Sengendes Zwielicht - Lady Alexia 05
fließenden Bewegungen. Alexia hoffte jedenfalls, dass es nicht von all der Farbe im Gesicht der Drohne herrührte, denn sie wollte nicht, dass sich ihre Tochter all diese üblichen weiblichen Marotten aneignete. Jegliche diesbezügliche Ausbildung würde Alexia jedenfalls Lord Akeldama überlassen.
»Willkommen im Haus Alexandria, Stehler der Seelen. Wir hatten noch nie zuvor das Vergnügen, Ihre Art bei uns zu empfangen.«
»Denk an deine Manieren, Liebes«, ermahnte Alexia ihre Tochter ohne allzu viel Hoffnung.
Doch Prudence erwies sich der Aufgabe als überraschend gewachsen. »Sehr erfreut«, sagte sie sehr deutlich und sah die Drohne direkt an.
Mit hochgezogenen Augenbrauen wechselten Alexia und Conall einen Blick. Fein , dachte Alexia, die Kleine ist nicht auf den Mund gefallen.
Die Drohne trat beiseite und bot ihnen mit einem anmutigen Wink die beiden leeren Plätze auf dem Diwan neben Kanzler Neshi an. »Bitte setzen Sie sich. Die Königin wünscht, dass die Aufführung unverzüglich beginnt.«
»Oh«, protestierte Ivy, »aber sie ist nicht hier! Sie wird den ersten Akt verpassen!«
Tunstell legte seiner Frau einen Arm um die Taille und zog sie mit sich in eine Ecke des Raumes, um sich dort vorzubereiten.
Die Drohne klatschte in die Hände, und ein weiteres Mal erschienen Dutzende von Dienern. Mit ihrer Hilfe gelang es den Schauspielern, eine Hälfte des Raums in eine Bühne zu verwandeln und den Durchgang abzuschirmen. Sie ließen die Diener sämtliche der zahlreichen Fackeln und Lampen in die vordere Hälfte des Raums bringen, was die andere Hälfte, wo Drohnen und Vampire in vollkommener Stille saßen, in unheimliche Dunkelheit tauchte.
Der Todesregen vom Schwanensee war kein Stück, das sonderlich gewann, wenn man es zum zweiten Mal sah. Dennoch hatten Ivys und Tunstells Possen etwas Ansprechendes, wenn nicht sogar Unterhaltsames an sich. Mr Tumtrinkle tänzelte seinen teuflischen Tanz, zwirbelte seinen niederträchtig falschen Schnurrbart und wirbelte äußerst bedrohlich seinen gewaltigen Umhang. Der Werwolf-Held Tunstell schritt auf und ab, wie immer in Hosen, die Gefahr liefen, über seinen muskulösen Schenkeln aufzuplatzen, dann eilte er zur Rettung der Angebeteten und bellte viel.
Ivy fiel in Ohnmacht, wann immer es Grund zur Ohnmacht gab, und schwebte schwanengleich mit Hüten von solchen Proportionen umher, dass es ein Wunder war, dass ihr Kopf unter dem Gewicht nicht wie ein Soufflé in sich zusammenfiel. Die Nebendarsteller waren natürlich zahlenmäßig stark dezimiert und spielten sowohl Vampire als auch Werwölfe, je nachdem, was das Stück gerade verlangte. Um Zeit zu sparen, trugen sie – unabhängig davon, welche Rolle sie im Augenblick darstellten – sowohl ihre falschen Fangzähne als auch die großen zottigen Ohren, die mit rosa Tüllschleifen am Kopf festgebunden waren, ein Umstand, der nicht unbedingt zur Verständlichkeit des Stücks beitrug.
Der Hummeltanz wurde ein voller Erfolg. Die Vampire und Drohnen waren von dem Spektakel regelrecht hypnotisiert. Alexia fragte sich, ob die Allegorie wohl an sie verschwendet war oder ob sie – wie Alexia selbst – Sinn fürs Lächerliche hatten. Außerdem hatten bisher nur Kanzler Neshi und die schöne Drohne gesprochen, deshalb war es auch möglich, dass keiner der anderen auch nur ein Wort Englisch verstand.
Am Ende kehrte Vampirkönigin Ivy nach jeder Menge Trennung und Leid in Werwolf Tunstells Arme zurück, und alles löste sich in Wohlgefallen auf. Die Diener brachten zusätzliche Fackeln herein, um den Raum mit einem orangefarbenen Schein zu erfüllen.
Alexia und die Schauspieler warteten mit angehaltenem Atem. Und dann … oh, und dann sprangen die versammelten Vampire und Drohnen auf, schrien laut vor Bewunderung und stießen in einer gewaltigen Kakophonie vibrierenden Klangs trillernde Laute aus, die nur absoluten Beifall bedeuten konnten. Alexia beobachtete sogar, dass sich der eine oder andere eine Träne der Rührung aus den Augen wischte, und die schöne Drohne mit den erstaunlich dunklen Augen weinte unverhohlen.
Die Drohne sprang auf und eilte nach vorn, um Ivy und Tunstell mit offenen Armen zu beglückwünschen. »Das war wundervoll! Wundervoll! Noch nie zuvor haben wir eine solche Vorstellung gesehen. So komplex, so brillant! Dieser Tanz mit den gelben und schwarzen Streifen, der so vollkommen die Gefühle der Unsterblichkeit zum Ausdruck bringt, wie Worte es niemals auch nur ansatzweise könnten. So
Weitere Kostenlose Bücher