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Sensation in der Manege

Sensation in der Manege

Titel: Sensation in der Manege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Caspari
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eine Ewigkeit. Endlich lachte der Indianer leise und begann Lucky zu streicheln und zu kraulen. Seine Hand tastete vorsichtig den Hals hinauf, dann stand er auf und befühlte sacht ihren Rücken.
    Plötzlich bäumte sich die Stute auf und schrie. Bille erschrak so, daß sie entsetzt hochfuhr. Der Indianer lachte zufrieden.
    „Da ist es also. Warte, mein Mädchen, das kriegen wir bald in Ordnung ! In drei Tagen bist du gesund — ich rufe gleich den Doktor an.“
    Der Indianer verließ die Box, und Bille folgte ihm benommen.
    „Komm, wir haben keine Zeit zu verlieren. Wir müssen den Tierarzt anrufen. Und dann fahren wir noch mal in die Klinik mit ihr.“
    „Jetzt? In der Nacht? Da werden sie nicht besonders glücklich sein. Was ist denn los?“
    „Das wirst du gleich hören.“
    Der Indianer ging zum Stalltelefon, schaltete das Licht an und wählte die Nummer Dr. Dörflers.
    „Hallo, Doktor, entschuldigen Sie die Störung, aber es ist wichtig. Johnny ist hier, Johnny aus Groß-Willmsdorf. Es geht um die Isländerstute. Ich hab’s gefunden. Es sind nicht die Beine! Ein Splitter ist es, ein Holzsplitter neben der Wirbelsäule! Er muß eingedrungen sein, als die Plakatwand über ihren Rücken schrammte. Die kleine Schürfwunde, Sie erinnern sich. Ist längst verheilt, man sieht nichts davon, aber der Splitter steckt drin und bereitet ihr die Schmerzen. Woher ich das weiß? Sie hat es mir erzählt.“
    Wie skeptisch der Tierarzt auch sein mochte, seine Neugier siegte. Lucky wurde noch einmal zum Röntgen gefahren und tatsächlich — es war, wie Johnny gesagt hatte. Der Splitter wurde herausoperiert, und nach wenigen Tagen war Lucky wieder völlig gesund.
    Niemand außer den Beteiligten erfuhr davon, Johnny wollte nicht, daß darüber gesprochen wurde. Aber Bille war es, als sei sie in dieser Nacht mit unerwartetem Reichtum beschenkt worden.

Eine Überraschung für Bille

    Die sonnigen Spätherbstwochen machten über Nacht dem Winter Platz. Sturm und Schneeregen fegten über die Felder und erinnerten daran, daß in wenigen Wochen Weihnachten war. Im Internat begann man sich den Kopf über Geschenke und Bastelarbeiten zu zerbrechen, der Chor suchte die Noten von Hirtenliedern und Advents-Chorälen heraus und probte ein weihnachtliches Singspiel.
    Überall wurde eifrig diskutiert, wie man die Adventszeit im Reiterinternat Groß-Willmsdorf gestalten sollte. Eine Nikolausfeier? Ein Julklapp? Wie wär’s mit einem Wettbewerb um den schönsten Adventsschmuck, das am hübschesten dekorierte Zimmer? Und wie sollte der Elternbesuchstag gefeiert werden? Gab es vielleicht vergessene weihnachtliche Bräuche, die man zum Leben erwecken konnte? Gar solche, in denen Pferde eine Rolle spielten?
    Zur gleichen Zeit vergrößerte sich die Anspannung im Schulunterricht. Die ersten Zeugnisse standen vor der Tür. Wer sich bis jetzt das Leben leichtgemacht hatte, begann zu pauken, was das Zeug hielt. Arbeitsgemeinschaften fanden sich zusammen, Nachhilfelehrer waren höchst begehrt. Auf Ausritten hörte man die Vokabeln wie Beschwörungsformeln flüstern, und beim Putzen oder Füttern fragte man sich Grammatikregeln oder Physiklehrsätze ab.
    Ignaz der Schreckliche machte seinem Namen nun wieder alle Ehre und nahm seine Schüler hart an die Kandare. So sehr sie seine Qualitäten als Reiter und Pferdenarr schätzten, als Lehrer fürchteten ihn alle, seine Ironie, seine spitzen Bemerkungen, seine Röntgenaugen, denen auch nicht die kleinste Mogelei entging. Manche behaupteten sogar, er könne hellsehen, da er mit Sicherheit denjenigen aufrief, der seine Lektion nicht oder nur schlecht gelernt hatte. Trotzdem mochten ihn die Schüler.
    Bei so viel anstrengender Arbeit brauchte man einen Ort, an dem man sich zusammenfinden konnte, wenn man einer Aufmunterung bedurfte. Dieser Ort war das Zimmer des Indianers. Johnny, an Enge gewöhnt, hatte nichts dagegen, wenn Besucher Schulter an Schulter dichtgedrängt bei ihm auf dem Fußboden saßen, Tee tranken, Nüsse, Äpfel und Plätzchen vertilgten, die sie in großen Mengen bei ihm anschleppten, und seinen Geschichten lauschten. Manchmal spielte er auch auf seiner Gitarre und sang mit heiserer, fremdartiger Stimme Lieder in Sprachen, die sie nicht kannten, Lieder, die an weite Steppen und einsame Berglandschaften erinnerten.
    Aber meistens mußte er vom Zirkus erzählen, von den Ländern und Städten, durch die er gereist war, von klugen Dressurpferden und gefährlichen Raubtiernummern, von

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