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Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition)

Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Schröger , Katharina Gerwens
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erkämpfen musste, der hat das Überleben gelernt.« Er schwieg einen Moment und biss sich auf die Lippe. Dann suchte er ihren Blick. »Wissen Sie, was ich gestern gemacht hab?«
    Franziska schüttelte den Kopf.
    »Ich war bei der Kiesgrubenbesitzerin Angelika Kalkhölzl, also bei der Frau, mit der mein leiblicher Vater verheiratet war.«
    »Warum?« Franziska runzelte die Stirn.
    »Es war an der Zeit«, antwortete er mit auffällig ruhiger Stimme. »Malwine hat es nicht gewollt. Sie wollte es einfach noch ein bisschen für sich behalten, dass ich ihr Neffe bin. Sie wollte mich wohl mit niemandem teilen. Aber jetzt … auf jeden Fall bin ich gestern zu ihr.«
    Franziska sah ihm an, dass ihm diese Geschichte auf der Seele brannte. »Wollen Sie mit mir darüber reden?«
    »Haben Sie denn noch Zeit?«
    »Die nehm ich mir. Also, wie war die Begegnung?«
    »Schrecklich. Wissen Sie, von Malwine und Martha hab ich ja schon viel über sie und natürlich auch über meinen Vater gehört. Die Martha Moosthenninger kennt sich in sämtlichen Dorfgeschichten aus – man könnte fast den Eindruck haben, dass ihr Bruder es mit dem Beichtgeheimnis nicht ganz ernst nimmt. Was natürlich so nicht stimmen kann, denn sie hat uns glaubhaft versichert, dass sie das alles auf ihren monatlichen Teekränzchen und bei den Vorbereitungen zu Wohltätigkeitsveranstaltungen erfahren hat. Ich erinnere mich noch ganz genau, wie wir eines Abends, etwa vier Wochen nachdem ich bei Malwine eingezogen war, bei offenen Fenstern in der Küche saßen. Und da haben mir Malwine und Martha die Geschichte meiner Entstehung erzählt. Aus ihrer Sicht, vielleicht auch aus der Sicht anderer Dorfbewohner.«
    Und so erfuhr Franziska an diesem Vormittag, dass Andreas Harbinger, Malwines jüngerer Bruder, mit Anfang zwanzig auf Brautschau gegangen war und schließlich Angelika, das einzige Kind eines Kiesgrubenbesitzers, geheiratet hatte. Malwine war damals schon dem Bauern Hannes Brunner versprochen worden, ihre ältere Schwester Agnes ging in die Stadt, um Krankenschwester zu werden und sich einen Professor an Land zu ziehen – was ihr aber offensichtlich nicht gelungen war –, und der gesamte Hof und alle Ländereien der Harbingers waren an Malwines ältesten Bruder gefallen, den Erstgeborenen.
    »Ich glaub, die Angelika hat der Andreas vor allem wegen dem Geld geheiratet«, hatte die Moosthenningerin bemerkt. Meinrad hatte fragend zu Malwine gesehen, die versonnen genickt hatte. »Geld, die hatte richtig viel Geld«, sagte sie. »Für Andreas war das ein gewichtiges Argument. Aber ein bisserl gemocht hat er sie schon auch.«
    Die Ehe war kinderlos geblieben, was unter anderem wohl daran lag, dass die Kiesgrubenerbin ebenso hart und herzlos war wie die auf den hauseigenen Deponien lagernden Steine.
    Glücklicherweise war der Harbinger Andreas kein Kind von Traurigkeit und hatte im Lauf der Zeit eine Perfektion darin entwickelt, die regelmäßig auf ihn niederprasselnden Gardinenpredigten seiner Frau nicht nur gelassen zu ignorieren, sondern sogar in freundlichere Bahnen umzulenken. Zwölf Jahre lang hatte er im Windschatten seiner kalten Frau sein Leben genossen und aushäusig ein Feuer nach dem anderen entfacht und dabei nichts ausgelassen, wie man zu sagen pflegte, bis ihm irgendwann sein Schicksal begegnet war. Es trug den Namen Beate, war exakt halb so alt wie er, dafür aber zwanzig Zentimeter größer.
    Kennengelernt hatte er die siebzehnjährige Hiendlmayr Beate beim Volksfest im Schlosspark von Adlfing. Sie kam aus dem vierzehn Kilometer entfernten Simbach. Es musste wohl wirklich die ganz große Liebe gewesen sein, die den Harbinger Andreas wie ein Naturereignis erwischte und ihn all seine Prinzipien und sämtliche Hintertürchen vergessen ließ. So versprach er ihr die Ehe und schenkte ihr einen goldenen Ring, in dessen Innenseite ein ewiges Treueversprechen eingraviert war. Der Harbinger Andreas redete von Scheidung und Neuanfang, und im Rausch eines ungeahnten Glücks beschloss Beate Hiendlmayr, die Frucht ihres Leibes auszutragen und zur Welt zu bringen.
    Klar, dass sich die Frau mit dem Herzen aus Stein dieser Entwicklung im Leben ihres Mannes widersetzte. Sie sperrte all seine Konten, verbot ihm das Haus, nahm ihm sämtliche Schlüssel, auch die der Privatwagen und der Kieslaster, ab und machte ihn zum Gespött der Gemeinde. Er besaß nicht einmal mehr so viel Geld, dass er sein abendliches Bier im Blauen Vogel bezahlen konnte.
    Und dennoch wähnte

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