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Selig sind die Dürstenden: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Selig sind die Dürstenden: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Titel: Selig sind die Dürstenden: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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einem Tier …«
    Sie schaute auf die Uhr und sprang auf.
    »Ich muß los. Ein Freitagsbier mit alten Kollegen aus meinem Jahrgang. Schönes Wochenende!«
    »Ja, das wird sicher schön«, murmelte er resigniert. »Ich habe von Samstag auf Sonntag Bereitschaftsdienst. Das wird die Hölle. Bei dem Wetter. Ich weiß schon gar nicht mehr, wie Kälte sich anfühlt.«
    »Schönen Dienst also«, lächelte sie und war verschwunden.
    Ein seltenes Freitagsbier mit den alten Jungs von der Polizeischule, Sommerfest und Weihnachtsfeier. So viel Kontakt hatte sie zu ihren Kollegen, gesellschaftlich und außerhalb der Dienststunden. Das Verhältnis war nett und ziemlich distanziert. Sie stellte ihr Motorrad ab, etwas besorgt, weil es hier mitten in der Stadt offen herumstehen würde, ließ es aber auf den Versuch ankommen. Sicherheitshalber nahm sie beide Ketten. Sie schob jede durch ein Rad und befestigte sie an zwei Metallpfosten, die praktischerweise gleich daneben standen.
    Danach nahm sie ihren Helm ab, fuhr sich durch die plattgedrückten Haare und ging die Treppen zu dem suspekten Loch hoch, das die apartest gelegene Kneipe der Stadt war: unter einer Schnellstraßenbrücke.
    Es war schon fast halb fünf, und die anderen mußten bereits den Halben Nr.   2 oder 3 erreicht haben, wenn sie vom Lärmniveau ausging. Sie wurde mit Applaus und ohrenbetäubendem Jubel empfangen.
    Andere Frauen waren nicht da. Die sieben Polizisten waren überhaupt allein im Lokal. Eine kleine Kellnerin mit asiatischem Aussehen rannte zwischen ihnen und den hinteren Gemächern hin und her.
    »Ein Bier für meine Freundin«, brüllte Billy T., das Monstrum, das am selben Morgen Finn Håverstad einen höllischen Schrecken eingejagt hatte.
    »Nein, nein«, wehrte Hanne ab und bat um ein Munkholm. Gleich darauf stand ein Clausthaler auf dem Tisch. Der Kellnerin schien das egal zu sein, Hanne jedoch nicht. Aber sie protestierte nicht.
    »Was machst du denn gerade so, Süße«, fragte Billy T. und legte den Arm um sie.
    »Du solltest dir diesen Schnurrbart abrasieren«, sagte Hanne und zog an den langen roten Zotteln, die er sich in Rekordzeit zugelegt hatte.
    Er zog den Kopf zurück und spielte den Gekränkten.
    »Mein Schnurrbart! Mein schöner Schnurrbart! Sieh dir meine Jungs an! Als sie mich das erste Mal so gesehen haben, sind sie höllisch erschrocken, aber jetzt wollen sie alle so einen, einer wie der andere!«
    Billy T. hatte vier Söhne. Jeden zweiten Freitag nachmittag fuhr er durch die Stadt, hielt bei vier verschiedenen Wohnungen und las seine Jungs auf. Sonntag abend fuhr er dieselbe Route und übergab vier todmüde, glückliche Jungen in die Obhut ihrer jeweiligen Mütter.
    »Du, Billy T., du weißt doch alles«, setzte Hanne an, nachdem er in seiner Empörung über ihren Schnurrbartkommentar ihre Schulter losgelassen hatte.
    »Ha, ha, worauf willst du denn jetzt hinaus?« grinste er.
    »Ach, nichts. Aber weißt du, wo man Blut herbekommt? Massenhaft Blut?«
    Alles verstummte plötzlich, mit Ausnahme eines Mannes, der mitten in einer guten Geschichte steckte und Hanne nicht gehört hatte. Als ihm aufging, daß das bei den anderen der Fall war und daß sie Hannes Frage interessanter fanden als seinen Witz, packte er sein Bierglas und trank.
    »Blut? Menschenblut? Was ist denn in dich gefahren?«
    »Nein, Tierblut. Von Schweinen zum Beispiel. Egal wovon, solange es nur ein Tier ist. Das hier in Norwegen vorkommt, natürlich.«
    »Aber Hanne. Das ist doch ganz einfach. Aus dem Schlachthof!«
    Als ob sie darauf nicht selbst gekommen wäre!
    »Ja, das ist mir schon klar«, sagte sie geduldig. »Aber kann denn jeder x-beliebige einfach in den Schlachthof spazieren und sich bedienen? Kann man da überhaupt große Mengen Blut kaufen?«
    »Als ich klein war, hat meine Mutter das gemacht«, schaltete sich ein klapperdürrer Kollege ein. »Sie hat widerliches Blut in einer Dose mit nach Hause gebracht und Blutpudding und so ’n Zeug daraus gemacht. Und Blutpfannekuchen.«
    Er schnitt bei dieser ekelhaften Kindheitserinnerung eine Grimasse.
    »Ja, das weiß ich«, sagte Hanne, weiterhin geduldig. »Manche Schlachter verkaufen noch immer Blut. Aber es würde doch auffallen, wenn jemand zehn Liter haben wollte, meint ihr nicht?«
    »Redest du von diesen Samstagsmassakern?« fragte Billy T., jetzt mit größerem Interesse. »Wißt ihr inzwischen, daß das Tierblut war?«
    »Etwas davon«, antwortete Hanne, ohne genauer zu erklären, wie sie das

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