Selige Witwen
mich derart unterschätzen. Lies mal!« Dabei wedelte ich mit dem provisorischen Vertrag unter ihrer Nase herum und strahlte wie ein Honigkuchenpferd.
Mit gerunzelter Stirn vertiefte sich Cora in das Schriftstück.
»Soll das etwa bedeuten, daß die Frau noch lebt und ich das Anwesen gar nicht kaufen kann, weil es demnächst dir gehört?« fragte sie mißtrauisch.
Als ich nickte, sprang sie aus dem Bett, hielt sich aber gleich darauf mit einem Klagelaut die Hand auf den Bauch.
Als wir trotzdem einen Freudentanz begannen, tat sich die Tür auf, und die zornige Stationsschwester warf mich zum zweiten Mal hinaus.
Kurz darauf wurde ich von Emilia nicht gerade begeistert empfangen. »Wo hast du dich herumgetrieben?« fragte sie aufgebracht. »Was soll dein Kind von dir denken, wenn du ständig fort bist und noch nicht einmal einen Zettel hinterläßt?«
Meine Entschuldigung, daß ich Olivenöl kaufen wollte, eine Autopanne hatte und nicht mehr am gleichen Tag heimfahren konnte, ließ sie nicht gelten. »Und wo ist das Öl?« brüllte sie.
Später, als ich ausgiebig mit Bela Sheriff und Gangster gespielt und so meine Befähigung als Mutter hinreichend bewiesen hatte, wurde sie freundlicher.
»Übermorgen wird Cora aus dem Krankenhaus entlassen «, erzählte ich. »Vorhin habe ich sie kurz besucht, denn gute Nachrichten soll man nicht lange zurückhalten.«
Emilia fragte belustigt, ob sich Cora tatsächlich über den beschädigten Ferrari gefreut habe. Aber nein, die Sache mit dem Auto sei nebensächlich, sagte ich, die bewußte Neuigkeit würde unser ganzes bisheriges Leben positiv verändern: Da die Besitzerin des toskanischen Anwesens nach Amerika zurückkehren werde, könnten wir unser Traumhaus endlich doch kriegen.
»Dumm geboren und nichts dazugelernt«, rief Emilia, »ich habe tatsächlich gehofft, Cora hätte sich ihre fixe Idee endlich aus dem Kopf geschlagen. Was soll man denn mit zwei Häusern anfangen! Das bedeutet Arbeit, nichts als Arbeit! Und wie ich euch kenne, ist das nicht gerade eure Lieblingsbeschäftigung. Bildet euch bloß nicht ein, ihr könntet mich dafür einspannen! Wenn Bela nicht wäre, würde ich lieber heute als morgen zu meiner Kusine ziehen.«
Gärtner, Putzfrau und Haushälterin würden in der Toskana für einen funktionierenden Haushalt sorgen, sagte ich, was ihr aber erst recht nicht paßte. »So jung und so faul! In eurem Alter mußte ich von früh bis spät schuften, und es hat mir bestimmt nicht geschadet. Aber gut, haut nur ab in die Pampa, dann seid ihr mir wenigstens aus den Augen!«
Emilias Wut hielt nie lange an. Zu Coras Begrüßung kochte sie risotto all'agnello, bezog alle Betten frisch und stellte Rosen in einer silbernen Jardiniere auf den Tisch. Wir feierten jetzt erst ein richtiges Wiedersehen, tranken Spumante und sangen aus voller Kehle unsere alten Lieblingslieder Bella bimba und Azzurro, während Mario und Bela den Takt dazu klatschten.
Zum ersten Mal bekam Cora den Matisse zu sehen, der demnächst nach einem offiziellen Notartermin an Pamela übergehen sollte. »Schade drum«, sagte sie, »ich hätte ihn gern behalten. Wirklich ein schönes Stück. Aber zum Glück erbst du ihn ja, wenn ich richtig verstanden habe.«
»Stimmt, aber erst dann, wenn Pamela eines natürlichen Todes gestorben ist.«
Cora sah mich aufmerksam an. »Was ist heutzutage schon natürlich?« fragte sie.
Die Maurerskunst wird viel zu wenig beachtet, stelle ich fest, als ich an einem hellen Frühjahrstag das unregelmäßige Muster einer Steinwand betrachte, denn jede nur mögliche Wiederholung wurde effektvoll vermieden. Große, kleine, glatte, rauhe, graue und braune Felsstücke sind
abwechslungsreich und gefällig zu einer Mauer gefügt, die meine Terrasse zu einem geschützten Hort des Friedens werden läßt. Umberto hat schwere Terrakottatöpfe mit Zitronenbäumchen aufgestellt, die ihrerseits auch eine scheckige Struktur aufweisen: An der Oberfläche des Tons hat das ausschwitzende Gießwasser einen weißen Schleier hinterlassen, während die Zitronen durch das Spritzen gegen Schädlinge blaue Flecken bekommen haben.
Ich schwinge mich auf meine geliebte, sonnenwarme Mauer und schaue ms Land hinein. Gerade ist der Himmel grau geworden, es wird ein Gewitter geben. Das bäuerliche Land ringsumher ist mit Reben bepflanzt, die mit Draht an Holz- oder Betonpfähle angebunden sind. Zwischen ihren Reihen ist genug
Platz für landwirtschaftliche Maschinen, die den steinigen Boden
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