Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition)
Hausmann? Ich weiß, es ist Samstag, und es tut mir auch leid, aber jetzt müssen Sie wirklich ermitteln.« Staatsanwalt Dr. Steller druckste herum und gestand dann: »Und zwar genau da, wo ich Sie eigentlich gar nicht hinlassen wollte. Grad hat mich der Polizeiobermeister Schmiedinger angerufen. Die haben in ihrem Weiler da einen erschossen.«
»Erschossen? Wen denn?«, fragte Franziska erschrocken und registrierte, dass sich diese Frage so anhörte, als sei sie mit jedem einzelnen Bewohner des Dorfes per Du und kenne alle Namen.
»Hellmann heißt er, Dr. Günther Hellmann. Er ist übrigens der Leiter unserer Stadtbibliothek, das heißt, er war es. Sie haben ihn sicher schon mal gesehen. Wissen Sie, eigentlich wohnt und arbeitet er hier in Landau, und da fragt man sich doch wirklich, was der ausgerechnet in Kleinöd zu suchen hat. Ich versteh es nicht. Jetzt liegt er in diesem Unglücksort in der Einfahrt von Haus Nummer sieben. Und zwar tot.« Er schien verständnislos den Kopf zu schütteln.
Franziska hatte sich inzwischen in das Badetuch gewickelt, das Christian ihr gereicht hatte, und sich gegen die Heizung gelehnt.
»Was, bei der Rücker? Dort ist es passiert?«
»Donnerwetter, Sie kennen aber Ihre Pappenheimer.« Staatsanwalt Albrecht Steller war sichtlich beeindruckt.
»Na ja, die paar Häuser im Ortskern sind mir schon noch gegenwärtig.« Sie gestand ihm lieber nicht, dass sie das Gefühl hatte, auf magische Art mit Kleinöd verbunden zu sein, irgendwie nicht loszukommen von diesem Ort, seitdem sie damals zum ersten Mal dort ermittelt hatte und in der dörflichen Enge, aber auch im dörflichen Zusammenhalt, eine völlig neue Welt entdeckt hatte.
»Ich habe Herrn Schmiedinger gesagt, dass ich Sie schicke. Das ist Ihnen doch hoffentlich recht?«
»Natürlich.«
Dabei passte es ihr ausgerechnet heute gar nicht. Noch vor wenigen Minuten hatte sie sich wohlig im Wasser geräkelt. Und sie hätte lieber mit Christian in Ruhe zu Abend gegessen, ein oder zwei Gläser Wein getrunken und nach diesem schwierigen Nachmittag Beziehungspflege betrieben.
»Rufen Sie den Kleinschmidt an oder wen immer Sie brauchen. Von meiner Seite aus haben Sie grünes Licht, und wenn Sie irgendwelche schriftlichen Verfügungen oder Anweisungen benötigen, so können Sie mich jederzeit erreichen. Ich bin das ganze Wochenende zu Hause.«
»Ja, ja, mach ich.«
Sie legte auf und murmelte griesgrämig vor sich hin: »Ich wäre auch gern mal ein ganzes Wochenende zu Hause«, wusste aber, dass das so nicht stimmte. Es würde erst dann wieder stimmen, wenn sie geklärt hatte, was mit Malwine Brunner geschehen war.
Christian fuhr gerade seinen Computer hoch. »Dann werd ich wohl auch ein bisschen arbeiten, wenn du schon wieder weg musst.« Er klang beleidigt.
»Tut mir leid.«
Er sah sie an, als würde er ihr nicht glauben. »Na ja, wenigstens hatten wir einen netten Spaziergang. Die Ruhe vor dem Sturm.«
Sie ging ins Schlafzimmer, wühlte im Kleiderschrank nach dicken Pullovern und einer Wollstrumpfhose und rief: »Du kannst wenigstens zu Hause arbeiten und musst nicht hinaus in die feindliche Welt.«
»Mag sein, aber dieses Buch über das Multiversum und die Viele-Welten-Theorie ist auch nicht aus dem Effeff zu übersetzen. Da muss ich mich erst mal wieder in Physik und zusätzlich in die Metaphysik einarbeiten. Ehrlich: Ich hatte so gehofft, heute Abend mal nichts tun zu müssen.«
»Kannst du doch immer noch. Entspann dich einfach. Setz dich mit dem Kater und einem Glas Wein vor den Fernseher. Schiely würde sich freuen. Warum nimmst du auch immer so schwierige Themen an? Übersetz doch mal ein Kinderbuch«, rief sie zurück. Sie merkte, dass ihre Laune besser wurde. Die Zeit der Untätigkeit war vorbei, sie hatte eine Aufgabe.
»Guter Vorschlag«, konterte er. »Das mach ich, sobald du wieder eine Uniform anziehst und Falschparker aufschreibst.«
»Sorry, I am not at home. Mi dispiace, ma non sono a casa. Leider bin ich nicht daheim. Bitte sprechen Sie nach dem Pieps.«
»Bruno, wo steckst du?« fauchte Franziska ins Telefon. »Dein Handy ist abgeschaltet, und zu Hause läuft dein AB. Was soll das?« Sie sah auf ihre Uhr. Zwanzig nach acht. Wenn sie sich beeilte und ihren eigenen Wagen nahm, könnte sie gegen einundzwanzig Uhr am Tatort sein. »Bruno? Wir haben einen aktuellen Fall. Da soll jemand erschossen worden sein. Also, ich fahr jetzt nach Kleinöd, und zwar zur Hausnummer sieben. Da wohnen die Rücker und der
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