Selige Witwen
Parkplatz der Volkshochschule, wo zwei Koffer in Kathrins Wagen umgeladen wurden und wir uns trennen mußten.
»Hast du deinen Paß noch gar nicht vermißt? Er lag in Hüters Tresor. Ich hoffe doch, daß du uns demnächst in Italien besuchen wirst«, sagte ich zu Kathrin und rückte das wichtige Dokument heraus.
Sie riß verblüfft die Augen auf.
»Fangt jetzt bloß nicht wieder zu flennen an«, sagte Cora warnend. »Wir bleiben in Kontakt, ihr könnt Maja bis morgen früh noch in Darmstadt erreichen, mein Flieger geht in zwei Stunden, diesmal muß ich ihn kriegen. Heute abend gibt es endlich ein anständiges Essen; der deutsche Fraß bekommt mir nicht, irgendwie ist mir dauernd übel, den Kaffee könnte ich glatt wieder ausspucken.«
Nachdem uns Kathrin zum Abschied umarmt und Pu unsere Handgelenke nur unter Tränen wieder freigegeben hatte, brachte ich Cora zum Flughafen. »Mach keine Dummheiten «, sagten wir gleichzeitig.
Sie steckte mir noch ein Bündel Geldscheine zu und verschwand im Terminal. Ich war auf mich allein angewiesen.
Äußerst zögerlich lenkte ich den Ferrari auf die Autobahn.
Kurz vor Darmstadt war Erik vor wenigen Tagen verunglückt, und ich bildete mir ein, es könnte mich zur Strafe an der gleichen Stelle erwischen. Als mich schließlich sogar LKWS überholten, gab ich mir einen Ruck und fuhr zügig bis Darmstadt durch. Ich hatte meinen Freundinnen versprochen, bei Felix, Max und Andy gut Wetter zu machen und sie durch geschickte Manipulation zu einer falschen Aussage zu bewegen.
Da ich keinen Schlüssel mehr besaß, mußte ich klingeln.
Wer würde mir öffnen? Falls es Andy war, sollte ich ihn innig umhalsen? Die schlurfenden Schritte paßten nicht zu seinen Wollsocken. Jene Zilli, deren Existenz ich völlig vergessen hatte, begrüßte mich ohne Begeisterung. »Ach, du bist es«, sagte sie gedehnt, als hätte sie jemand anderen erwartet.
»Wo sind die Jungs?« fragte ich.
»Keiner da«, antwortete sie, »aber deine Jungs sind echte Kindsköpfe! Ich dachte, nur Teenager könnten so albern herumgackern. Sie wollen in Frankfurt eine Sauna aufsuchen, als ob wir hier in Darmstadt nicht genug Schwitzkästen hätten. Willst du warten?«
Mir blieb nichts anderes übrig.
Nachdem ich aus Höflichkeit mit der mürrischen Zilli einen Kamillentee getrunken hatte, verspürte ich nur noch bleierne
Müdigkeit, rollte mich auf dem Sofa zusammen und schlief sofort ein.
So wie ich heute morgen beim Aufwachen zuerst in Pus Augen geschaut hatte, so erging es mir bald darauf mit Felix, der still in einer Ecke saß. »Schon zurück?« fragte ich leicht ironisch.
»Mehr als zwei Stunden braucht man bei Oma nicht zu putzen«, sagte Felix.
In diesem Moment öffnete sich die Tür, und Zilli steckte neugierig den Kopf herein. »War es dir zu heiß in der Sauna?« fragte sie.
Felix lächelte und sah mich vielsagend an. »Ich war gar nicht in Frankfurt, ich vertrage kein Dampfbad.«
Seltsamerweise freute ich mich.
Als ich mit Felix allein war, begann ich unverzüglich mit den Instruktionen. Es sei immerhin möglich, daß ihm die Frankfurter Polizei ein paar Fragen stelle. Damit er auf keinen Fall die Termine durcheinanderbrachte, schrieb ich auf, bis zu welchem Datum Kathrin und später auch Pu hier gewohnt haben sollten.
»Müssen wir etwa einen Meineid schwören?« fragte Felix skeptisch.
»Von Schwören kann keine Rede sein«, versicherte ich.
»Aber wir kennen diese Pu doch gar nicht! Wie sieht sie überhaupt aus?« bohrte er weiter.
Zufälligerweise hatte ich eines der Fotos dabei, die Cora im Hotel aufgenommen hatte. Leider zeigte sich Felix etwas widerborstig, und ich mußte meine ganzen Überredungskünste aufbieten, um ihn zu beruhigen: Wahrscheinlich werde es überhaupt keine polizeilichen Ermittlungen geben, unsere Bitte gelte nur für den Fall eines Falles...
Dann müsse ich mich auch mit Max und Andy auseinandersetzen, verlangte Felix, er könne nicht über ihren
Kopf hinweg ein Versprechen für die gemeinschaftliche Irreführung der Behörden abgeben.
Also traf ich mich noch spät in der Nacht mit den SaunaHeimkehrern zu einer kurzen Konferenz, die leidlich erfolgreich verlief. »No problem«, versicherte Max in forschem Ton.
Andy jammerte: »Willst du uns immer tiefer in deinen Sumpf hinunterziehen?« Im übrigen bekundete er in dieser Nacht keinerlei Interesse, mich auf seine Matratze zu locken.
Anderntags wollte ich eigentlich früh aufstehen und zeitig abfahren. Aber erst um
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