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Sense

Sense

Titel: Sense Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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darum herumzukommen, mich wirklich zu entschuldigen. Kann ich nur schlecht.
    »Bist du sicher?«, fragte Drago süffisant und wackelte damit leicht an meiner Fassade.
    »Billard?«, fragte Bernhard dazwischen, stieg von seinem Hocker und blickte von einem zum anderen. Ich schüttelte den Kopf, doch Drago nickte. Allerdings ohne den Blick von mir zu wenden.
    »Wie meinst du das?« Ich verstand seine Frage ehrlich nicht.
    »Na, ich weiß doch schon lange, dass du und Schutzi was miteinander habt.«
    Meinte er das ernst? Wenn wir uns alle gegenseitig für schwul hielten, sollten wir uns möglicherweise mal zusammensetzen und die Sache in Ruhe besprechen. In der Sauna vielleicht.
    »Also, versuch nicht noch mal, mich anzubaggern, und damit Schwamm drüber, von mir aus.« Und er machte Anstalten, Bernhard in die Daddelbude zu folgen. Ich stoppte ihn mit einer Handbewegung.
    »Warte«, bat ich. »Sag mir nur noch eben eins: Wieso hast du Sascha Sentz nicht dran gehindert, auf dem Klo zu koksen?«
    »Da habe ich nichts von mitgekriegt«, behauptete er und starrte mich gerade an. »Das muss er gut getarnt haben.«
    Trotzdem, er log. Nebenan hörte man die Kugeln aus dem Fach rumpeln, und er brach sein Starren und schob ab. Ich sah ihm hinterher, grübelte noch ein Weilchen über meinem Bier und trollte mich dann ebenfalls.
    Die Katze maunzte vor Verzückung, mich zu sehen. Sie schnurrte wie ein Paralleltwin auf der Autobahn, sie schnurrte, dass man froh sein konnte, dass sie nicht von Schraubverbindungen zusammengehalten wurde (oder es hätte sie auseinandervibriert wie einen Paralleltwin auf der Autobahn), sie rieb sich an Türpfosten, an meinen Beinen, sie trippelte steifbeinig umher, machte ihren Buckel krumm und drehte sich begeistert im Kreis und schnurrte und schnurrte und schnurrte.
    Aah, geliebt zu werden!
    Tiere wissen ja ganz genau Bescheid. Die kriegen viel mehr mit, als man glaubt. Sie hatte bestimmt gefürchtet, mich nie wieder zu sehen, hatte wahrscheinlich geglaubt, die fremden Männer hätten mich ins Tierheim verfrachtet oder ins Versuchslabor oder direkt zum Einschläfern, und deshalb freute sie sich jetzt so, mich, ihren zweibeinigen Lebensgefährten, wohlbehalten zurückzubekommen.
    Wahrscheinlich haben sie ihn nur kastriert, schien sie zu denken.
    Ich sprach ein bisschen mit ihr, brummelte beruhigend, öffnete die Dose, die immer noch auf dem Kühlschrank stand, tat ihr etwas in den Napf, und keine drei Minuten später war der Napf leer, das Schnurren verstummt und sie durchs Schlafzimmerfenster in die Nacht entschwunden, ohne einen Blick zurück. Das Aas, das schwarze.
    Die Wohnung stand Kopf, wie man so sagt.
    Kein Teil war mehr an seinem alten Platz. Selbst Kühlschrank und Herd hatten sie von der Wand abgerückt, Bilder vom Haken genommen, Schubladen einfach auf den Fußboden entleert, sämtliche Bücher durchgeblättert und in eine Ecke gestapelt, die Rückseiten von Fernseher, Stereoanlage und Lautsprecherboxen geschraubt und selbstverständlich nicht wieder montiert.
    Die Wohnung durchsucht zu kriegen ist ein Gefühl ganz ähnlich einem fremden Finger im Anus. Viel privater geht es nicht.
    Immerhin hatten sie mir nicht die Matratze aufgeschlitzt und schienen, auf den ersten Blick, außer dem Laken, der Luftmatratze und Mutters Häkeldecke nichts weiter beschlagnahmt und abtransportiert zu haben.
    Ein Optimist hätte jetzt Trost in der Argumentation gefunden, dass dies eine perfekte Gelegenheit sei, sich von einem Haufen überflüssigen Krempels zu trennen und endlich einmal gründlich aufzuräumen, doch wir von der weniger hoffnungsfrohen Ausrichtung sind nicht so billig zu trösten.
    Theoretisch hätte ich die Bude in rund einer Stunde so weit haben können, dass ich zumindest hier pennen konnte, doch ich bekam die Energie nicht zusammen. Hinzu kam so etwas wie ein Nachhall von Ursel Sentz' Bemerkung ... Und dann ließ DJ Gaga unten die ersten Beats loshämmern, und das brachte die Entscheidung.
    Unterwegs hielt ich pflichtschuldigst an der Von-Bock-Straße, wo sie mich schon erwartet hatten und gleich zu zweit in die Mangel nahmen.
    »Sie beharren also weiter darauf, dem Toten nicht die Taschen durchsucht zu haben?«, fragte Menden in einem Tonfall, der ahnen ließ, er habe Beweise des Gegenteils.
    »So etwas würde mir nicht im Traum einfallen«, antwortete ich und ließ sie spüren, wie sehr mich ihr Verdacht in meinen Gefühlen verletzte.
    »Ich werd dir sagen, wie's war«, meinte Hufschmidt,

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