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Sengendes Zwielicht - Lady Alexia 05

Sengendes Zwielicht - Lady Alexia 05

Titel: Sengendes Zwielicht - Lady Alexia 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gail Carriger
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Fortbewegungsmitteln wuchs stetig.
    Das Haus der Alexandria-Vampire lag abseits der Rue Ibrahim, mit Blick auf Port Vieux auf der östlichen Seite der Stadt. Das Gebäude hatte eine griechisch anmutende Fassade und bestand aus zwei Stockwerken, wobei das Erdgeschoss weit auseinanderstehende große Marmorsäulen aufwies und das Stockwerk darüber eine offene Kolonnade aus kleineren Stützsäulen in einem einzigen langen Balkon präsentierte. Das Innere hingegen entsprach Alexias Vorstellungen der berühmten in den Felsen gehauenen Grabmäler im Tal der Könige. Es gab türlose Durchgänge, die von einem Vestibül fortführten, und der Fußboden war mit gewebten Schilfmatten ausgelegt. Überall standen Basaltstatuen von antiken Gottheiten mit Tierköpfen herum wie Wachposten auf einem Maskenball. Die Wände waren mit weiteren Tiergöttern bemalt und zeigten leuchtend bunt und wunderschön dargestellte Mythen. Hier und dort befanden sich Möbelstücke aus geschwungen geschnitztem Holz, aber von ziemlich primitiver Form und ohne weitere Ausschmückung.
    Die absolute Kargheit und das Fehlen von Opulenz waren beinahe ebenso ehrfurchtgebietend wie die Überfülle an Reichtümern, die so charakteristisch für die Vampire in Alexias Heimat war. Dieser Vampirstock hier wusste, dass sein Reichtum schlicht und einfach in der Welt bestand, die er geschaffen hatte, und nicht in den Gegenständen, die er hatte anhäufen können.
    Die Tunstells und ihre Truppe folgten Lord und Lady Maccon ins Innere und blieben in ehrfürchtigem Schweigen stehen, da die Atmosphäre sogar sie für kurze Zeit überwältigte.
    Kanzler Neshi klatschte laut in die Hände – Ivy zuckte zusammen und stieß ein kleines, überraschtes »Du meine Güte!« aus –, woraufhin gut zwanzig Diener durch eine der Türöffnungen auf sie zuliefen, allesamt gut aussehende, dunkeläugige junge Männer, die der Schicklichkeit halber weiße Lendenschurze und sonst nichts trugen. Jeder von ihnen kauerte sich erwartungsvoll zu Füßen eines der Besucher.
    Alexia warf einen Seitenblick auf Kanzler Neshi und begriff mit einigem Entsetzen, dass die jungen Männer ihnen die Schuhe beziehungsweise Stiefel ausziehen wollten.
    Die Gentlemen, von denen ein jeder den Zylinder abgenommen hatte, setzten sich die Hüte hastig wieder auf den Kopf und sahen Alexia aus großen Augen an. In der Erkenntnis, dass sich alle nach ihrem Vorbild richten würden, hob sie ihren Fuß auf das Knie des jungen Mannes und gestattete ihm, ihre braunen Spazierstiefel aufzuschnüren und von ihrem Fuß zu streifen.
    Lady Maccons Beispiel folgend ließ sich die ganze Gesellschaft ihres Schuhwerks entledigen. Alexia erschauderte, als sie sah, dass ihr Gatte keine Strümpfe trug und die von Tunstell nicht zusammenpassten. Nur Prudence freute sich darüber, die Schuhe ausgezogen zu bekommen, da sie ohnehin lieber barfuß herumlief.
    Kanzler Neshi eilte geschäftig davon, vermutlich um ihre Ankunft zu verkünden. Im nächsten Moment unterbrach Mrs Tunstell das gedämpfte Schweigen, indem sie erschrocken rief: »Ach, du liebe Güte, seht euch doch mal diese Gotteskreatur dort an! Ihr Kopf besteht ja aus nichts als einer einzigen Feder!«
    »Ma’at«, erklärte Alexia, die ein besonderes Interesse an antiker Mythologie hatte. »Die Göttin der Gerechtigkeit.«
    »Man könnte sie vielleicht auch Federkopf nennen«, schlug Tunstell vor, was allgemeine Heiterkeit hervorrief. Der Fluch der antiken Welt um sie herum war gebrochen.
    Kanzler Neshi kehrte zurück.» Sie ist jetzt bereit, Sie zu empfangen.«
    Er führte sie über eine Treppe aus kalten Steinstufen hinauf in den ersten Stock des Hauses, wo sich noch mehr kühle, dunkle, fensterlose Steinzimmer befanden, die wie Grabmäler wirkten und von Fackeln erleuchtet wurden. Vom oberen Vestibül aus wurden sie einen langen Gang entlanggeführt, an dessen Ende man durch einen kleinen offenen Durchgang in einen gewaltigen Raum gelangte. Er war zweifellos groß genug, um darin ein Theaterstück aufzuführen.
    An der Wand direkt gegenüber des Durchgangs erstreckte sich eine Reihe niedriger hölzerner Diwane mit roten Kissen. Der Fußboden war mit aufwendig gewebten Schilfmatten ausgelegt, und auch die Wände hier waren bemalt, und das auf ähnliche Weise wie unten, allerdings zeigten sie aktuellere Ereignisse, von der türkischen Invasion bis zu der Einführung westlicher Technologie, vom großen Muskatnuss-Aufstand bis hin zum Antiquitätenhandel und Tourismus.

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