Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition)
Frau zum plötzlichen Tod der Malwine Brunner angehört.
Doch dann hatte er gesagt: »Wenn die Kollegen aus Passau ermitteln, ist das deren Ding. Du würdest es auch nicht mögen, wenn Kommissare aus anderen Landkreisen in deinen Fällen herumstocherten.«
Na gut, gestand sie sich ein, während sich beruhigende Lavendeldüfte im Bad ausbreiteten und ihr Kater hochbeinig und mit äußerster Vorsicht auf dem Wannenrand balancierte, möglicherweise hatte er recht, aber hätte er nicht spüren müssen, wie nah ihr die Geschichte mit Malwine ging? Und wäre es nicht seine Aufgabe gewesen, ihr Mut zu machen? »Ja, kümmer du dich um diesen Fall, dann wird er auch bald gelöst! Ich glaube an dich!« Das hätte er sagen müssen. Auf diesen Satz hatte sie gewartet.
Aber er schien eindeutig nicht zu wollen, dass sie sich mit dem Mord an Malwine befasste. Anderes Revier – was hieß das schon? Ging es nicht darum, global zu arbeiten, sich zu vernetzen, grenzüberschreitend Informationen auszutauschen? Aber nein, ihr Kollege Bruno, der Staatsanwalt und sogar der eigene Mann verboten ihr, der Sache nachzugehen. Und gleichzeitig dozierten sie über Gleichheit, Brüderlichkeit und weltumfassende Reformen. Unglaublich.
Sie waren zusammen durch die Isarauen spaziert, und jedes Mal, wenn Franziska den Kopf hob, um aufstiebenden Wasseramseln nachzusehen, war ihr Blick auf das Sporthotel Landauer Hof gefallen, das auf einem Felsvorsprung der oberen Stadt thronte und dessen Panoramafenster direkt auf die Isarauen wiesen. Und jedes Mal hatte es ihr einen Stich gegeben.
Christian bemerkte es nicht und überlegte weiter laut vor sich hin: »Warum sollte jemand diese nette alte Dame umbringen wollen? Sie hat doch niemandem etwas getan.«
Er hakte sich bei ihr ein und schlug vor, den schmalen Aufstieg am Isarufer zu nehmen, um in der Lounge des Sporthotels einen Kaffee zu trinken.
Sie zuckte empört zusammen. »Nein! Niemals!«
Erstaunt hatte er sie angesehen, kopfschüttelnd geseufzt und beide Hände in den Manteltaschen vergraben.
Sie hatte geschluckt. Ihr »Nein!« war wirklich etwas zu entschieden gekommen. Wenn sie so weitermachte, verriet sie sich letzten Endes noch selbst. Denn bisher hatte Christian keine Ahnung, welche Rolle der Landauer Hof für sie gespielt hatte. Er wäre nicht im Traum darauf gekommen, dass ihre Ehe dort vor gar nicht so langer Zeit auf der Kippe gestanden hatte.
Dass sie ihren Mann, der zu jener Zeit ständig unterwegs und kaum erreichbar gewesen war, mit dem Kollegen Alexander Konrád aus Prag betrogen hatte, empfand sie als weniger schlimm. Ihr schlechtes Gewissen rührte daher, dass sie tatsächlich für den Bruchteil einer Sekunde in Erwägung gezogen hatte, Christian für immer zu verlassen und mit Alexander ein neues Leben zu beginnen. Andere Leute dachten in ihrem Alter über Rentenansprüche und einen angenehmen Lebensabend nach – sie aber hatte gleich von einem ganz neuen Leben aus erster Hand geträumt.
»Lass uns zu Hause Kaffee trinken«, murmelte sie entschuldigend. »Außerdem ist mir nach einem Wannenbad.«
»Schon gut.« Christian Hausmann lächelte geistesabwesend.
Franziska hatte sich oft gefragt, warum sie ihrem Mann die Geschichte mit Alexander bisher verschwiegen hatte. Und warum sie sie ihm weiter verschwieg. Vermutlich deshalb, weil sie das alles weder sich noch ihm erklären konnte. Immer wieder ermahnte sie sich, das alles als Kurzurlaub vom Alltag zu verbuchen, als das einmalige Hineinschnuppern in eine andere und offensichtlich aufregendere Welt. Als das kurze Abgleiten in ein Paralleluniversum, von dem sie alsbald wieder ausgestoßen wurde, weil es dort keinen Platz gab für solche wie sie.
Was genau ihr solche Angst machte, hätte sie nicht sagen können. Alexander würde nicht im Landauer Hof sitzen und auf sie warten. Niemals! Alexander lebte sein eigenes Leben in einer anderen Stadt und in einem anderen Land und hatte sie ganz bestimmt längst vergessen – auch sie sollte ihn vergessen. Wenn das nur so leicht wäre!
Franziska ließ sich ins Badewasser gleiten. Das tat gut! Sie schloss die Augen und tauchte so weit unter, dass ihr Kopf ganz unter Wasser verschwand. Großäugig und offensichtlich verständnislos starrte der Kater auf sein im Schaum versinkendes Frauchen.
Als sie wieder auftauchte, stand Christian direkt neben der Wanne und hielt ihr das Telefon entgegen. »Für dich. Hört sich nach Arbeit an.«
»Ja?« Sie presste den Hörer ans Ohr.
»Frau
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