Sengendes Zwielicht - Lady Alexia 05
ohnmächtig auf den Hals ihres Esels niederzusinken.
Lord Maccon brach in schallendes Gelächter aus, Prudence klatschte begeistert Beifall, und Madame Lefoux bahnte sich elegant ihren Weg zu einem nahe gelegenen Stand, wo sie eines der von den Einheimischen bevorzugten Gewänder kaufte, das Tunstell mit all der Begeisterung und Liebenswürdigkeit eines Schauspielers anlegte, der es gewohnt war, in merkwürdiger Aufmachung vor großem Publikum aufzutreten.
Ivy erwachte aus ihrer Ohnmacht, bemerkte, dass ihr Gatte nun etwas trug, das einem Kleid sehr ähnelte – und das in aller Öffentlichkeit –, und verlor erneut das Bewusstsein. Der Esel unter ihr ließ ihr theatralisches Gehabe gefasst und unbeeindruckt über sich ergehen.
Conall lehnte einen Esel als Transportmittel ab, ebenso wie ihr vampirischer Dragoman. Das hatte seinen Grund, denn auch ein Esel, so genügsame Geschöpfe sie auch waren, ängstigte sich vor einem Werwolf oder Vampir. Und diese Furcht war nach Lord Maccons Meinung durchaus berechtigt, vor allem im Augenblick, nach zehn Tagen auf See ohne lebendes Fleisch. Außerdem waren seine Beine zu lang für so ein kleines Geschöpf; seine Füße wären links und rechts über den Boden geschleift. Also gingen er und der Dragoman an der Spitze der Gruppe und unterhielten sich miteinander. Allerdings war diese Unterhaltung sehr gezwungen, was nichts damit zu tun hatte, dass sie aus verschiedenen Kulturen stammten, sondern allein daran lag, dass der eine ein Werwolf und der andere ein Vampir war.
Während sie die Straße entlangzockelten, wurde deutlich, dass sie für Alexandria ein ebenso großes Spektakel darstellten wie Alexandria für sie. Die große Hafenstadt hatte in den letzten paar Jahrzehnten viel Aufmerksamkeit erhalten, und die britische Armee besuchte sie regelmäßig, aber hohe Lords und Ladys, kleine blasse Kinder und englische Schauspielertruppen waren hier sehr, sehr selten und demzufolge ziemlich faszinierend.
Viele Ägypter kamen, um sie zu sehen. Die Einheimischen zeigten voller Interesse auf die Hüte der Ladys, die Zylinder der Gentlemen, Alexias Sonnenschirm und die merkwürdigen Formen der Gepäckstücke mit der Garderobe und den Requisiten, so als wären sie eine Art Zirkus, der eine Parade aufzog.
Alexia nahm den Anblick der Stadt im schwachen Licht des Abends in sich auf. Viel zu früh für ihren Geschmack erreichten sie ihre Unterkunft, und sie konnte den nächsten Tag kaum erwarten, an dem sie Ägypten in all seiner Pracht würde bestaunen können.
Erneut kam das zu erwartende Chaos, als sie nach viel Diskussion und dem Wechsel von Geldbeträgen eine einzige Etage des Hotels bezogen. Die Damen begaben sich auf ihre Zimmer für Tee und Ruhe, die Kinder wurden für ein Nickerchen schlafen gelegt, und die Gentlemen zogen sich entweder in die am nächsten gelegenen Badehäuser oder den Rauchsalon des Hotels zurück, je nachdem, wie es ihrer jeweiligen Natur entsprach.
Lord Maccon half seiner Frau beim Auskleiden und zog nur eine Augenbraue hoch, als ihr ein Revolver aus dem Korsett plumpste und klappernd zu Boden fiel. Man gewöhnte sich an solche Dinge, wenn man mit Alexia verheiratet war. Dann machte er sich erneut mit jedem Aspekt ihres Körpers vertraut, als hätte er das nicht gerade erst an diesem Morgen an Bord der Custard getan. Alexia stürzte sich von ganzem Herzen in diese Aktivität, da sie schon früh in ihrer Ehe erkannt hatte, dass sie selbst diese Übungen sowohl vergnüglich als auch unterhaltsam fand. Außerdem war sie danach im Allgemeinen entspannt und mit der Welt zufrieden.
Nicht so ihr Ehemann. Nicht in dieser speziellen Nacht, denn selbst, als er neben ihr in dem – wie sich herausgestellt hatte – ziemlich belastbaren Bett lag, war er etwas … nun, zappelig umschrieb es wohl am besten.
»Conall, Liebster, was ist denn los?«
»Fremdes Land«, antwortete er knapp.
»Und deine Wolfnatur muss es erst erkunden und das Revier abstecken?«
»Ganz genau.«
»Nun«, sagte sie und lächelte ihn aufmunternd an, »dann geh schon. Wir kommen schon ein paar Stunden ohne dich zurecht.«
»Bist du dir ganz sicher, mein Liebes?«
»Ja, ganz sicher.«
»Du versuchst nicht, mich loszuwerden?«
»Aber, Conall, warum sollte ich denn so etwas wollen?«
Er brummte etwas.
»Du wirst doch achtgeben, ja?«
»Achtgeben wovor genau?«
»Ach, ich weiß nicht. Wir sind gerade erst angekommen. Ich würde es sehr vorziehen, dass du nicht gleich verloren gehst
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