Sengendes Zwielicht - Lady Alexia 05
oder stirbst.«
»Aye-aye, Captain.«
Mit diesen Worten gab er ihr einen leidenschaftlichen Kuss, sprang nackt aus dem Bett und verließ das Zimmer ziemlich spektakulär in Wolfgestalt über den Balkon. Alexia schlang die gewebte Decke um sich und durchschritt das Zimmer weit weniger überstürzt. Sie warf einen Blick hinaus, um zu sehen, ob sie ihn noch entdecken konnte, wie er durch die Straßen in Richtung Wüste davonhetzte, aber er war bereits außer Sicht. Es war Viertelmond, aber er war rastlos von dem mangelnden Auslauf an Bord, und er musste jagen. Sie bemühte sich, nicht daran zu denken, welches arme Wüstengeschöpf er am Ende fressen würde. Als Ehefrau eines Werwolfs musste man gewisse unappetitliche Aspekte einfach ignorieren.
Lady Maccon verspürte nur einen kleinen Stich der Besorgnis. Conall Maccon konnte zweifellos selbst auf sich aufpassen, und was Alexandria in Hülle und Fülle zu bieten hatte, waren streunende Hunde, und so würde man ihren Gatten nur einfach für eine sehr große Version davon halten.
Dergestalt beruhigt trank Alexia ihren Tee, der, wie sich herausstellte, gar kein Tee war, sondern das abscheulichste aller Getränke: Kaffee. Er wurde mit einer Menge Honig serviert, was ihn trinkbar, wenn auch nicht vollständig genießbar machte.
Anschließend gelang es ihr, sich anzukleiden. Für ihre Reise hatte sie sich eine hübsche beigefarbene Musselinbluse und einen passenden kleinen Bowler-Hut anfertigen lassen, mit einer staubwedelartigen Quaste aus braunen Federn. Die Bluse sollte bei heißem Wetter kühl sein und dennoch ihre Schicklichkeit wahren. Die Knöpfe auf der Rückseite bereiteten ihr einige Schwierigkeiten, und das Korsett darunter ließ sich überhaupt nicht eng genug schnüren, aber der drapierte braune Überrock und die bescheidene Tournüre ließen sich leicht anlegen.
Als Reaktion auf die Wüstenhitze ringelte sich ihr Haar zu großen Locken. Sie mühte sich eine Weile damit ab, dann dachte sie sich, dass sie schließlich auf Reisen war, wo man nicht alle Maßstäbe einhalten konnte, steckte es halbwegs hoch und ließ den Rest herumhängen, wie es wollte.
Unten war man bereits beim Abendessen, und so war der Eingangsbereich des Hotels leer, da sich alle Gäste auf die Speisen stürzten.
»Irgendwelche Nachrichten für Lady Maccon?«, fragte sie an der Rezeption.
»Nein, Mylady, aber da ist eine für einen Lord Maccon.«
Alexia nahm sie entgegen, bemerkte, dass die Handschrift keine war, die sie kannte, und dachte sich, dass es ein Bericht von BUR sein musste. Sie steckte den Brief in ihr Retikül.
»Könnten Sie einen Termin für eine Äthografen-Verbindung für mich arrangieren? Ich habe meine eigenen Röhrenfrequensoren, aber soweit ich weiß, gibt es nur einen öffentlichen Transmitter in der Stadt.«
»In der Tat, Mylady. Aus diesem Grund ist er auch ein wenig überlaufen, aber ich bin sicher, Ihre gesellschaftliche Stellung wird Ihnen den Zugang gewähren. Sie finden ihn am westlichen Ende des Ramleh Boulevards, gegenüber der Straße, die zur Börse führt.«
Alexia entschied, sich Ivy Tunstells Reiseführer ausborgen zu müssen, um diese Richtungsangaben zu verstehen, die sie sich in Gedanken notierte.
»Vielen Dank, guter Mann. Ich benötige eine Reservierung, um unmittelbar nach Sonnenuntergang Londoner Zeit eine Nachricht von hier nach England zu senden. Können Sie das für mich einrichten?«
»Gewiss, Mylady. Das dürfte etwa um sechs Uhr abends sein. Ich werde die Einzelheiten in Erfahrung bringen und den Termin für Sie vereinbaren.«
»Sie sind äußerst tüchtig.« Alexia, die Floote fürchterlich vermisste, gab dem Mann ein großzügiges Trinkgeld für seine Mühe und spazierte dann in den Speisesaal, um nachzusehen, ob schon irgendjemand von ihrer Reisegesellschaft anwesend war.
Ivy, Tunstell, das Kindermädchen und die Kinder waren bereits da und verbreiteten an einem der größeren Tische Unruhe. Prudence zockelte mit ihrem Marienkäfer umher und knallte auf höchst rücksichtslose Weise gegen die Stühle anderer Leute. Alexia war entsetzt über solches Verhalten. Was dachte sich das Kindermädchen nur dabei, den Marienkäfer in ein öffentliches Lokal mitzunehmen? Tunstell erklärte gerade mit großen ausladenden Gesten irgendeinem armen, bedauernswerten Touristen am Nachbartisch die spannende Handlung von Todesregen vom Schwanensee , Ivy regte sich wegen ihres Baedeker-Reiseführers auf, und das Kindermädchen war mit den
Weitere Kostenlose Bücher