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Sensenmann

Sensenmann

Titel: Sensenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clausia Puhlfürst
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besser.
    »Na, du bist ja voll konzentriert!« Lara schrak zusammen und drehte sich zu Tom um, der direkt hinter ihr stand und ihren Bildschirm fixierte.

    »Das geht dich überhaupt nichts an!« Der Satz kam lauter heraus, als sie es gewollt hatte, und Lara bemerkte, wie die anderen aufhorchten.
    »Hoppla! Hast du schlechte Laune, Liebchen? Lass das bitte nicht an mir aus.«
    »Ich bin ziemlich verärgert, Tom. Und du weißt genau, warum. Stell dich also nicht dümmer, als du bist! Und nenn mich bitte nicht ›Liebchen‹.«
    »Was ist denn auf einmal mit dir los?« Tom runzelte die Stirn, und Lara bewunderte seine schauspielerischen Fähigkeiten.
    »Du hast in meinen Dokumenten herumgeschnüffelt, als ich vorhin mit Hubert und Friedrich essen war! Und zwar exakt um zwölf Uhr drei. Ich habe Beweise!« Jetzt war es totenstill in der Redaktion.
    »Das ist nicht dein Ernst.« Auch Tom hatte nun die Stimme erhoben. Wahrscheinlich, damit ihn auch alle hören konnten. »Ich bin fünf vor zwölf runtergegangen, um ein paar belegte Brötchen aus der Brasserie zu holen, und war viertel eins wieder hier. Frag Isabell, wenn du mir nicht glaubst.« Lara merkte, dass ihr Mund ein wenig offen stand, und schloss ihn. Das konnte der Typ doch nicht ernst meinen? Wer war dann an ihren Dateien gewesen? Lara glaubte nicht, dass Isabell für Tom lügen würde. Aber irgendjemand hatte sich an ihren Dokumenten zu schaffen gemacht, während sie essen gewesen war. Und sie würde herausfinden, wer der Verräter war.
    »Ich dachte, das nimmt ein Ende, nachdem der Chef mit dir gesprochen hat, Lara.« Tom sah sich kurz um, ob auch die ganze Redaktion hörte, was er zu sagen hatte, dann fuhr er fort. »Du kannst mich nicht leiden. Okay, das muss ich akzeptieren. Aber dass du versuchst, mir Dinge unterzuschieben, die ich nie tun würde, ist eine Frechheit. Das muss aufhören. Und zwar sofort.« Er blähte seinen Brustkorb auf wie ein entrüsteter Puter und stemmte die Arme in die Seiten.

    »Aber…« Lara wandte den Blick ab, weil sie das Schauspielgehabe nicht mehr sehen konnte. Ihr Zorn verdampfte wie ein Wassertropfen auf einer heißen Herdplatte, während sie mit halboffenem Mund auf die letzten Zeilen in Sebastian Wallaus Mail starrte.
    Ich habe den ganzen Abend über das Heim und die Ereignisse nachgedacht. Dabei ist mir eingefallen, dass ich in meiner Liste noch jemanden vergessen habe: Herrn Meller. Ich glaube, er hieß mit Vornamen Sieg fried, aber wir nannten ihn nur »Fischgesicht«.
    Laras Brust verengte sich, und sie bekam keine Luft mehr. Hinter ihr schwafelte Tom. Sie hörte seine Worte wie durch Watte.
    »Entschuldigt mich … Ich muss dringend telefonieren!« Lara Birkenfeld schnappte sich ihre Handtasche und rannte hinaus, verfolgt von den verblüfften Blicken der Kollegen.
    Matthias versuchte, die Tabletten aus der Blisterpackung zu drücken, aber seine Finger gehorchten ihm nicht. Zweimal fiel sie zu Boden, ehe er es aufgab und zum Messer griff. In seinem Kopf kreischte eine Horde wildgewordener Affen. Die Metallspitze bohrte sich in die dünne Aluminiumhaut und riss mit einem heftigen Ruck die Hülle ein. Drei Tabletten purzelten heraus, und Matthias griff danach, warf sie sich in den Mund und spülte mit Cola nach. Er ließ Messer und Tablettenpackung fallen und hastete zurück ins Arbeitszimmer.
    Unerschütterlich stand die Holzschatulle mit aufgeklapptem Deckel auf seinem Schreibtisch. Die Schnitzereien wirkten im gelben Licht der Schreibtischlampe plastischer als sonst. Seine Hände zitterten noch immer. Matthias hob das Kästchen hoch und drehte es mit einem Ruck um. Leise raschelnd fielen
die Zettel heraus. Er betrachtete das Durcheinander auf der Unterlage. Dann setzte er sich, rutschte mit dem Stuhl dicht an die Kante des Schreibtischs und betrachtete die Papiere, wobei er beide Hände fest auf die Ohren presste, um den Lärm in seinem Kopf nicht zu laut werden zu lassen. Zehn Minuten verstrichen, ohne dass er sich rührte. Es kam ihm so vor, als könne er das Auflösen der Tabletten in seinem Magen als feines Brennen spüren. Ganz langsam krochen seine Finger auf den schmalen Stapel zu, und dann begann Matthias ein weiteres Mal, die Papiere durchzusehen.
    Nachdem er alles zweimal auseinandergefaltet, aufgeschüttelt und dann wieder sortiert hatte, war klar, dass er sich nicht geirrt hatte. Der erste Brief an Mandy war verschwunden. Ein wildes Jaulen, wie von einem Tier, verschaffte sich Bahn, dann kreischten die

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