Sensenmann
unterwegs.«
»Das macht nichts. Ich kann dir auch jetzt noch alles erzählen. Von der Verbindung zwischen den beiden Fällen habe ich inzwischen Kriminalobermeister Schädlich informiert, und er hat mir versprochen, sich der Sache anzunehmen.«
»Das ist gut, aber es gibt da noch ein anderes Problem.« Mark hörte sich abgehetzt an. »Es würde zu lange dauern, dir das am Telefon zu erklären. Wo bist du gerade?«
»Wo ich gerade bin?« Lara sah sich um. Drei Tische weiter saß eine alte Dame und fütterte ihr Hündchen mit Essensresten. Die Familie, die am Nachbartisch gesessen hatte, war gerade im Aufbruch begriffen. »Ich sitze im Lindencafé und habe gerade mit Ralf Schädlich Kaffee getrunken. Jetzt muss ich leider zurück in die Redaktion. Warum willst du das wissen?«
»Im Lindencafé , das ist gut. Bleib dort, ich komme hin. Bin in zehn Minuten da.«
Lara sah der Familie, die gerade um die Ecke bog nach. »Wie meinst du das, du bist gleich da?« Sie verstand nicht, wie Mark das anstellen wollte.
»Ich bin ganz in der Nähe. Frag mich jetzt nicht länger, ich erkläre
dir gleich alles.« Er legte auf. Lara wollte ihr Handy gerade in die Tasche zurückstecken, als es erneut klingelte. »Ja, Mark? Hast du was vergessen?«
»Lara? Ich bin’s, Jo.«
»Jo?« Ihre Augenbrauen zogen sich zusammen und Lara schob die Lippen vor. Das war ja das reinste Hexenhaus heute.
»Hör mal, ich war gerade in der Redaktion. Wo steckst du denn?«
»Ich hatte einen Termin mit einem Informanten.«
»Ich wollte dich nur vorwarnen. Hier ist die Hölle los. Ich weiß nicht, was vorgefallen ist, aber dein netter Kollege Tom Fränkel führt sich auf wie der Rächer höchstpersönlich.« Lara verdrehte die Augen, während Jo weiterredete. Es war genau das eingetreten, was sie befürchtet hatte.
»Ich habe keine Ahnung, wie er da rangekommen ist, aber er hat deine Dokumente abgecheckt und deine Mails gelesen. Und nun regt er sich auf, dass du weiter in Fällen recherchierst, die dich nichts angehen. Vorhin, als Hampenmann wiedergekommen ist, ist Tom sofort zu ihm gestürmt und hat ihm von deinem ›Fehlverhalten‹ berichtet. Und nun ist der Hampelmann auf hundertachtzig, wie du dir bestimmt vorstellen kannst. Du solltest zusehen, dass du zurückkommst und das geraderückst.«
»Himmel hilf! Das war leider vorherzusehen. Danke, Jo, aber ich kann hier nicht weg. Ich treffe mich gleich mit Mark.«
»Mark Grünthal ?«
»Genau der.«
»Ach was! Der war doch erst Sonntag vor einer Woche hier. Und jetzt ist er schon wieder im Lande?«
»Er hat sich ziemlich vage ausgedrückt. Aber ich gehe davon aus, dass es etwas mit den beiden Plattenbauleichen zu tun hat.«
»Oh, das interessiert mich auch. Wo seid ihr denn verabredet?«
»An altbekannter Stelle.« Lara musste grinsen.
»Im Lindencafé doch nicht etwa?«
»Du sagst es.« Auf der Stuhllehne neben Lara hatte ein kleiner dicker Spatz Platz genommen und sah sie mit schräggelegtem Kopf aus schwarzen Knopfaugen an.
»Weißt du was? Ich komme auch hin, wenn du nichts dagegen hast. Dann machen wir einen gemütlichen Plausch zu dritt. Oder wolltet ihr allein sein?« Er verlieh seiner Frage einen neckenden Beiklang.
»Nein, nein. Es geht um nichts, was du nicht wissen dürftest.«
»Dann mache ich mich gleich auf den Weg. Bin in zehn Minuten da!«
Matthias Hase öffnete die Augen und sah sich um. Der Fahrersitz war ganz nach hinten gekippt. Er lag mehr, als dass er saß. Direkt links neben seinem Kopf befand sich der Seitenholm.
Schatten zitterten über die Windschutzscheibe. Langsam richtete er sich auf und sah nach draußen. Das Auto stand in einer Parkbucht unter hohen Bäumen. Er hatte keine Ahnung, wo er sich befand. Sein Nacken war verkrampft. Hatte er geschlafen? Und wo befand er sich? Obwohl die Seitenscheibe ein paar Zentimeter heruntergelassen war, wirkte die Luft im Auto stickig und heiß.
Mit steifen Beinen stieg er aus dem Wagen und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Sein rechter Fuß war eingeschlafen. Rechts befand sich ein großer Park. Vorsichtig, als traute er seinen Muskeln nicht, machte Matthias ein paar Schritte und beschleunigte dann das Tempo. Noch bevor er an der Kreuzung angekommen war und das Straßenschild gelesen hatte, fiel ihm wieder ein, wo er sich befand. In Chemnitz, am Rande des Küchwalds. Aber was hatte ihn dazu gebracht hierherzufahren? Mit dem Versuch, seine Akten einzusehen, war er ja letztens schon gescheitert. Und wieso
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