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Sensenmann

Sensenmann

Titel: Sensenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clausia Puhlfürst
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Person, die gerade ›draußen‹ ist, gar nicht, was in den letzten Stunden alles geschehen ist. Sie wird verunsichert sein und ein diffuses Angstgefühl verspüren.«
    Im Garderobenschrank im Flur raschelte es erneut. Dann öffnete sich die Tür einen Spalt breit. Die drei in der Küche bemerkten nichts davon.
    »Wie kommt es denn zu so einer Spaltung?« Auch Lara betrachtete den Rucksack. Sie hatte das Gefühl, dass sich darin die Lösung verbarg, verspürte aber eine unerklärliche Scheu, danach zu greifen und sich das Innenleben anzusehen.
    »Ich bin auch kein Fachmann für dissoziative Identitätsstörungen. Laut meinem Kollegen ist es fast immer eine Folge schwerer Kindesmisshandlung. Studien zufolge soll das Phänomen mit einer Häufigkeit von 0,5 bis ein Prozent der Bevölkerung auftreten, aber auch das ist umstritten. Manche behaupten auch, es sei iatrogen, das heißt vom behandelnden Arzt erzeugt. Ich weiß es nicht genau. Man müsste sie länger untersuchen.«
    »Und diese Frau hat einen Bruder, der sich an den Peinigern von damals rächt …« Lara rieb sich versunken den Handrücken. In ihrem Kopf ratterten ein paar Relais. »Wartet!« Jetzt griff sie doch nach dem Rucksack. »Wir haben doch noch die anderen Briefe! Ich finde, wir sollten sie lesen. Womöglich versteckt sie sich bei ihm … Vielleicht finden wir etwas heraus, bevor die Polizei kommt. Apropos«  – sie hielt inne  –, »müssten die nicht längst
hier sein?« Ein Blick zur Uhr belehrte sie, dass seit Marks Eröffnungen erst eine Viertelstunde vergangen war. Vorsichtig klappte sie die Stofflasche nach hinten. Im Flur öffnete sich die Schranktür etwas weiter.
     
    Lara räusperte sich und legte das letzte Blatt auf die anderen. Mark und Jo schwiegen geschockt, und so sprach sie als Erste. »Glaubt ihr, dass das, was da über diese beiden Frauen, Isolde Semper und Birgit Sagorski, drin steht, wahr ist? Wurden sie auch getötet? Oder ist das lediglich seiner Fantasie entsprungen?«
    »Das, was er über Meller und Grünkern schreibt, stimmt, soweit wir wissen, bis ins kleinste Detail. Warum sollte er sich dann die anderen beiden Fälle ausdenken?« Jo rieb sich die Arme. »Mir ist kalt. Wo mag dieser Matthias jetzt stecken? Womöglich plant er schon das nächste Verbrechen? Egal was die Leute getan haben, er hätte es der Justiz überlassen müssen, über sie zu urteilen.«
    Aus dem Flur drangen Geräusche herein, und Lara stand auf. »Die Polizei kommt. Ihr habt wohl vorhin die Wohnungstür gleich offen gelassen?«
    Mark erhob sich ebenfalls und öffnete den Mund, um zu antworten. Lara drehte sich um, wollte hinausgehen und erstarrte.
    Im Türrahmen stand Maria Sandmann, mit wirren Haaren, einen verblüfften Ausdruck im Gesicht, die Augen gerötet, als habe sie geweint, und starrte verständnislos auf die drei Menschen in der Küche. Das Messer in ihrer Rechten zitterte leicht, und doch trug sie es zum Zustoßen bereit vor sich her.
    Mark fasste sich als Erster. »Guten Tag. Sind Sie Mandy?« Maria Sandmanns Augen verengten sich kurz, und ihr Mund nahm einen hochmütigen Zug an, dann erschlaffte ihr Gesicht wieder, und sie schüttelte den Kopf.
    »Wer sind Sie denn?«
    Wieder schüttelte die Frau den Kopf. Dann stotterte sie: »Wir reden nicht mit Fremden.«

    »Das ist auch richtig.« Mark schob seine Füße ein paar Zentimeter auf die Frau zu. »Aber ich bin kein Fremder. Ich bin Doktor Grünthal. Maria kennt mich.« Das Messer sank nach unten, dann straffte sich die Frau wieder und kniff die Lippen fest zusammen. Mark bewegte sich noch etwas in Richtung Tür. Lara und Jo verfolgten das Ganze, ohne sich zu rühren.
    »Kann ich bitte mit Maria sprechen?«
    »Nein.« Das klang hart und abweisend. Lara betrachtete die Emotionen, die sich auf dem Gesicht der Frau widerspiegelten, während sie sich fragte, wer da jetzt zu ihnen sprach.
    »Ich kann Ihnen helfen. Lassen Sie mich mit Maria reden, bitte!« Mark machte zwei Schritte auf die Frau zu, und diese hob drohend das Messer, sodass er wieder zurückwich.
    »Ich weiß, dass sie da ist. Und auch Mandy und die anderen. Ich denke, ihr könnt mich hören. Ich muss jetzt mit Maria sprechen!«
    »Lassen Sie uns in Ruhe!« Maria Sandmann kreischte den letzten Satz heraus, ließ das Messer fallen und machte einen Satz rückwärts. Dann verschwand sie im Flur.
    Im selben Moment klingelte Laras Handy, und alle erstarrten zu einer seltsamen Pantomime. Sie schielte auf die Anzeige und sah den

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