Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition)
ging das ganz schnell, hatte der Schmiedinger Adolf behauptet.
Maunzend saß der Kater zu ihren Füßen und sie verwöhnte ihn mit extragroßen Knuspertaschen für Katzensenioren. Vermutlich würde Schiely vor ihr sterben – und wenn nicht, würde er sein Frauchen vor allem deshalb vermissen, weil die ihn zwischendurch mit Leckereien verwöhnt hatte, während Christian sich streng an feste Frühstücks- und Abendmahlzeiten für Katzen hielt und überhaupt fand, dass Schiely zu viel Dosenfutter auf den Rippen hatte.
Das Suppenfleisch duftete verführerisch, und sie würfelte voller Inbrunst Kohlrabi, Kartoffeln und Möhren. So ein Eintopf gab dem Leben wieder Sinn. Insgeheim ahnte sie, dass es ihr bei diesem Ritual auch darum ging, sich ihr eigenes Süppchen zu kochen, sich nicht von Edwin Hellmann instrumentalisieren zu lassen.
Angelockt vom Essensduft kam Christian aus seinem Arbeitszimmer.
»Frau Hausmann als Hausfrau?«
Sie lächelte und gab ihm einen Kuss. »Du siehst ziemlich müde aus.«
»Nur im Gesicht«, antwortete er grinsend und rieb sich die Augen.
»Komm, mach für heute Schluss, ich habe auch Feierabend.«
»Das ist der beste Vorschlag seit Langem.« Er hockte sich zu ihr an den Küchentisch und sah ihr zu. »Ich mag das, wenn du kochst. Leider viel zu selten.«
Sie nickte. »Das stimmt. Wie war dein Tag?«
Er berichtete ihr von seiner Übersetzung, von Formulierungsschwierigkeiten, von der Unendlichkeit unseres Heimatuniversums und der Unvorstellbarkeit eines Multiversums. »Vielleicht bin ich zu alt. Es macht mir richtiggehend Angst, mich in diese Modelle hineinzudenken. Die Universen sind so groß – und wir sind so klein. Aber das allein ist es nicht. Mich bedrückt die Vorstellung, dass wir – zumindest laut den Theorien meines derzeitigen Buches – immer wieder die gleichen Handlungen vollziehen und dass wir uns, sobald wir dieses Leben einigermaßen gemeistert haben, in einem nächsten Universum erneut darauf einlassen müssen. Das Leben als Endlosschleife, wo wir doch grad so vernünftig geworden sind, uns von der Unsterblichkeit zu verabschieden. Und jetzt kommen Physiker und Philosophen mit der Unendlichkeit des Lebens daher.«
Franziska gab ihm recht. »Das ist ja gruselig.«
Sie schluckte. Das hieße, millionenfach den toten Günther Hellmann, millionenfach den gleichgültigen Bruder, millionenfach die verwitwete Verlobte. Sie suchte nach einem Satz, der die Lage entspannte: »Wenn ich diesen einen Fall jetzt löse, wird er dann millionenfach geklärt sein? In sämtlichen Universen?«
»Ich wünsche es dir. Aber sicher bin ich mir nicht.« Christian öffnete eine Flasche Wein und stellte zwei Gläser auf den Tisch.
»Und, was war bei dir? Gibt es was Neues von der Front?«
Sie sah ihn lange an, und ihr wurde plötzlich klar, dass sonst immer sie es war, die über ihn herfiel und ihr Tagesgeschäft vor ihm ausbreitete. Egal, ob er es hören wollte oder nicht.
»Wir suchen noch. Gustav Wiener hat geheimnisvolle Substanzen im Magen von Malwine Brunner entdeckt, die er nicht zuordnen kann. Er ist davon überzeugt, dass es sich um ein einheimisches und pflanzliches Gift handelt. Aber wenn er die Symptome nachschaut oder in eine Suchmaschine eingibt, öffnen sich fast so viele Seiten, wie es Paralleluniversen gibt.« Sie lachte und beschloss, die Geschichte mit Edwin Hellmann nicht zu erzählen. Sie würde sich nur noch einmal aufregen.
»Weißt du, was ich an deiner Stelle tun würde? Ich würd mir einen Heimatpfleger suchen und den bitten, mir ein Verzeichnis aller giftigen Bäume, Sträucher und Pflanzen des Vilstals zu erstellen. Vermutlich gibt es so ein Verzeichnis sogar schon.«
»Wenn nicht in diesem, dann in einem anderen Universum«, bemerkte Franziska und brach in ein befreiendes Lachen aus.
Kapitel 13
Sie betrat das Büro, hängte ihre Windjacke über einen Bügel und sah sofort, dass Bruno den Laptop mit nach Hause genommen haben musste, was eigentlich gar nicht erlaubt war. Sein Schreibtisch war leer bis auf das verwaist herumliegende Anschlusskabel zu einem zweiten Bildschirm und den USB-Connector zum fest installierten Drucker.
Dann konnte er es also doch nicht lassen, der Gute, und sammelt mal wieder illegal unbezahlte Überstunden an, dachte Franziska.
Aber vielleicht hatte er sich ja auch nur gelangweilt und war froh, sich zu Hause und in Gesellschaft eines Glases Rotwein mit Günthers Rechner befassen zu können. Ihr war das eigentlich nur recht.
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