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Sensenmann

Sensenmann

Titel: Sensenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clausia Puhlfürst
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legitim. Du bist meine Zeugin, dass ich nichts an ihren Dokumenten manipuliere.«

    Lara drehte sich auf dem Absatz um und schlich abwärts. Wenn sie erst einmal durch diese Tür zurück in die Redaktionsräume gegangen war, würde sie nicht mehr von ihrem Arbeitsplatz wegkommen. Und ihr fehlte die Lust, um sich jetzt mit Tom auseinanderzusetzen. Auf der Straße schlug ihr heiße Luft entgegen. Lara kramte nach ihrem Autoschlüssel. Sie musste den Blechmann nicht informieren. Es gab auch nette Beamte, die einen Ermittlungserfolg viel eher verdient hatten als KK Stiller. Vielleicht machte Ralf Schädlich auch gerade Mittagspause und hatte Lust, sich mit ihr auf einen Kaffee zu treffen.
    Dass sie in der Aufregung ihr E-Mail-Programm geöffnet gelassen hatte, sodass Tom nun endlich die Gelegenheit hatte, nach Belieben in ihren Mails herumzuschnüffeln, war Lara nicht aufgefallen.
    Mark ließ den Finger auf der Klingel ruhen und betrachtete dabei die Namensschilder. Maria Sandmann schien nicht zu Hause zu sein. Er unterdrückte einen Fluch und ließ den Knopf los. Was nun? War die Patientin daheim und öffnete nur nicht? Oder hielt sie sich woanders auf? Es gab für ihn keine Möglichkeit, nur aufgrund eines diffusen Gefühls in ihre Wohnung einzudringen. Noch einmal klingelte er, aber es tat sich nichts. Langsam ging er zu seinem Auto zurück und dachte über die Situation nach. Vielleicht hatte er überreagiert. Aber die Frau war heute Vormittag nicht zu dem vereinbarten Termin erschienen und seitdem nicht erreichbar. Anhand ihrer Anamnese war Suizidgefahr keine unwahrscheinliche Annahme. Als Psychologe durfte er jedoch nicht einfach so bei einem Patienten die Tür aufbrechen, auch wenn er noch so beunruhigt war.
    Mark setzte sich hinters Steuer, ließ die Fahrertür offen und schloss die Augen, um nachzudenken. Im Amt war sie nicht. Er hatte dort angerufen, sich als Kunde ausgegeben, der mit Frau
Sandmann sprechen wollte, und die Auskunft erhalten, dass die Kollegin bis Ende der Woche krank sei.
    Vielleicht hatten die anderen Hausbewohner einen Schlüssel zu ihrer Wohnung oder wussten, wo sie sich aufhielt? Er würde jetzt noch einmal beide Telefonnummern durchprobieren und dann bei den Nachbarn klingeln. In der gleichen Sekunde, als er die Augen wieder aufschlug, erblickte er sie.
    Mit festen Schritten, die Unterarme angewinkelt, einen maskulinen Zug um den Mund, kam sie heranmarschiert. Sie trug eine Jeans und ein ärmelloses T-Shirt. Es war Mark noch nie aufgefallen, dass die Frau trotz ihrer Magerkeit klar definierte Muskeln hatte. Aber er sah ihre Oberarme jetzt auch zum ersten Mal.
    Er wollte aus dem Auto springen, blieb mit dem rechten Fuß hängen und konnte sich gerade noch abfangen. Als er sich wieder aufgerichtet hatte, war die Frau stehen geblieben und schaute ihn mit weit aufgerissenen Augen an.
    »Frau Sandmann? Hallo!«
    Maria Sandmann öffnete den Mund. Sie sah aus, als hätte sie ihn noch nie gesehen. Dann drehte sie sich um und spurtete davon. Der Rucksack auf ihrem Rücken wurde hin und her geschleudert, so schnell rannte sie. Mark rief ihr ein »Halt! So warten Sie doch!« nach, aber da war sie schon an der nächsten Kreuzung abgebogen. Es dauerte zu lange, bis er sich endlich von seiner Überraschung erholt hatte und ihr nacheilte.
    Maria Sandmann war verschwunden.
    Lara hob den Arm, um sich ein Mineralwasser zu bestellen. Ralf Schädlich hatte nicht viel Zeit für sie gehabt, ihr aber versprochen, sich um die Sache zu kümmern und sie auf dem Laufenden zu halten. Es machte ihr nichts aus, wenn er die Ergebnisse als seine ausgab. Wichtig war nur, dass sie den Täter fassten. Womöglich hatte er noch weitere Menschen im Visier. Lara hatte
kein Mitleid mit Leuten, die Kinder quälten, aber sie hielt auch nichts von Selbstjustiz. Das hier war ein Rechtsstaat, und es gab Staatsanwälte, die Täter anklagten, und Richter, die sie verurteilten. Niemand musste höchstpersönlich Rache üben. Sie betrachtete den dunklen Bodensatz in ihrer Kaffeetasse und entschied sich, nach dem Wasser zurück in die Redaktion zu fahren. Sie hatte sich weder abgemeldet noch etwas in die Abwesenheitsliste eingetragen. Wenn Hampenmann das mitbekam, würde die Hölle los sein.
    In ihrer Tasche klingelte das Handy. Fast wäre die Mailbox angesprungen, weil sie so lange brauchte, um es zu finden, aber sie schaffte es in letzter Sekunde.
    »Lara? Mark hier. Ich habe gerade erst deine Nachricht abgehört, entschuldige. Ich war

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