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Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition)

Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Schröger , Katharina Gerwens
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eingeschrieben und studierte mit einem Eifer Physik, als müsse er die Jahre des Deliriums innerhalb von wenigen Monaten wieder aufholen. Das war einerseits schön, und die Frieda war auch ziemlich stolz auf ihren Buben, der es sicher noch zum Professor bringen würde, nur: eine freundschaftliche Beziehung zwischen Adolf und Pirmin würde unter diesen Vorzeichen wohl niemals entstehen.
    Der Einzige, mit dem er sich noch über Alltäglichkeiten austauschen konnte, war sein langjähriger Freund Eduard Daxhuber. Eduard half ihm bei seinen Ermittlungen und unternahm gelegentlich auch mal selbst einen Kontrollgang, um das nächtliche Verschwinden von Obst und Gemüse auf den umliegenden Feldern zu verhindern. »Gestern hab ich fei wieder zwei Feldwilderer erwischt«, meldete er nach solchen Aktionen ordnungsgemäß, und Adolf Schmiedinger ließ sich die Namen nennen, um die Missetäter offiziell und schriftlich aufzufordern, dieses Verhalten – Diebstahl von Obst und Gemüse – in Zukunft zu unterlassen. Andernfalls würde es zu einer Anzeige kommen.
    Das wirklich Ungeheuerliche an dieser ganzen Geschichte war, dass vor allem die Großkopferten und die Reichen aus der Neubausiedlung nachts durch die Felder streiften und schwarz ernteten.
    »Sie kennen ja Ihre Leut besser als ich«, sagte die Kommissarin nun. »Falls also jemand ohne Jagdschein an der Treibjagd teilgenommen hat, brauche ich diese Flinte natürlich auch. Verstehen wir uns?«
    Adolf nickte und sah Hilfe suchend zu Eduard Daxhuber hinüber. »Könnt ich vielleicht meinen Freund mitnehmen, den Eduard? Wissen S’, es ist schon besser, wenn mir zu zweit auftauchen, wegen der Zeugen. Nachad steht sonst eine Aussage gegen die andere, und dann ham mir den Salat.«
    »Ja, das ist eine gute Idee!«, lobte sie ihn.
    Er wurde rot.
    Ganz kurz überlegte sie, ob sie Adolf Schmiedinger statt dem Daxhuber Eduard vielleicht doch eher Otmar Kandler zur Seite stellen sollte. Immerhin war der jetzige Lebensgefährte der Wirtin des Blauen Vogels vor seiner Pensionierung Polizeimeister gewesen, und sie kannte ihn als einen besonnenen Kollegen.
    »Ich weiß ned.« Eduard Daxhuber wand sich wie ein Aal und gestand: »Wissen S’, ich war ja auch auf derer Jagd, und da könnt ich doch befangen sein, oder? Nämlich als ich grad die Waffe in den Stahlschrank weggeschlossen hab, da hat’s da draußen diesen Knall geben, und meine Otti hat gesagt: ›Jessas naa, da ist was passiert‹, und scho sind mir auf die Straße g’rannt. Und dann …« Er schluckte und wies auf den Toten.
    »Haben Sie irgendetwas Ungewöhnliches bemerkt, jemanden weglaufen sehen, war irgendwas anders als sonst?«
    »Ganz komisch still war’s nach dem Schuss. So still, dass wir gleich g’wusst haben, da ist was passiert. Totenstill – jetzt weiß ich, was das heißt. Das ist nämlich genau die Stille, wenn jemand tot ist.«
    Franziska nickte und beschloss, den Daxhuber nicht auskommen zu lassen. »Ja, das Gefühl kenne ich. Ich verstehe auch Ihre Bedenken. Trotzdem, Herr Daxhuber, der Vorschlag von Herrn Schmiedinger ist gut. Dass Sie selbst Jagdteilnehmer waren, macht das Ganze noch authentischer. Deshalb schlag ich vor, dass wir mit Ihrer Waffe beginnen. So sehen die Leute gleich, dass hier nicht mit unterschiedlichen Maßstäben gearbeitet wird.«
    »Sag ich doch!« Adolf nahm seinen Freund am Arm. »Dann holen wir mal als Erstes dein Gewehr. Und weißt was, die Fingerabdrücke, die nehmen wir auch gleich von allen. Was mir ham, das ham mir.«
    Die Kommissarin sah ihnen nach. Ganz korrekt war es nicht, den Polizeiobermeister mit inoffizieller Begleitung loszuschicken – aber besser, er hatte jemanden bei sich, als dass er alleine ging, und außerdem war diese Situation wie geschaffen, um es dem Daxhuber heimzuzahlen, denn bisher hatte der sich immer ungefragt in ihre Angelegenheiten gemischt, Ermittlungen durcheinandergebracht und alles immer schon besser gewusst, geahnt oder akkurat vorausgesehen.
    Immer mehr Schaulustige hatten sich inzwischen am Unglücksort versammelt und ließen sich vom Bürgermeister in das Schweigegebot einweisen. Außerhalb der Scheinwerferkegel herrschte finstere Nacht. Wie das illuminierte Fenster eines riesengroßen Adventskalenders war der Eingangsbereich der Rückerschen Diele in unwirkliches Licht getaucht, und am Türrahmen lehnte Gertraud Halber und hatte den Blick so unverwandt auf das weiße Leintuch gerichtet, als hoffe sie, den Toten dadurch wieder zum Leben

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