Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)
übersprühte. Die kleine Gruppe stapfte den aufgeweichten Weg entlang, begleitet vom Schmatzen ihrer Schritte auf matschigem Untergrund. Tatsächlich marschierten sie in südwestlicher Richtung, was sie früher oder später ans Meer führen musste. Vorher jedoch bogen sie in eine breite Hauptstraße ein, die vor langer Zeit eine prächtige Allee gewesen sein durfte. Hier bildeten die ihnen bereits bekannten Quadersteine wieder den Belag. Nach wenigen Metern auf dieser Promenade bogen sie nach rechts ab, kurz darauf wieder nach links.
Der Anführer blieb schließlich vor einem zweigeschossigen Haus stehen, dessen Fassade überraschend unbeschädigt aussah. Womöglich narrte sie jedoch der geringe Lichtkegel der Fackel, der nicht all zu viele Einzelheiten erkennen ließ. Kein Licht drang aus den Fenstern. Erst auf den zweiten Blick bemerkte Luke die schweren Läden, die sich davor befanden.
Der Fackelträger stieg die beiden Stufen zur Türe hoch und klopfte zweimal. Einen Augenblick später wurde ihm von einer rothaarigen Frau in weißem Gewand geöffnet. Warmes, gelbes Licht flutete den gesamten Vorhof. Avalea und der Fackelträger wechselten einige wenige Worte in ihrer Sprache, bevor dieser salutierte und Abschied nahm. Er marschierte von dannen, ohne sich noch einmal umzudrehen. Seine beiden Begleiter blieben jedoch dicht hinter Krister und Luke postiert.
Krister räusperte sich bevor er Avalea guten Abend wünschte. Sie lächelte, winkte beide herein und ließ die Tür ins Schloss fallen. Der Geleitschutz blieb außen vor. Ob er Posten bezog, ließ sich nicht feststellen. Krister ging jedoch davon aus. Noch weniger wollte er glauben, eine wehrlose und unbeschützte Avalea vor sich zu haben, auch wenn es so aussah.
Mit einladendem Lächeln auf den Lippen führte sie Krister und Luke in den Hauptraum des Hauses. Ein riesiger Eisenleuchter, bestückt mit einer Vielzahl großer, honigfarbener Kerzen, der den ganzen Raum annähernd taghell erleuchtete, hing von der Decke herab. Vorkriegsmaterial, stellte Krister aufmerksam um sich blickend fest, viele hundert Jahre alt. Ein enormer runder Holztisch mit sechs fein gearbeiteten Stühlen nahm die gesamte Raummitte in Anspruch. Er war für vier Personen gedeckt. Zur rechten Seite eines schmiedeeisernen, halbrunden Tores, das sich in der hinteren Wand des Raumes befand und dort eigentlich überhaupt nicht hin zu gehören schien, stand ein kräftiger, hochgewachsener Mann in schwarzer Robe und ebenso dunkler Kapuze, sein teilnahmsloser Blick starr auf die gegenüberliegende Wand gerichtet. Krister bedachte erst den Wachtposten, dann das Tor misstrauisch. Er hätte schwören mögen, dieses Portal führte nach draußen, was freilich nicht sein konnte, da gut erkennbar Stufen von dort aus nach unten führten, allem Anschein nach in einen Keller oder irgendein anderes unterirdisches Gewölbe.
Sie blieben beeindruckt vor der gedeckten Tafel stehen. Krister musterte noch einen Augenblick den Wachtposten, bevor er sich endlich zu Avalea umwandte und bemerkte: „Ein wahrhaft beeindruckendes Zuhause.“
„Oh, es handelt sich hier um kein Zuhause“, antwortete sie mit neutraler Stimme. Kein Willkommensgruß ging ihren Worten voraus. Höflichkeiten dieser Art schienen nicht die geringste Rolle zu spielen. „Dies ist vielmehr ein Ort der Zusammenkunft. Einige Gebäude Basturins scheinen für die Ewigkeit gebaut worden zu sein. Dies ist eines davon.“
„Dennoch vielen Dank für die freundliche Einladung.“ Krister streckte Avalea demonstrativ die rechte Hand entgegen. Überrascht nahm er zur Kenntnis, wie sie nur einen Augenblick zögerte, bevor sie die angebotene Hand ergriff.
Von dieser ersten Berührung ging etwas aus, das Krister nicht in Worte fassen konnte. Ihre Fingerspitzen übertrugen hauchzarte Spannung, welche sich in feinen Funken entlud. Einem ersten Impuls folgend war er drauf und dran, die Hand zurückzuziehen, besann sich jedoch rechtzeitig und erwiderte den Druck wenn auch mit ein wenig Verzögerung.
Seine Augen, noch immer erstaunt auf ihre Hand gerichtet, fanden die ihren wieder. Sie neigte den Kopf einen Tick zur Seite und betrachtete ihn mit einer Mischung aus Verwunderung und… ja, man konnte es wohl Ironie nennen. Ein listiges Lächeln spielte flüchtig um ihre Mundwinkel.
Dann war der Moment erreicht, an dem sich die beiden Hände wieder voneinander lösten. Nicht jedoch die Augen. Avalea hielt dem forschendem Blick des Mannes stand, doch
Weitere Kostenlose Bücher