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Selig sind die Dürstenden: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Selig sind die Dürstenden: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Titel: Selig sind die Dürstenden: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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vor einem Computer und dachte gründlich nach. Die Wahl war wirklich nicht leicht zu treffen. Er mußte sich an die halten, bei denen nichts passieren konnte. Die niemanden hatten, die niemand vermissen würde. Ab und zu stand er auf, ging zu dem kleinen Aktenschrank hinüber, zog Ordner heraus und sah sich die Paßfotos, die jeweils auf der ersten Seite mit einer Büroklammer befestigt waren, genauer an. Paßfotos logen immer, das wußte er aus bitterer Erfahrung. Aber eine Art Richtschnur boten sie immerhin.
    Am Ende war er zufrieden. Er spürte die Spannung wachsen; es war ein richtiger Kick, ähnlich dem, den er empfand, wenn er seine Muskeln maß und wußte, daß sein Oberarm mindestens einen Zentimeter dicker sein würde als beim letztenmal.
    Es war ein genialer Plan. Und das Allergenialste war, daß er alle Welt austrickste. Daß er sie an der Nase herumführte und quälte. Er wußte, wie ihnen zumute war, den Idioten von der Kriminalpolizei. Sie zerbrachen sich verzweifelt den Kopf. Er wußte sogar, wie sie es nannten. Samstagsmassaker. Er lächelte. Sie waren nicht einmal clever genug, den Ariadnefaden zu finden, den er für sie ausgelegt hatte. Allesamt Idioten!
    Er freute sich.
    »Sag mal, wo steckst du eigentlich immer?« fragte Hanne Wilhelmsen und ließ sich in den Besuchersessel in Håkon Sands Büro fallen.
    Er mühte sich mit einer zu großen Prise ab, die ein wenig zu sehr triefte, und seine Oberlippe verzog sich auf seltsame Weise, um sich vor dem bitteren Geschmack zu schützen.
    »Ich krieg’ dich ja kaum noch zu sehen!«
    »Das Gericht«, murmelte er und versuchte, den Tabak mit der Zunge zu dirigieren. Er mußte aufgeben, schob sich den Zeigefinger in den Mund und zog den ganzen Priem heraus. Sein Finger wurde am Papierkorbrand ausgeklopft, danach wischte er ihn sich an der Hose ab.
    »Schwein«, murmelte Hanne Wilhelmsen.
    »Ich habe im Moment einfach höllisch viel am Hals«, sagte er, ihren Kommentar ignorierend. »Erstens muß ich fast jeden Tag ins Gericht. Und zweitens habe ich viel zu oft Bereitschaftsdienst, weil die Leute im Moment reihenweise krankgeschrieben sind. Und die Meldungen kommen nur so rein.« Er zeigte auf einen der üblichen grünen Stapel. »Ich habe sie mir noch nicht mal angesehen! Nicht einmal das!«
    Hanne Wilhelmsen öffnete einen Ordner. Danach zog sie den Sessel an den Tisch, und sie saßen da wie zwei befreundete Erstkläßler mit einem gemeinsamen Lesebuch.
    »Hier kriegst du immerhin etwas Spannendes zu sehen. Das Samstagsmassaker. Ich habe vorhin mit der Gerichtsmedizin gesprochen. Sie sind noch nicht fertig, aber die vorläufigen Ergebnisse sind ziemlich interessant. Schau mal!«
    Sie zog einen Ordner heran, in den auf jeder Seite zwei Fotos eingeklebt waren. Insgesamt drei Seiten, sechs Bilder also. Jemand hatte kleine weiße Pfeile eingeklebt, auf jedem Bild an zwei oder drei Stellen; die Aufnahmen waren aus verschiedenen Winkeln gemacht worden. Es war nicht leicht, den Ordner offenzuhalten, er war steif und widerspenstig und klappte immer wieder zu. Hanne hob ihn hoch und brach die Seiten auseinander. Das half ein wenig.
    »Das ist vom ersten. Der Schuppen in Toyen. Ich habe um drei Proben von drei verschiedenen Stellen gebeten.«
    Wozu denn bloß, dachte Håkon Sand, schwieg aber.
    »Und das war verdammt clever von mir«, sagte Hanne Wilhelmsen, die Gedankenleserin. »Denn hier …« Sie zeigte auf das erste Bild, das nur zwei Pfeile aufwies. »Hier gab es Menschenblut. Von einer Frau. Ich habe eine vollständige Analyse in Auftrag gegeben, aber das braucht seine Zeit. Hier aber«, sie zeigte auf den zweiten Pfeil, blätterte um und tippte auf einen weiteren Pfeil, auf einem Bild mit drei Pfeilen, »hier haben wir etwas anderes, verstehst du? Tierblut!«
    »Tierblut?«
    »Ja, wahrscheinlich von einem Schwein, aber das wissen wir noch nicht. Wir werden es bald erfahren. Das Menschenblut stammte ungefähr aus der Mitte des Blutbades. Das Tierblut kam von der Peripherie.«
    Sie klappte den Ordner zu und blieb neben ihm sitzen, als hätte sie nicht vor, sich je wieder zu entfernen. Sie schwiegen.
    Hanne registrierte, daß er gut roch, nach einem leichten Rasierwasser, das sie nicht kannte. Sie wußten beide nicht, was die Blutproben bedeuten konnten.
    »Wenn alles Blut von einem Tier stammte, würde das ja die Scherzkekstheorie energisch unterstützen«, sagte Hanne nach einer Weile leise, eher zu sich selbst als zu Håkon. »Aber es ist ja nicht nur von

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