Sengende Nähe - Singh, N: Sengende Nähe
lieb ist“, sagte sie, als er ihr lachend drohte, sie in die Luft zu werfen. Die hübschen Kellnerinnen warfen ihr neidische Blicke zu – obwohl es offensichtlich war, dass Bas und sie verwandt waren. Sein Haar war genauso dunkelrot, seine Augen aber unglaublich klar und grün. Jeder ihrer Brüder war auf seine Art unwiderstehlich, und zusammen heizten sie jeden Raum in null Komma nichts ein. Die Hälfte ihrer Jugend hatte Mercy damit verbracht, die Mädchen zu vertreiben, die ihnen nachgelaufen waren. Dabei hatten die Idioten es ihr nicht einmal gedankt.
„Siehst gut aus, Schwesterherz.“ Bas drückte sie noch einmal und setzte sie dann ab, damit sie ihren Platz einnehmen konnte.
„Genau, hübscher Fummel.“ Greg schien das ernst zu meinen.
Mercy sah an dem kurzen königsblauen chinesischen Seidenkleid hinunter, das sie in diesem Teil der Stadt gekauft hatte. Sie fühlte sich wohl, hatte ein wenig Make-up aufgelegt und das Haar zu einem langen Pferdeschwanz zusammengefasst. Doch das Verlangen tobte immer noch rücksichtslos in ihr, völlig unbeeindruckt von den praktischen Gründen, mit denen sie Riley vorhin abgewiesen hatte. „Vielen Dank, Shadow.“
„Warum hat der so einen coolen Spitznamen?“, maulte Sage. „Ich bin immer nur Herb.“
„Was willst du eigentlich?“, sagte Bas. „Wäre dir Frenchie lieber? Klingt wie der Name eines verfluchten Kondoms.“
Sie verschluckten sich fast an ihrem Oolong-Tee, und eine der Kellnerinnen kam herüber, um jede nur vorstellbare Hilfe anzubieten. Mercys Brüder nahmen die kleine Schönheit unter die Lupe – Männer! –, brachten aber weiter nichts als ein charmantes Lächeln zustande. Offensichtlich enttäuscht nahm das Mädchen dann lediglich die Bestellung auf und zog wieder ab.
„Was ist denn los?“ Mercy ließ ihren Blick von einem zum anderen wandern. „Habt ihr euch für das Zölibat entschieden?“
„Wenn du es schon ansprichst“, murmelte Grey und zwinkerte mit den braunen Augen.
„Ha“, schnaubte sie. Grey war der Stillste von ihnen, aber auch katzenschlau und gerissen. „Das glaube ich erst, wenn …“ Normalerweise hätte sie gesagt, wenn ich mit einem Wolf geschlafen habe, aber das fiel ja jetzt flach, deshalb verlegte sie sich auf: „… wenn mir Flügel wachsen.“
Bas legte die Hand auf ihren Rücken, als wollte er es überprüfen. „Zarter Stoff.“
Sage griff nach einem Ärmel. „Stimmt. Wie kommen wir zu der Ehre, dich in einem hübschen, feinen Kleidchen zu sehen?“
„Wie komme ich zu der Ehre, euch so geleckt anzutreffen?“ Sie hob eine Augenbraue. Ihre Brüder trugen nichts Besonderes, nur Jeans, T-Shirts und Hemden. Aber jedes Stück war neu oder zumindest frisch gewaschen und gebügelt, sehr viel mehr Aufwand, als für ein Abendessen mit der Schwester notwendig gewesen wäre.
„Wir wollten noch tanzen gehen.“ Grey zwinkerte ihr zu. „Und du kommst mit.“
„Tatsächlich?“
„Ja. Wir brauchen dich als Köder für die Frauen.“
Und da Mercy nicht dagegen ankam, wenn sich ihre Brüder gegen sie verbündeten, würde sie mitspielen und mit den Teufeln tanzen gehen. Die Bedienung sah so traurig aus, als sie abzogen, dass Mercy einen Arm um Bas’ Hüfte legte und kopfschüttelnd sagte: „Man sollte euch verbieten, gemeinsam aufzutreten.“
Er legte den Arm um ihre Schultern. „Ich weiß nur, dass ich heute bestimmt irgendeinem eins auf die Pfoten geben muss, weil er sie auf dieses Kleid legt.“ Das klang, als würde es ihm auch noch Spaß machen.
Sie rief ihm nicht in Erinnerung, dass sie ganz gut allein mit solchen Typen fertig wurde. Bas war ihr Bruder – er konnte nicht anders, als den Beschützer heraushängen zu lassen. Genau wie Riley. Als hätte man einen Schalter bei ihnen umgelegt. Mercy konnte sich zurücknehmen, wenn es notwendig war, sie musste nicht den harten Knochen spielen. Tatsächlich hatte Bas schon mehr als einmal ihretwegen Leute verprügelt. Doch damit konnte sie umgehen.
Das Problem bei Riley war, dass er anscheinend nie nachgeben konnte. Sie wollte nicht nur Einblick in sein Seelenleben bekommen, wenn ihn Albträume quälten. Damit die Raubkatze in ihr ihm vertraute, musste er ihr auch –
„He.“ Bas kniff sie in die Schulter. „Wo bist du?“
Sie sah nach vorne, Grey und Sage schlenderten an den Schaufenstern entlang und sahen sich die Auslagen an. „Mir geht einiges im Kopf rum.“
Einen kurzen Moment sagte er nichts. „Wie heißt er?“
„Glaub bloß nicht,
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