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Sensenmann

Sensenmann

Titel: Sensenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clausia Puhlfürst
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eindeutig Mord. Es gab also einen Täter, der den Mann aktiv unter Wasser gedrückt hat.«
    »Mord. Das dachte ich mir auch schon. Was fällt dir noch dazu ein?«

    »Die Leiche lag in einer Badewanne?«
    »Ja.«
    »Die Wasserleitungen waren aber abgestellt, oder?«
    »Soweit ich weiß.« Lara begann zu schwitzen.
    »Ich gehe jetzt der Einfachheit halber davon aus, dass der Täter das Opfer an Ort und Stelle ertränkt hat. Er muss das Wasser mitgebracht, oder besser noch, vorher dort deponiert haben. Eine haushaltsübliche Badewanne hat eine Füllmenge von ungefähr 150 Litern Wasser.« Lara war verblüfft, was Mark alles wusste, aber er redete schon weiter. »Zieht man den Raum ab, den das Opfer einnimmt, bleiben immer noch einige Liter übrig. Vorausgesetzt, der Mann saß in dieser Wanne.«
    »Was meinst du damit, vorausgesetzt, er ›saß‹ darin? Wie könnte es denn sonst abgelaufen sein?«
    »Nun, ertrinken kann man auch, wenn man vor der Wanne kniet und jemand einem den Kopf unter Wasser drückt. Aber auch dazu braucht man viel Wasser. Der Täter könnte ihn auch in einem großen Eimer ertränkt haben.« Mark holte Luft. »Es gibt zwei grundsätzliche Möglichkeiten. Entweder wurde der Mann woanders ertränkt und die Leiche dann in das Abbruchhaus geschafft oder der Täter erledigte ihn an Ort und Stelle.«
    Lara trat in den Schatten und sah auf ihre Armbanduhr. Es wurde allmählich Zeit, dass sie wieder nach oben ging. Der Redaktionsleiter mochte es nicht, wenn die Kollegen ihre Mittagspause über Gebühr ausdehnten. Aber sie hatte dieses Gespräch auch nicht in der Redaktion führen wollen. Journalisten waren von Berufs wegen neugierig. Mark dagegen schien sich jetzt regelrecht in das Thema zu verbeißen. »Ich finde Variante zwei schlüssiger, denn es ist unlogisch, eine Leiche in den vierten Stock zu schleppen, nur um sie dort, für jeden offensichtlich, in der Badewanne zu drapieren. Wenn ich sie nur loswerden wollte, würde ich  – wenn es schon ein Abbruchhaus sein muss  – ein Versteck suchen. In einem der Keller zum Beispiel, wo die Gefahr,
dass Bauarbeiter sie vor dem Abriss finden, geringer ist. Diesem Täter aber war es egal, ob man das Opfer findet. Lara, ich bin davon überzeugt, dass dieser Tatort und das Ertränken keine Zufälle sind. Er hat den Plattenbaublock wahrscheinlich ausgewählt, weil er dort in Ruhe agieren und niemand die Schreie des Opfers hören konnte.« Lara verzichtete auf Kommentare, warf nur ab und zu ein »Hm« ein und versuchte, sich all das zu merken, um es nachher zu notieren.
    »Gleichzeitig ist der Tatort meiner Meinung nach symbolisch für das, was der Täter dem Opfer antun wollte. Ich weiß nur nicht, wofür die Symbolik steht. Er könnte zum Beispiel einen Wasserfetisch haben. Die grundsätzlichen Fragen also sind: Warum musste es gerade Tod durch Ertrinken sein, und warum war gerade dieser Mann das Opfer? Wenn du das herausgefunden hast, dann hast du auch deinen Täter.« Mark schnaufte leicht. »So, ich bin fertig mit meiner Fallanalyse.« Sie konnte hören, wie er kurz grinste, ehe er hinzusetzte: »Du solltest an der Badewanne dranbleiben. Wurden Wasserbehälter gefunden? Haben die Anwohner etwas beobachtet? Zum Beispiel wie jemand Kanister hochgeschleppt hat? Manchmal treffen sich auch Jugendliche in solchen Abbruchhäusern. Die könnte man ebenfalls befragen.«
    »Mark, ich fürchte, mir fehlt die Zeit, in meiner Freizeit all das zu recherchieren. Offiziell ist Tom an dem Fall dran.«
    »Na, dann überlass das Ganze doch einfach ihm. Wo ist das Problem?«
    Mark Grünthal verabschiedete sich, während Lara noch über seinen letzten Satz nachsann. Sollte sie Tom seine Spielchen spielen lassen? Sie öffnete die Eingangstür. In der dämmrigen Kühle des Treppenhauses beschloss Lara Birkenfeld, genau dies nicht zu tun. Ihr Ehrgeiz war geweckt. Man würde ja am Ende sehen, wer die Nase vorn hatte.
    Und was war eigentlich ein »Wasserfetisch«?

10
    »Los komm, Justin!« Der rothaarige Junge stupste seinen Freund in die Seite. »Lass uns hintenrum gehen! Da schauen wir gleich nach, ob das Baumhaus von Richard endlich fertig ist. Vielleicht können wir am Wochenende darin spielen!« Max lief ein paar Schritte voraus und drehte sich dann nach seinem Freund um.
    »Heute nicht.« Justin zog eine Schnute. »Ich muss nach Hause. Meine Mama hat gesagt, sie wird wirklich böse, wenn ich wieder nicht pünktlich zum Mittagessen da bin. Und heute Nachmittag wollen wir in

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