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Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition)

Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Schröger , Katharina Gerwens
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schwieg. Sie fragte sich, wie sie an Gertrauds Stelle reagieren würde.
    »Echt? Das passt dem wohl grad nicht in seine Lebensplanung, dass der Bruder einfach so stirbt. Und wissen Sie was, in meine Lebensplanung passt es erst recht nicht. Lebendig hätten wir ihn gebraucht. Ich und meine Tochter.« Gertraud schluchzte. Sie klang verbittert. »Sollten wir die Einzigen gewesen sein, die ihn lieb hatten und nun um ihn trauern?«
    »Sie müssen das nicht machen«, sagte Franziska stattdessen. »Es ist die Aufgabe des Erbberechtigten, also die Aufgabe von Edwin Hellmann.«
    »Ach, der wird es doch auch nicht machen, sondern höchstens an ein Institut weitergeben«, murmelte Gertraud. »Und das hat mein Günther wirklich nicht verdient, so lieblos und nach Schema F bestattet zu werden. Nein, ist schon okay, ich werde mich um alles kümmern. So bin ich ihm noch ein wenig nah.«
    »Da haben Sie recht«, meinte Franziska. »Dann werde ich also Herrn Hellmann ausrichten, dass er die Vollmachten für die gesamte Abwicklung auf Ihren Namen ausstellen kann?« Franziska kam sich ein wenig herzlos vor, dieses doch vertrauliche Gespräch mit einer derart pragmatischen Frage abzuschließen, aber die Dinge mussten vorangetrieben werden. Aus den Augenwinkeln heraus nahm sie wahr, dass Bruno angespannt und fassungslos an seinem Schreibtisch saß. Dem schien es offensichtlich gar nicht zu passen, dass Gertraud statt Edwin Hellmann ihre Kontaktperson sein würde.
    »Ja bitte«, sagte Gertraud. »Tun Sie das. Ich kann ja nicht nur hier herumsitzen und weinen. Tante Lotti hat auch schon gesagt, wenn ich so weitermache, wird Eulalia-Sophie später depressiv.«
    Wenn das so ist, müsste ich eigentlich schwer depressiv sein, dachte Franziska. Sie war als kleines Mädchen ständig hinter ihrer grundlos traurigen Mutter hergelaufen und hatte versucht, sie zu trösten. Es war ihr nie gelungen. Nicht ein einziges Mal. Sie seufzte. »Da ist aber noch was. Sie müssten den Toten offiziell identifizieren.«
    »Dann ist er also wirklich gestorben?« Gertrauds Stimme zitterte. Sie schien immer noch auf das Unmögliche zu hoffen.
    »Ja, leider.«
    »Na gut, dann übernehme ich das mit dem Identifizieren.«
    »Können Sie reinkommen? Oder soll ich Sie abholen lassen?«
    »Nein, nein, ich komme zu Ihnen. Die Tante versorgt das Kind. Bis später.« Und damit war das Gespräch beendet.
    »Ich fass es nicht.« Bruno suchte in seinem Jackett nach der Zigarettenschachtel. »Du weißt, was ich von ihr halte, und trotzdem lässt du zu, dass ausgerechnet die Halber alle notwendigen Vollmachten vom Bruder des Toten bekommt, um ihre ganz persönliche Trauerfeier zu inszenieren und – falls wir die Wohnungsversiegelung aufheben müssen – auch noch die Wohnungsschlüssel kriegt. Das heißt, wir müssen sie immer fragen, wenn wir da reinwollen, um uns das Gläserne Vilstal an der Wohnzimmerwand anzuschauen. Und außerdem besteht die Gefahr, dass sie sich dann diesen allumfassenden Stammbaum reinzieht. Die nämlich wird sich als Erbberechtigte garantiert nicht an unser dann eh ungültiges polizeiliches Siegel halten! Bist du wahnsinnig geworden? Die Daten sind zwar auch in seinem Computer, aber an der Wand, da ist halt die große Übersicht, und außerdem kennt die Halber Gott und die Welt, zumindest was das beschauliche Vilstal betrifft.«
    Er steckte sich eine Zigarette zwischen die gepflegten Lippen. Franziska war aufgefallen, dass er seit Kurzem ständig Tabak und Feuerzeug bei sich trug und es somit billigend in Kauf nahm, mit ausgebeulten Jackett- oder Hosentaschen aufzutreten – ein Verstoß gegen seinen Anspruch auf Perfektion, den er früher niemals zugelassen hätte. Es sah ganz so aus, als habe die Nikotinsucht ihn bereits völlig im Griff.
    »Glaub mir, würdest du den Bruder des Toten kennen, so wüsstest du, dass wir mit Frau Halber tausendmal besser fahren.«
    Kopfschüttelnd verließ Bruno den Raum. Sie sah ihm nach und lächelte. Der würde sich schon wieder einkriegen. Schon allein aus Angst vor Sorgenfalten.
    Franziska hörte, wie vorsichtig an die Tür geklopft wurde. Sollte das schon Gertraud sein? Sie sah auf ihre Uhr. Nein, selbst wenn die sofort losgefahren wäre, könnte sie noch nicht hier sein.
    Auf ihr »Herein!« betrat eine resolute Dame mittleren Alters das Büro und stürzte im Stechschritt auf sie zu. Es war die Schreibkraft ihres Chefs, auf die sie bei ihrer Arbeit manchmal zurückgreifen durfte.
    »Ich hab Ihnen die Sachen gleich

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