Sengendes Zwielicht - Lady Alexia 05
Zollangelegenheiten sicher zu Ihrem Hotel geleiten. Ihre Audienz und die Aufführung habe ich zu einem späteren Zeitpunkt heute Abend geplant. Falls das nicht zu früh ist?« Er sah die Schauspieler um ihn herum an. »Das ist die berühmte Truppe, wie ich annehme?«
Ivy und Tunstell drängten sich nach vorn.
»Jawohl, Kanzler, in der Tat«, antwortete Alexia. »Das hier sind Mr und Mrs Tunstell, Eigentümer, Darsteller und Künstler der Extraklasse. Ihre Königin erwartet ein Hochgenuss.«
Tunstell verbeugte sich, und Ivy machte einen Knicks. »Sie möchte das Stück sofort sehen?«, sagte Ivy. »Dann ist es ja gut, dass wir auf der Reise bereits geprobt haben.«
Der untersetzte Mann warf einen Blick auf Ivys Hut und Tunstells Hosen. Ivy hatte sich für einen grauen Filzhut entschieden, mit einer stählernen Bordüre um die Krone und mit einer langen grauen Feder und einer hochgeschlagenen Krempe. Darunter war ein Turban aus gestreiftem feinem Seidentwill, den sie um den Kopf gewickelt hatte und der über dem linken Ohr eine Schleife bildete und im Nacken in einer Fransenborte endete. Zweifellos fand Ivy, dass der Hut dem ägyptischen Sinn für Ästhetik entsprach, und es war ihre Art und Weise, ihr Gastland zu würdigen. Alexia allerdings befürchtete, dass ihre Freundin mit dieser Einschätzung ein klein wenig danebenlag, während sie die Bauern und Hafenarbeiter um sie herum betrachtete, die ihren unterschiedlichen Arbeiten nachgingen. Tunstells Hosen waren natürlich in einem sehr aufdringlich gemusterten Schottenkaro in Lila und Petrol und beinahe so eng wie eine zweite Haut.
Man führte sie in das Zollhaus und gestattete ihnen, Platz zu nehmen. Trotz ihrer Einwände mussten sie anschließend Zeuge werden, wie ihre Taschen, Hutschachteln und Koffer geöffnet und der Inhalt ausgiebigst untersucht wurde. Der Dragoman erklärte ihnen, dass es am besten wäre, nicht zu protestieren, und dass man alles wieder einpacken würde, mit Ausnahme von Schmuggelware natürlich. Offensichtlich suchte man vorzugsweise nach Zigarren und Kautabak, die hohen Zollgebühren unterlagen. Prudence hielt den Sonnenschirm fest umklammert. Niemand würdigte ihn eines zweiten Blickes. Außerdem überprüfte niemand die Hüte der Gentlemen, wo, wie Alexia keinen Zweifel hegte, ihr Gatte seine Sundowner-Waffe und Madame Lefoux ihre noch schändlicheren Gerätschaften versteckt hatten.
Allerdings verursachte Madame Lefoux’ Hutschachtel voller Werkzeug und geheimnisvoller Erfindungen doch einiges an Verwirrung – bis die Französin mit ihrer üblichen Gelassenheit Papiere vorlegte, die besagten, dass sie mit spezieller Befugnis des Paschas an den Wasserpumpen von Asyut arbeiten würde. Die Beamten schienen entweder nicht zu bemerken, dass sie es mit einer Frau zu tun hatten, die sich nur wie ein Mann kleidete, oder es schien sie nicht zu interessieren. Der Vampirdragoman sprach sie mit »Mister Lefoux« an und behandelte sie wie einen Mann, doch er nannte sie zudem auch immer wieder einen Hawal, was immer das bedeuten mochte.
Ivys viele Hüte und einige der Requisiten und Kostüme wurden einer genauen Überprüfung unterzogen, bis der Dragoman ausschweifend Königin Matakaras Wunsch nach einer Theateraufführung erklärte. Zumindest nahm Alexia an, dass es das war, was er tat, denn danach erlaubte man ihnen endlich zu gehen. Einer der jüngeren Beamten war besonders angetan von einem von Ivys Hüten, einem großen Ding aus Stroh mit Seidenfrüchten, Weintrauben, Erdbeeren und einer großen gestrickten Ananas, doch er schien ihn weniger verdächtig als vielmehr faszinierend zu finden. Schließlich nahm Alexia ihren eigenen Hut ab, eine praktische kleine Mischung aus Bowler und Tropenhelm, und setzte sich das Früchteding auf, um seine ordnungsgemäße Verwendung zu demonstrieren.
Das verursachte bei dem fraglichen Zollbeamten lang anhaltendes Gekichere, und sie wurden mit viel Wohlwollen und guter Laune fortgewunken. Schnell wechselte Alexia ein Wort mit Ivy, und nachdem sie ihr Ersatz versprochen hatte, schenkte sie dem fraglichen Gentleman kurzerhand den Hut. Lachend setzte er ihn sich auf den eigenen turbangeschmückten Kopf, dann verbeugte er sich und küsste Lady Maccon die Hand. Alexia hatte das eindeutige Gefühl, dass sie gerade einen Verbündeten fürs Leben gewonnen hatte.
Die Straße draußen bot ein völlig anderes Bild als der Hafen. Es wimmelte vor Menschen. Die Leute sprachen und benahmen und kleideten sich, wie
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