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Sense

Sense

Titel: Sense Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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einem Tränchen begleiteten Geschichten glauben durfte, lauter außerordentlich maskulin wirkende sexuelle Luftnummern. »Erinnerst du dich noch an den stark behaarten Gebrauchtwagenhändler?«
    »Den Exhibitionisten?«
    Hatte die unangehme Angewohnheit, sich mitten im Gespräch an die Hose zu greifen, um sein Glockenspiel neu zu ordnen. Wurde in einem Park verhaftet.
    »Oder den Rastaman?« Den hatte sie sich aus dem Urlaub mitgebracht. Lag den lieben langen Tag kiffend in ihrer Badewanne.
    »Der keinen Satz ohne eine Anspielung auf seinen >Big Bam-boo< zustande brachte?«
    War dann abends regelmäßig zu weggetreten, um noch viel damit anfangen zu können.
    »Was ist aus dem eigentlich geworden?«
    »Sie hat ihm ein Flugticket nach Addis Abeba gekauft. Er wollte unbedingt einmal Haile Selassies Grab besuchen.«
    »Haile Selassie? Haben sie den nicht in Paris verscharrt?«
    »Doch.«
    »Aber?«
    »Aber das hat sie ihm nicht gesagt.«
    »Wohin genau in Bochum?« Der Anlasser orgelte und orgelte und orgelte, was Drago in seinem Türeingang in pures Entzük-ken versetzte. Nicht, dass ich hingesehen hätte. Nein, ich starrte geradeaus, wie man das so macht, während ich innerlich kochte und äußerlich das Gas pumpte und der Motor Geräusche von sich gab wie sechs Orientalen, die zusammen an einer Wasserpfeife saugen und von denen einer sich schlimm am Rauch verschluckt hat.
    »Gleich neben der Bahn. Ein Grieche. Ich zeig's dir.«
    Endlich zündete das Gemisch, der Crown furzte eine Wolke und hob die Nase. Ab ging's.
    Sascha, dachte ich, bleib, wo du bist. Wir kommen.
    Der nächste Uniformierte, der hereinschneite, war schon älter, feist, mit einem Kinn wie ein DocMartens-Stiefel und einem richtigen Killer von einem Blick. Obwohl ich mir, jetzt mal ehrlich, keiner Schuld bewusst war, schien ich ihm persönlich etwas angetan zu haben, das nur mit Blut wieder gutzumachen war. Sein Schnellhefter war bläulich mit einem Stich ins Türkise, und er hielt ihn in einem Würgegriff unter die Achsel geklemmt. Vertraulich nahm er Menden beiseite, gönnte ihm einen verstohlenen Blick in den Hefter und raunte ein Weilchen herum, bis Menden aufsah und sagte: »Aber sicher. Eine Frage, die uns selbst brennend interessiert. Also bitte schön: Er gehört Ihnen.«
    Wobei er, als hätte ichs geahnt, auf mich deutete. »Kristof Kryszinski«, stellte er mich vor, »und das hier ist Polizeiobermeister Krüger.« Ich blickte in zwei kleine, harte Augen und dann fragend zu Menden, der mit einem millimeterdünnen Ansatz zu einem wissenden Lächeln hinzufügte: »Von der Fahrbereitschaft.«
    Und plötzlich beschlich mich etwas.
    »Kommen Sie mal, kommen Sie mal rüber!« Krüger winkte mir energisch mit seinem Stahlkappenkinn, ihm an Mendens Fenster Gesellschaft zu leisten. »Sehen Sie sich das an!«
    Ich stand auf, ging rüber und folgte der Richtung seines energisch zeigenden Zeigefingers. Unten im Hof parkte ein Opel Vectra in Grün und Weiß, mit zwei blauen Lampen auf dem Dach.
    »Dieses Fahrzeug wurde erst gestern Morgen um 6 Uhr 30 Uhr in Betrieb genommen. Es ist praktisch funkelnagelneu.«
    In grün, weiß und rot, sollte ich vielleicht, der Vollständigkeit halber, hinzufügen.
    »Oder besser, war funkelnagelneu. Bis am gleichen Morgen gegen 8 Uhr 03 auf dem Eppinghofer Bruch in Höhe der Eisenbahnüberführung ein PKW mit, wie Zeugen berichteten, >wahnsinniger< Geschwindigkeit bei nasser Fahrbahn aus der Kurve getragen wurde, auf voller Breite gegen unser Einsatzfahrzeug schleuderte, die Kollegin am Steuer mit einem Schleudertrauma und im Schockzustand ins Krankenhaus beförderte und am Einsatzfahrzeug einen Schaden von ca. DM 12000.- verursachte. Bevor es, ohne auch nur einmal kurz zu stoppen, mit unvermindert hoher Geschwindigkeit davonfuhr.«
    Unter anteilnehmendem Zungenschnalzen hob ich den Blick von dem verschrammelten Opel, sah Krüger gerade in die aus Schlitzen funkelnden Glasmurmeln und sagte: »Bestimmt besoffen gewesen, der Typ.«
    »Woher wissen Sie, dass ein Mann den Wagen gesteuert hat?!«, schnappte er, mächtig erfreut, mich so schnell so fest am Wickel zu haben.
    »Na«, gab ich mit einem halb verlegenen Grinsen zu, »klar hab ich zuerst >War bestimmt 'ne Frau am Steuer< sagen wollen, doch das darf man ja heutzutage nicht mehr. Ist ja chauvinistisch.«
    »Aber es war ein Mann am Steuer. So viel ist sicher.« »Und politisch unkorrekt.«
    »Und bei dem Fahrzeug handelte es sich mit an Sicherheit grenzender

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