Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)
wollte, dass wir überhaupt hierher kommen.“
Luke nickte stumm und blickte einen Augenblick zu Boden bevor er sagte: „Dann denkst du wirklich, Jacks wüste Träume sind… wie soll ich mich ausdrücken… eine Art Fenster in die Zukunft? Einblicke in Dinge, die erst später geschehen?“
„Wenn ich es ganz und gar nicht glauben würde, sähe ich in unserer Mission nicht den geringsten Sinn.“
„Dann weißt du hoffentlich auch noch, dass Jack Hyperion im Grunde meiden wollte, obwohl er doch gerade hier seinen Bruder vermutet. Was mag das bedeuten?“
„Ich sage es ungern, aber ich befürchte, wir befinden uns in Gefahr.“ Krister sprach es aus und erzeugte damit keine völlig neue Beklemmung. „Ich traue keiner Seele in dieser verwünschten Stadt auch nur einen Zentimeter über den Weg.“
„Denkst du in der Tat, die Leute hier sind uns feindlich gesinnt? Womöglich fühlen sie sich mehr von uns bedroht als wir von ihnen.“
„Lass es mich so ausdrücken, wenn sie uns aus dem Weg schaffen wollten, hätten sie es längst tun können. Aber das ist nicht der Fall gewesen. Im Gegenteil. Avalea schien sogar einen recht gastfreundlichen Eindruck zu machen.“
„Vielleicht wollen sie nichts von uns, aber von Jack.“
Krister wirkte einen Augenblick alarmiert. „Das glaube ich nicht. Sie wissen nichts von uns, jeder einzelne von uns ist ihnen völlig unbekannt. Dennoch muss ich zugeben, mir wäre bedeutend wohler, wenn Jack bei uns sein würde.“
Luke nickte. „Weißt du, was mir noch aufgefallen ist? Ich sah bisher kein einziges Kind. Ich meine, wir sind jetzt schon beinahe einen Tag hier. Zumindest
hören
müsste man sie doch, oder? Dies ist eine Stadt ohne Kinder, Krister. Ist das nicht merkwürdig?“
Sieh an, dachte Krister, diese Eingebung hatte ich doch auch schon. Seine Gedanken in Worte zu fassen gelang ihm allerdings nicht mehr, denn just in diesem Augenblick klopfte es kräftig an der Tür. Dreimal hintereinander in ganz kurzen Abständen.
Rap-rap-rap.
„Es geht los.“ Krister erhob sich von seiner Bettstatt. „Sie holen uns. Lass dir keine Furcht anmerken! Sie werden sowieso nicht glauben, dass wir ihnen trauen, also müssen wir uns auch nicht großartig verstellen. Nimm aber dein Messer mit. Ich fühle mich wohler, wenn wir nicht gänzlich waffenlos sind.“
Mit entschlossenem Ruck warf Krister die Tür auf. Draußen standen drei Männer. Auf den ersten Blick unbewaffnet. Einer trug eine brennende Fackel, die gerade genug Licht erzeugte, um drei grimmige Gesichter anzustrahlen. Kein freundschaftlicher Ausdruck ließ sich von ihren Zügen ablesen. Allerdings wären sie auch die ersten gewesen, die sich zu einem Lächeln hätten hinreißen lassen. Nur Avalea, deren Rolle in dieser Kolonie weiterhin im Dunkeln lag, schien mehr von Körpersprache zu halten.
Mit einer herrischen Handbewegung und unbeweglichen Augen gab der Fackelträger Krister und Luke zu verstehen, ihm zu folgen.
„Bei uns im Norden fasst man eine Einladung in Worte… oder versucht es zumindest“, wandte sich Krister an den Hünen mit der Fackel, der ihn um einen ganzen Kopf überragte. „Das scheint hier nicht üblich zu sein. Woher sollen wir wissen, ob ihr uns nicht an der nächsten Ecke totschlagt?“
Er erntete nur unverständliche Blicke. Die drei Männer verstanden kein Wort von dem, was er sagte.
„Bringt ihr uns zu Avalea?“ startete Krister einen weiteren Versuch. Er beabsichtigte nicht, ihnen blindlings zu folgen und das auch unter diesen erschwerten Umständen so deutlich wie möglich zum Ausdruck zu bringen.
Der Name wirkte Wunder. Ohne den Augenkontakt auch nur eine Sekunde abbrechen zu lassen, bestätigte der Fackelträger mit ungeduldigem Nicken zumindest zu ahnen, was Krister von ihm wollte.
„Avalea!“ brummte er knapp mit unerwartet tiefem Bass in der Stimme. Dann trat er einen Schritt zur Seite, was weiterer Aufforderung gleichkam, endlich das Haus zu verlassen.
„Na also.“ Krister zwang sich zu einem Lächeln, das jedoch mehr Spott als Höflichkeit in sich trug. „Das ist doch ein Anfang.“
Sie folgten dem Hünen, der zielstrebig eine bestimmte Richtung einschlug. Hinter ihnen marschierten die beiden anderen Männer, was Krister und Luke den Eindruck vermittelte, sich zwar frei bewegen zu dürfen, aber dennoch unter Arrest zu stehen. Der Regen war in ein Nieseln übergegangen, das sie, von strammem Seewind angetrieben, wie die Gischt der in der Ferne hörbaren Brandung
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