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Sensenmann

Sensenmann

Titel: Sensenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clausia Puhlfürst
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Minze und Neroli. Er ging zurück und öffnete aufs Geratewohl den Spiegelschrank über dem Waschbecken. Die karibikblaue Flasche stand neben dem Rasierzeug. Davidoff Cool Water . Nachdenklich schloss Matthias die Schranktür. Ging der Typ etwa parfümiert walken? Wenn ja, war das außer der auffallenden Hygiene die erste Eigentümlichkeit, die er entdeckt hatte.
    Zwölf nach zehn. Er hatte noch eine gute Dreiviertelstunde, um etwas zu finden. Wenn es etwas gab. Eigentlich hatte Matthias geplant, sich die Wohnung des Mannes anzusehen, um sich ein Bild von dessen heutigem Lebensstil zu machen. Außer nebelhaften Erinnerungsblitzen und der unbestimmten Ahnung, dass da etwas Schreckliches im Verborgenen schlummerte, hatte sein Gedächtnis bis jetzt noch nichts Relevantes über den ehemaligen Heimleiter zutage gefördert. Dabei war dieser Mann laut Aussagen seiner Nachfolgerin Birgit Sagorski für mindestens zehn Jahre Leiter im Kinderheim Ernst Thälmann gewesen.
    Matthias Hase wollte niemanden zu Unrecht verurteilen und bestrafen, sondern sich sicher sein. Und dazu musste er in diesem Fall zuerst versuchen, mehr über das Zielobjekt herauszufinden.
    Die Tür, die rechts vom Flur abging, führte in ein Wohnzimmer, das von einer großen Fensterfront mit Balkon dominiert wurde. Auch hier herrschten helle Farben vor. Die Couch war mit cremefarbenem Leder bezogen, das mit dem gelblichen Birkenfurnier der Schrankwand harmonierte. Matthias betrachtete die Buchrücken. Technisches und Historie. Keine Romane. Kein Nippes hinter den Glastüren. Keine Familienbilder in kitschigen Rahmen. Nichts auch nur irgendwie Persönliches. Die gesamte Wohnung strahlte Ablehnung und soziale Kälte aus, die Einrichtung verkündete: Hier wohnt ein kaltherziger Mensch, der klinische Verhältnisse schätzt.
    Ohne sich der Balkontür zu sehr zu nähern, spähte Matthias
hinaus. Die Blumenkästen waren leer. Tote braune Erde. Der gegenüberliegende Block lag so nah, dass sich die Bewohner, wenn sie es wollten, etwas zurufen konnten.
    Neben dem Ledersofa gab es eine weitere Tür. Das Schlafzimmer. Die Armbanduhr zeigte 10:16 Uhr. Matthias drückte die Klinke nieder und blieb, verblüfft über die Finsternis, im Türrahmen stehen. Links flackerten ein paar winzige Lämpchen, blau und grün. Sonst war es Nacht in Rainer Grünkerns Schlafzimmer.
    Seine Finger tasteten nach dem Lichtschalter, und als das Licht aufflammte, wechselte Matthias Hases Gesichtsausdruck von überrascht zu konsterniert.
    Der Raum sah aus wie die Schaltzentrale eines Flughafentowers. Links befand sich ein von Wand zu Wand reichender Schreibtisch mit übereinandergestapelten Ablagen, darunter und daneben auf dem Boden mehrere Computer, zwei Monitore und verschiedene Geräte, mit denen Matthias nichts anfangen konnte, graue und schwarze Kästchen, an denen kleine Leuchtdioden blinkten. Die der Tür gegenüberliegende Wand wurde von einem bis zur Decke reichenden Regal eingenommen, vor dem ein braungemusterter Vorhang hing.
    Matthias machte zwei schnelle Schritte in den Raum hinein. Die Luft war unangenehm stickig. Erst jetzt bemerkte er die Liege, die an der rechten Wand, halb von der Tür verborgen, stand. Schwarze Satinbettwäsche. Matthias fühlte ein kaltes Rinnsal seinen Rücken herablaufen.
    Das Fenster hinter dem Schreibtisch war von einem blickdichten Metallrollo verschlossen, durch das kein Lichtstrahl drang. Die Eisfinger an Matthias’ Rücken kribbelten aufwärts in Richtung Nacken. Wozu brauchte jemand solch eine Barrikade, wenn er nichts zu verbergen hatte? Unschlüssig ließ er den Blick von den Computern zu dem verhangenen Regal und wieder zurück schweifen. Neben den beiden Monitoren blinkten die grünen Ziffern einer Digitaluhr: 10:20 Uhr. Noch vierzig Minuten.
Matthias entschied sich für das Regal. Vier schnelle Schritte brachten ihn an sein Ziel. Der Vorhang war am oberen Brett nur mit Reißzwecken angeheftet. Er würde vorsichtig sein müssen. Der Stoff roch ein bisschen muffig, wenn man direkt davorstand. So, als würde hier nie gelüftet. Behutsam schob er die Latexfinger unter den Stoff.
    Videos. Es mussten hunderte sein. Reihen von Videokassetten, penibel nebeneinander aufgereiht. Im oberen Fach stand die moderne Variante: DVDs. Auch hier die gleiche erbarmungslose Ordnung wie in den anderen Räumen. Rainer Grünkern war ein fanatischer Pedant. Die glänzenden Oberflächen der Schutzhüllen reflektierten das Licht, und er konnte die Titel auf den Rücken

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