Ich will dein Kleid. Zieh es sofort aus. Mist! Verdammtes Teil«, fluchte sie, als sich ihr Reißverschluss verhakte.
»Vergiss es«, erwiderte ich und wandte mich zum Gehen. Doch ich kam nicht weit, weil Celeste mir ihre Fingernägel in den Arm schlug und mich zurückriss.
»Autsch!«, schrie ich und hielt meinen Arm. Er war gerötet, aber wenigstens sah ich keine Blutspuren.
»Halt den Mund und zieh das Kleid aus! Auf der Stelle.«
Ich blieb stehen, wild entschlossen, nicht nachzugeben. Celeste musste endlich kapieren, dass sie nicht der Mittelpunkt der Welt war.
»Ich kann es dir auch selbst ausziehen«, drohte sie mit eisiger Stimme.
»Ich fürchte mich nicht vor dir, Celeste«, erwiderte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. »Dieses Kleid ist für mich genäht worden, und ich werde es auch tragen. Wenn du dir in Zukunft ein Kleid aussuchst, solltest du vielleicht nicht mich kopieren, sondern einfach du selbst sein. Oh, aber warte mal, dann würde Maxon wohl merken, was du für eine Schlange bist, und dich heimschicken, wie?«
Ohne zu zögern, streckte Celeste die Hand aus, riss einen meiner Ärmel zur Hälfte ab und ging weg. Ich keuchte erschrocken, war aber zu verblüfft, um zu reagieren. Das Stück Stoff hing lose herunter, und in diesem Moment hörte ich Silvia rufen, dass wir unsere Plätze einnehmen sollten. Ich richtete mich auf und marschierte so aufrecht wie möglich nach vorne.
Marlee hatte mir den Platz neben sich frei gehalten und sah mich entsetzt an, als sie meinen Zustand bemerkte.
»Was ist mit deinem Kleid passiert?«, flüsterte sie.
»Celeste«, sagte ich nur angewidert.
Emmica und Samantha, die vor uns saßen, drehten sich um.
»Sie hat dein Kleid zerrissen?«, fragte Emmica.
»Ja.«
»Geh zu Maxon und sag es ihm«, bat mich Emmica. »Dieses Mädchen ist ein wandelnder Albtraum.«
»Ich weiß«, erwiderte ich seufzend. »Beim nächsten Treffen sag ich es ihm.«
»Wer weiß, wann das sein wird«, warf Samantha ein. Sie sah traurig aus. »Ich hatte gedacht, dass wir viel mehr Zeit mit ihm verbringen würden.«
»Heb den Arm, America«, sagte Marlee und schob den abgerissenen Ärmel mit geschickten Händen in die Naht zurück. Emmica entfernte ein paar lose Fäden. Das Kleid sah jetzt fast unbeschädigt aus, und die Spuren von Celestes Nägeln waren zum Glück auf meinem linken Arm, den die Kamera nicht im Bild haben würde.
Es war kurz vor Sendebeginn. Gavril ging seine Notizen durch, und die Königsfamilie kam herein. Maxon trug einen dunkelblauen Anzug und eine Anstecknadel mit dem Nationalwappen am Revers. Er wirkte elegant und gelassen.
»Guten Abend, die Damen«, rief er schwungvoll.
»Guten Abend, Eure Majestät«, antworteten alle im Chor.
»Nur damit Sie Bescheid wissen: Ich mache eine kurze Ankündigung und stelle dann Gavril vor. Eine nette Abwechslung – sonst stellt er immer mich vor!« Maxon lachte, und wir taten es ihm gleich. »Sie sind bestimmt ein bisschen nervös, aber das ist nicht nötig. Seien Sie einfach ganz Sie selbst. Das Volk von Illeá möchte Sie kennenlernen.« Er sah mich ein paarmal an, während er sprach, aber sein Blick war ausdruckslos, und mein Kleid schien er auch nicht zu bemerken. Meine Zofen würden enttäuscht sein.
»Viel Glück«, rief der Prinz noch, bevor er zum Podium ging.
Ich nahm an, dass diese Ankündigung mit seinem Statement von gestern zu tun hatte, konnte mir aber noch keinen Reim darauf machen. Maxons kleines Geheimnis lenkte mich ab, und ich war nicht mehr so aufgeregt, als die Nationalhymne erklang und die Kameras auf Maxons Gesicht schwenkten. Seit meiner Kindheit kannte ich den Bericht vom Capitol und wusste, dass der Prinz sich noch nie mit einer direkten
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