Sensation in der Manege
Kostüm ziehe ich sowieso aus, ich hab meine Jeans und einen Pulli mitgenommen. Schließlich war ich auf Feiern eingestellt!“ Bille, Bettina und Tom fuhren los, und als sie in Groß-Willmsdorf vor dem Stall hielten, erwartete sie bereits der Tierarzt. Steifbeinig hinkten die Ponys in ihre Boxen und wurden einer nach dem anderen gründlich untersucht.
„Achmed, hol schon mal die essigsaure Tonerde aus dem Arzneischrank“, bat Bille den türkischen Stallhelfer, der entsetzt auf Luckys Bein starrte. „Wir müssen Umschläge machen.“
„Ja, wir müssen sehen, daß wir erst mal den Bluterguß wegbringen“, sagte Dr. Dörfler, „dann reden wir weiter. Ich glaube, der Schock ist größer als die Verletzung. Ich gebe ihr eine Spritze, und sie bekommt Umschläge, bis die Schwellung zurückgegangen ist. Mach dir keine Sorgen, ein paar Tage Ruhe für alle, und die Sache ist vergessen. Ich schaue auf jeden Fall morgen wieder vorbei.“
Dr. Dörfler schien recht zu behalten. Schon am übernächsten Tag war Zottel, Bongo und Rumpelstilzchen von dem Abenteuer kaum noch etwas anzumerken. Luckys Schürfwunde auf dem Rücken war fast verheilt, und die Schwellung ging deutlich zurück. Trotzdem schien die Stute starke Schmerzen zu haben, so daß ihr der Tierarzt einen Salbenverband machte.
„Wir müssen Geduld haben, das dauert schon noch ein paar Tage.“
Am nächsten Tag wurde Achmed krank. Seit einiger Zeit war er stark erkältet gewesen und hatte gehustet, aber alle Ermahnungen, zum Arzt zu gehen, hatte er energisch von sich gewiesen. Nun hatte er fast vierzig Fieber, und Ignaz der Schreckliche packte ihn kurz entschlossen ins Auto und fuhr ihn ins Krankenhaus. Lungenentzündung, hieß es, und man behielt ihn gleich da.
Johnny der Indianer war nicht der Mann, der seine Arbeitsstunden nachzählte oder auf geregelter Freizeit bestand — ohne ein Wort zu verlieren, übernahm er Achmeds Arbeit mit. So kam es, daß er nicht viel Zeit fand, sich um Lucky zu kümmern. Er massierte sorgsam den verletzten Fuß, gab von seiner Spezialsalbe auf die kranke Stelle, sprach ihr Mut zu und ließ sie in Ruhe. Hin und wieder nahm er sie am Halfter und führte sie vorsichtig prüfend ein Stück, aber da er sah, daß sie immer noch lahmte und ihr das Laufen Schwierigkeiten machte, führte er sie bald zurück in die Box.
„Mußt Geduld haben, Mädchen, das wird schon wieder.“
Er streichelte ihr den Kopf, kraulte ein wenig die Mähne, aber seine Gedanken waren bei der Arbeit. Er hatte keine Zeit, der kranken Isländerstute lange Gesellschaft zu leisten.
Die Schüler des Internats schauten täglich nach Lucky, brachten ihr Leckerbissen und trösteten die Stute, die schicksalsergeben, ohne sich zu rühren, mit hängendem Kopf in der Box stand und alle Freude am Leben verloren zu haben schien.
Die Schmerzen in Luckys Bein — dem man äußerlich nichts mehr ansah — schienen nicht besser zu werden. Lucky wurde zum Röntgen gefahren. Bille begleitete Reitlehrer Toellmann zur Tierklinik, da Johnny im Stall gebraucht wurde. Schwerfällig stolperte Lucky vorwärts, jeder Schritt schien ihr Mühe zu bereiten. Doch geduldig ließ sie alles mit sich geschehen.
Als der Tierarzt die fertige Aufnahme gegen das Licht hielt, schüttelte er den Kopf.
„Alles in Ordnung, es ist absolut nichts zu sehen. Schauen wir uns mal die anderen Beine an.“
Aber auch die Aufnahmen der anderen Beine gaben keinen Aufschluß über den Grund von Luckys Lahmheit. Kein krankhafter Befund, alles normal, war das Urteil.
„Was kann es denn nur sein?“ Bille kraulte Lucky zärtlich das Fell. „Sie kann doch unmöglich noch unter dem Schock leiden? Man sieht ja, daß sie beim Laufen Schmerzen hat!“ Weiter beobachten, hieß es. Salbenverbände. Vielleicht würde Bestrahlung nützen? Und immer wieder vorsichtig ein bißchen führen...
Zu Hause wälzte Bille alle Bücher und Lexika, in denen etwas über Pferdekrankheiten und Verletzungen stand. War es ein Kronen tritt? Hatte sich eine Hufrollenentzündung entwickelt? Die war unheilbar, damit wäre Luckys Schicksal besiegelt. Oder doch eine Sehnenscheidenentzündung? Nageldruck konnten sie ausschließen, auch eine Infektion konnte es nicht sein. Lucky war absolut nichts anzusehen, sie machte äußerlich den Eindruck eines gesunden Pferdes. Das Ganze war ein Rätsel.
Auch in den folgenden Tagen besserte sich Luckys Zustand nicht, im Gegenteil.
„Es hat keinen Sinn, Bille“, sagte Herr Tiedjen, als sie
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