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Sensenmann

Sensenmann

Titel: Sensenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clausia Puhlfürst
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ihr. Sie trug ein Nadelstreifenkostüm. In einer Hand balancierte sie einen Teller mit Suppe, in der anderen ein Glas Mineralwasser.

    »Aber gern. Bitte sehr!« Frank hatte schon einladend genickt und auf den Stuhl neben sich gezeigt. Die Frau lächelte verlegen, stellte ihr Geschirr ab und setzte sich, nicht ohne vorher den Rock glattzustreichen.
    »Lassen Sie es sich schmecken!«
    Die Fremde nickte und griff zum Löffel. Lara verkniff sich ein Lächeln. Franks Interesse an der schönen Blonden war nicht zu übersehen.
    »Trinken wir noch einen Kaffee?« Frank wartete auf Laras Nicken und erhob sich. »Bleib sitzen. Ich bringe dir eine Tasse mit. Wollen Sie auch einen?« Die blonde Frau sah zu dem leeren Stuhl hinüber und realisierte dann, dass sie gemeint war. »Das wäre nett. Schwarz bitte.«
    Frank verschwand in Richtung der Essensausgabe.
    »Sie beide waren auch bei dem Verfahren gegen Doktor Schwärzlich?« Lara runzelte die Stirn, deshalb setzte die Fremde schnell noch hinzu: »Der Anästhesist, der sich an den Kindern vergangen hat.«
    Lara nickte langsam und ging dabei in Gedanken die Reihen im Gerichtssaal durch. Die Frau im Nadelstreifenkostüm hatte in der vorletzten Reihe gesessen. »Sie beobachten den Fall? Sind Sie auch von der Presse?«
    »Nein, ich komme vom Jugendamt. Ich berate die betroffenen Mädchen und ihre Eltern. Laut Jugendgerichtsgesetz sollte bei solchen Verfahren immer jemand von uns mit dabei sein. Ich habe mich gar nicht vorgestellt, entschuldigen Sie. Sandmann.« Sie streckte die Hand aus, und Lara ergriff sie.
    »Lara Birkenfeld von der Tagespresse . Und da kommt mein Kollege, Frank Schweizer, von der Tagespost .« Frank balancierte heran, den Blick starr auf den Kaffee gerichtet, um nichts zu verschütten. Mit einem Seufzen stellte er die drei Tassen ab und nahm Platz.
    »Wir haben uns inzwischen bekannt gemacht. Das ist Frau
Sandmann vom Jugendamt.« Lara öffnete das Döschen mit der Kaffeesahne.
    »Vom Jugendamt sind Sie?« Franks Stimme kippte bald über. Es hörte sich an, als sei dies eine sensationelle Enthüllung. »Das ist ja interessant!«
    »Da die Opfer minderjährig sind, steht ihnen eine Beratung zu.« Die blonde Frau knetete ihre Hände und begann dann schweigend, den schmalen Granatring an ihrem linken Ringfinger zu drehen.
    »Ich finde das Ganze unglaublich. Da vergeht sich ein angesehener Arzt über mehrere Jahre hinweg an zehn- bis zwölfjährigen Mädchen, teilweise in seinem Büro im Klinikum. Er erklärt den Eltern, an einer Studie über Bronchialasthma bei Kindern teilzunehmen  – ganz im Dienste der Wissenschaft natürlich  –, und das alles nur, damit sich die Mädchen vor ihm ausziehen.« Frank sah sich in der Kantine um und dämpfte seine Stimme etwas. »Und wie wir an den vorhergehenden Prozesstagen gehört haben, hat Schwärzlich die Kinder nicht nur begrabscht, sondern sich vor einigen auch noch selbst befriedigt.«
    »Vergiss nicht die versteckte Kamera, mit der er alles gefilmt hat.« Lara rührte um und betrachtete die im Kreis wirbelnden Milchschlieren in ihrer Tasse. »So etwas wird als schwerer Missbrauch eingestuft. Außerdem hat man Kinderpornos bei ihm gefunden.«
    »Ich verstehe bloß nicht, warum es die Anweisung gegeben hat, die sexuellen Neigungen des Beschuldigten nicht öffentlich auszubreiten. Wen will man damit schützen?« Jetzt klang Frank ärgerlich.
    »Vielleicht hat auch er Familie?« Frau Sandmann legte die Hände auf den Tisch, als wolle sie diese damit zur Ruhe zwingen. Für ein paar Sekunden schwiegen die drei. Geschirr klapperte, die Espressomaschine gab mahlende Geräusche von sich. Im Hintergrund kicherte eine Frau. Es war drückend heiß.

    »Wer weiß. Ich finde es trotzdem nicht richtig. Schwärzlich ist doch nachgewiesenermaßen ein pädophiler Straftäter. Manchmal habe ich das Gefühl, dass in Deutschland Täterschutz vor Opferschutz geht.« Frank musterte sein Gegenüber. Die beherrschte Miene unterstrich die Schönheit ihres Gesichtes noch. »Ein Glück, dass die Mädchen nicht aussagen müssen. Wie verkraften sie das Ganze denn?«
    »Dazu möchte ich hier nichts sagen. Es ist für die betroffenen Familien schon schwer genug, dass einige Details an die Öffentlichkeit gelangt sind.« Frau Sandmann sah sich um.
    Lara überlegte, ob die letzten Worte einen versteckten Vorwurf gegen die Presse enthielten. Frank schwieg, und so antwortete sie: »Das verstehen wir. Aber vielleicht kommt es Anfang nächster Woche

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