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Selig sind die Dürstenden: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Selig sind die Dürstenden: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Titel: Selig sind die Dürstenden: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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angestellt, wann Frau Weistrand aus dem Erdgeschoß sich wohl beklagen würde. Sie hatte bereits mehrmals in demonstrativem Protest gegen den Krach der Kinder mit der Verandatür geknallt. Cecilie sollte recht behalten. Um elf hielt ein Streifenwagen auf dem Parkplatz, und zwei Polizisten in Sommeruniform steuerten zielstrebig über den Rasen auf die Familienidylle zu.
    »Sieh dir das an, Cecilie«, sagte Hanne und lachte leise. »Die gehen im Takt! Das läßt sich einfach nicht vermeiden. Als ich bei der Streife war, habe ich mir vorgenommen, das nie zu machen, ich fand es so militaristisch. Aber es geht einfach nicht. Es ist, als würdest du eine Blaskapelle hören.«
    Die Polizisten glichen einander wie ein Ei dem anderen. Zwei kurzgeschorene, genau gleich große Männer. Sie standen ein wenig unsicher vor der Menschengruppe auf dem Rasen, dann wandten sie sich an den vermutlich ältesten Mann.
    »Ich hab’s gewußt«, kicherte Hanne und schlug sich auf den Oberschenkel. »Ich hab’ gewußt, daß die einen der Männer ansprechen würden.«
    Die beiden Frauen standen auf und stützten sich mit den Ellbogen auf das Balkongeländer. Die Feiernden waren nur zwanzig Meter von ihnen entfernt, und die Abendluft trug die Stimmen weit.
    »Jetzt packt hier mal schön zusammen«, kommandierte einer der Zwillingspolizisten. »Wir haben gehört, daß ihr stört. Die Nachbarn, meine ich.«
    »Was denn für Nachbarn?«
    Der Mann, dem die Ehre zuteil wurde, angesprochen zu werden, breitete resigniert die Arme aus.
    »Alle sind doch jetzt draußen«, sagte er und zeigte auf den Block, wo fast auf jedem Balkon Leute saßen.
    »Wir stören doch wohl niemanden!«
    »Tut mir leid«, beharrte der Polizist und rückte seine Mütze gerade. »Ihr müßt schon in die Wohnung umziehen.«
    »Bei dieser Hitze?«
    Nun folgte Frau Weistrands Auftritt. Breitbeinig und mit energischem Hüftschwung kam sie aus ihrem kleinen Gartenflecken.
    »Ich habe schon vor über zwei Stunden angerufen«, schimpfte sie. »Das ist eine Schande!«
    »Viel zu tun, gnä’ Frau«, bedauerte der andere Zwilling und rückte ebenfalls seine Mütze gerade. Hanne Wilhelmsen wußte, welch ein Alptraum es war, in dieser Hitze eine Dienstmütze tragen zu müssen. Sie beschloß einzugreifen.
    »Cecilie, ich habe wirklich Kopfschmerzen. Kannst du mir einen Tee machen? Du bist ein Engel!«
    Tee gegen Kopfschmerzen. Tolle Medizin, dachte die Medizinerin, die genau wußte, warum sie zum Rückzug aufgefordert wurde. Aber sie schwieg, zuckte mit den Schultern und ging in die Küche.
    »Huhu!« rief Hanne Wilhelmsen den beiden Polizisten zu, sowie Cecilie nicht mehr zu sehen war. »Hallo, Jungs!«
    Alle auf der Rasenfläche blickten zu ihr hoch. Die beiden Polizisten kamen unsicher auf das Haus zu, als ihnen aufging, daß sie gemeint waren. Hanne kannte sie nicht, ging aber unbescheiden davon aus, daß die Jungs wußten, wer sie war. Was offenbar zutraf. Als sie auf fünf Meter herangekommen waren, strahlten sie los.
    »Aber hallo«, riefen beide, fast wie aus einem Munde.
    »Laßt die Leute feiern«, empfahl Hanne Wilhelmsen und zwinkerte ihnen zu. »Die machen überhaupt keinen Krach. Die Alte im Erdgeschoß ist einfach schwierig. Laßt doch den Kindern ihr Vergnügen!«
    Der Rat von Kommissarin Wilhelmsen reichte den beiden Polizisten. Sie salutierten, machten auf dem Absatz kehrt und gingen zurück zu den Feiernden.
    »Macht’s einfach eine Nummer leiser«, sagte der eine, und dann verschwanden sie zu einem vermutlich wichtigeren Auftrag.
    Frau Weistrand lief wütend zu ihrer Parzelle zurück, während der älteste Festteilnehmer unter Hannes Balkon trat.
    »Vielen Dank«, sagte er und machte mit der rechten Hand das Siegeszeichen.
    Hanne lächelte nur und schüttelte den Kopf. Cecilie war jetzt wieder da. Sie knallte eine Teetasse auf den Tisch, vergrub sich hinter der Zeitung und schwieg.
    Als die Uhr halb drei zeigte, die Kinder längst im Bett waren und die Nacht die Temperatur so weit gedämpft hatte, daß nun beide einen Pullover trugen, ging Hanne auf, daß Cecilie seit der Episode mit den Polizisten nur noch einsilbige Bemerkungen von sich gegeben hatte. Wenn sie noch immer stumm hier saßen, dann deshalb, weil keine von ihnen Lust hatte, neben der anderen zu liegen, und weil es außerdem eine wirklich zauberhafte Nacht war. Hanne hatte alles versucht. Nichts hatte geholfen. Jetzt zerbrach sie sich den Kopf darüber, was um alles in der Welt sie anstellen sollte, um

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