Selige Witwen
mehr wert!«
»Nicht wesentlich«, behauptete ich, obwohl ich keine Ahnung hatte, was ein Matisse - falls er legal erworben wurde - kosten mochte.
Da sich erneut eine Pattsituation ergab, trumpfte Pamela relativ rasch mit einem neuen Angebot auf: »Honey, ich mache Ihnen einen realistischeren Vorschlag: Wenn ich demnächst endgültig in meine Heimat zurückkehre, werde ich nur noch für wenige Wochen im Jahr nach Europa kommen.
Immer wenn ich in den USA bin, können Sie gratis Ihren Urlaub hier verbringen! Für Umberto und Lucia zahle ich auch weiterhin den Lohn, Sie mußten nur Strom und Telefon...«
Am Ende wollte sie mich noch als Concierge einsetzen.
Ich schüttelte den Kopf.
»Der Matisse ist der einzige Wertgegenstand, den ich besitze, außerdem hänge ich sehr daran«, sagte ich. »Wenn Sie ihn einkassieren, habe ich gar nichts mehr in der Hand. Das wäre ein saumäßig schlechtes Geschäft.«
»Ach so«, meinte sie mit gespielter Naivität, »jetzt verstehe ich! Wir müssen irgend etwas schriftlich festhalten, damit ich Sie nicht einfach vor die Tür setzen lasse. In der Tat, Sie brauchen eine Absicherung. Wie wäre es mit einem Vertrag über Ihr Urlaubsrecht und einem Testament? Wenn ich sterbe, kriegen Sie den Matisse zurück!«
»Und weiter nichts?« fragte ich.
Meine Geschäftspartnerin wurde langsam ungeduldig.
»Bescheidenheit ist wohl nicht gerade Ihre Stärke! Meine allerletzte Offerte: Wenn Sie immer brav den Oleander gießen, werde ich Sie im Testament als Erbin meines Hauses einsetzen, und der Matisse geht meinetwegen ebenfalls an Sie zurück.«
Einen Moment lang war sie ganz stolz auf diese großzügige Regelung, bis sie ein plötzliches Flackern in meinen Augen entdeckte, das sie vollkommen richtig deutete.
»Okay, ich muß mich berichtigen. Ein solches Testament ist keine gute Idee, es könnte Ihre Phantasie allzusehr anregen.
Am besten gehen wir so vor: Wir machen einen Termin beim Notar, um das Haus samt Grundstück auf Sie zu übertragen, sozusagen als vorgezogene Erbschaft. Ich selbst behalte mir für Europabesuche lebenslängliches Wohnrecht vor. Wichtig ist mir aber folgende Klausel: Sollte ich auf unnatürliche Weise mein Leben verlieren, fällt der Matisse an ein Museum; falls ich aber krankheitshalber oder aus Altersschwäche sterbe, kriegen Sie ihn zurück.«
Durch ihre drei Scheidungen hatte Pam ein solides juristisches Halbwissen erworben, womit sie mir sehr imponierte; ich schlug ein.
Nach dieser Nacht der Ängste, Kämpfe und der Kapitulation meiner Gegnerin bescherte mir der nächste Morgen ein gemeinsames Müsli und einen entspannten einstweiligen Abschied. Die verkaterte Pamela nannte mich Cindy und winkte mir fast wehmütig nach, als mich Umberto ins Dorf chauffierte, wo der Wagen notdürftig repariert zur Heimfahrt bereitstand.
Unterwegs fiel mir ein, daß ich eigentlich Wein und Öl kaufen wollte, aber ich ließ jede azienda agricola links liegen, weil ich es kaum erwarten konnte, meinen sensationellen Erfolg der kranken Cora mitzuteilen. Vor Jahren war ich mit meinem Kleinkind auf dem Arm nach Florenz geflohen, hatte mich von Cora aushaken lassen und seitdem in ihrem Schatten gelebt. Sicher, ich hatte ihr in mancher prekären Situation zur Seite gestanden, aber ich würde ihr immer weiter verpflichtet bleiben, wenn sich nicht etwas Grundlegendes änderte.
Bereits auf der autostrada schmiedete ich Pläne. Was nützte mir das schönste Haus, der herrlichste Garten, wenn ich keinen Pfennig eigenes Geld besaß? Strom- und Wasserrechnung, Essen und Trinken, Kleider und Kosmetika mußten bezahlt werden, auch mein Sohn würde von Jahr zu Jahr höhere Kosten verursachen. Laut Vertrag durfte ich das Anwesen nicht verkaufen, sondern mußte es für Pamelas vierteljährliche Besuche in Schuß halten. In jenen Wochen, in denen Cora bei mir wohnte, würde sie sicherlich die Unterhaltskosten bestreiten, aber wenn sie nur selten kam und vor allem im Winter die Stadt vorzog? Ich beschloß, zahlende Gäste aus Deutschland aufzunehmen. Ferien in der Toskana! Lernen Sie Italienisch in einem bezaubernden Haus unter deutscher Leitung - eine solche Anzeige in großen Wochenzeitschriften brachte sicherlich ein gutes Resultat.
Vielleicht sollte man auch kunstgeschichtliche Ausflüge anbieten, schließlich hatte ich bereits Erfahrung als Stadtführerin in Florenz gesammelt; Siena lag vor der Tür, Umberto konnte die Touristen in einem Kleinbus herumfahren, abends würde ich ihnen
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