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Semmlers Deal

Semmlers Deal

Titel: Semmlers Deal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Mähr
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will diese Sachen besprechen, du weißt schon. Morgen Abend.«
    »Das ist, also wirklich ... toll! So schnell, ich hab dir ja gesagt, es ist Verlass ...«
    »Ja, ja, ich geh auch hin. Allein.«
    »Allein? Hat er das verlangt?«
    »Ach wo. Er hat uns beide eingeladen ... er lässt dich grüßen übrigens.«
    »Danke. Wieso willst du dann allein ... ?«
    »Ich will wissen, was er tatsächlich vorhat – ob da was Konkretes ist oder nur Geschwätz. Wenn du dabei bist, lasst ihr die alten Zeiten hochleben, es wird viel geredet – und dann versandet alles. Es ist besser, wenn ich allein gehe. Er sieht dann auch, dass wir es ernst meinen.«
    Koslowski sagte nichts. Ursula hatte von der Herzlichkeit seiner Beziehung zu Semmler eine Vorstellung, die weit von der Realität abwich; wann hätte er mit Semmler jemals »alte Zeiten hochleben lassen«, er konnte sich nicht ausdenken, wie das aussehen sollte – aber seiner Frau durch jahrelanges Erzählen den Begriff einer diffusen gymnasialen Burschenherrlichkeit einzuimpfen, war ihm offenbar gelungen. Blöd hatte er das angestellt. Jetzt war es zu spät, alles zu relativieren und zwanzig Grad runter zu fahren. Wenn allerdings sein Verhältnis zu Semmler so wäre, wie sie glaubte, dass essei, hätte sie Recht, allein zu gehen. Und dann war da noch dieses »wir«: »... dass wir es ernst meinen« hatte sie gesagt, nicht »dass ich es ernst meine«. Nach einem so heftigen Streit hatte das Personalpronomen »wir« den Charakter einer Vorleistung künftiger Friedensverhandlungen, da konnte er nicht mit dem kleinlichen Einwand kommen, eigentlich seien sie doch beide eingeladen ... also sagte er nichts.
    An wie vielen Punkten der Entwicklung man etwas hätte sagen oder tun können, um den Dingen einen anderen Lauf zu geben, überlegte er sich noch viele Male und kam darauf, dass es so viele nicht waren. Nicht jedes beliebig kleine »ja« oder »nein«, »dies« oder »das«, dachte er dann, hält uns vom Abgrund zurück, wenn die allgemeine Lage die ist, dass wir zu tausenden darauf zu marschieren – aber das Garnichts-Sagen an jenem einen Abend nach dem Autostreit hatte sein Schicksal besiegelt und das der anderen auch. Er hätte auf den Tisch hauen, drohen und sich durchsetzen müssen. Unerhört! Frechheit, was fällt dir überhaupt ein! Wir gehen beide oder keiner! Etwas in der Art. Sie hätte geantwortet, besser: zurück geschrien, der Streit wäre prolongiert worden. Wie lang? Vielleicht eine Woche. Dann wären sie zum Status quo ante zurückgekehrt – und hätten trotz der verlorenen zweihunderttausend ihr Leben weitergeführt. Vor allem aber wäre keiner zu Semmler gegangen. Er nicht und sie nicht, da war sich Koslowski sicher. Und nichts wäre geschehen. Das Leben wäre bescheidener gewesen, sogar ärmlich, aber, davon war er überzeugt, auf irgendeine Art doch zu überstehen, vor allem aber wäre es ihr gemeinsames Leben gewesen. Dem war dann nicht so.
     
    E r wusste es, als er die Haustür aufmachte. Als sie da vor ihm stand in diesem lindgrünen Kostüm. Sie lächelte, sagte nichts. Er sagte wohl ›Guten Abend, wo ist denn Koslowski?‹, etwas in der Art, er konnte sich dann nicht mehr an den Wortlaut erinnern, und sie antwortete, während er sie hereinbat, etwas Wirres von wegen ›Situation entspannen‹ und ›vorfühlen‹ oder so ... er achtete nicht darauf, weil er sie nicht einfach ansah, sondern anstarrte vom Moment des Türöffnens an und weiter anstarren würde den ganzen Abend, die Nacht.
    Sie gingen ins Esszimmer. Er hatte alles selber vorbereitet und Bellmeyer freigegeben. »Machen Sie sich doch morgen einen schönen Tag!«, hatte er zu Bellmeyer gesagt, dass war der Code, dass er den Angestellten nicht im Hause sehen wollte, nicht am Tag und besonders nicht in der Nacht. Bellmeyer sagte darauf nie etwas, er nahm nur in aller Herrgottsfrühe den ersten Zug nach Feldkirch und besuchte seine Schwester.
    Semmler kochte gern. Er hatte eine Ente gebraten, dazu gab es Knödel und Bayrisch Kraut, ein viel zu schweres Essen für Ende Juni, es fiel ihm ein, als sie sich an den Tisch setzten; sie schien dennoch erfreut von der Aussicht auf gebratene Ente, als er ihr beim Hereintragen der Aperitifs (Prosecco mit einem Schuss Cassis) eröffnete, was es zu essen geben würde, lächelte sie und sagte ›fein!‹ oder etwas Ähnliches, schon nach einer halben Minute hatte er ihre Worte vergessen, so ging es den ganzen Abend, unter normalen Umständen der tödlichste

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