Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)
Eindruck.
Auf dem Rückweg passierten wir erneut die Stelle, an der uns Ashram angesprochen hatte. Sein Boot befand sich nicht mehr auf dem Trockenen. Es dümpelte sanft auf den gedrungenen Wellen, die leise plätschernd auf den Strand rollten. Der junge Fährmann befand sich an Bord und hantierte achtern herum. Als er uns erblickte, hob er den rechten Arm zum Gruß. Ich winkte zurück.
„Ich wusste, ihr würdet wieder kommen“, rief er herüber. „Wann wollt ihr aufbrechen?“
Krister und ich sahen einander amüsiert an. Der Junge hatte es in der Tat drauf. Die Entscheidung war damit gefallen.
„Morgen bei Sonnenaufgang“, rief ich zurück. „Wir werden jedoch aller Wahrscheinlichkeit nach zu viert sein.“
„Zu viert?“
„Ja, macht das einen Unterschied?“
„Nicht unbedingt…“
„Wenn du sie siehst, wirst du sie umsonst mitnehmen, verlass dich drauf“, pries ich Avalea an und kam mir dabei lächerlich vor.
Ashram grinste. Er schien wieder beruhigt zu sein.
„Wenn sie zu euch gehört, muss sie ein tolles Mädchen sein. Dann bis morgen!“ Und damit widmete er sich wieder ganz seiner Arbeit und sah nicht mehr auf. Der alte Marak, immer noch träge in der Jolle schaukelnd, beobachtete uns wortlos.
In einer von innen noch schäbiger wirkenden Taverne nahmen wir eine Mahlzeit zu uns. Sowohl das angekohlte fette Lammfleisch als auch das zur Unkenntlichkeit zerkochte Gemüse trugen nicht gerade zu unserer Zufriedenheit bei. So gab es auch ein Heidenspektakel bei der Bezahlung. Die nicht mehr ganz junge Wirtin, deren ungewöhnlich weiße Haut mich gleichermaßen faszinierte wie abstieß, bellte uns mit gefletschten Zähnen in unbekannter Sprache an, um dann doch den von Krister drastisch reduzierten Preis zu akzeptieren. Was sie uns alles an den Hals wünschte während sie den Tisch abräumte, verstanden wir dem Himmel sei Dank nicht. Noch auf dem Rückweg zum Gästehaus übergab sich Luke. Trotz grummelnden Magens blieb sowohl Krister als auch ich mir dieses Übel erspart.
Die Nacht brach bereits an, als wir das Gästehaus erreichten und uns aufs Zimmer begaben. Wo sich Avalea wohl jetzt befand? Den ganzen Abend über hatten wir wenig über sie gesprochen. Jetzt kurz vor dem Schlafengehen kehrten unsere Gedanken zu ihr zurück. Wir waren in Kelvin angekommen, und damit endete die Abmachung. Punktum. Dennoch hatte Avalea deutlich zum Ausdruck gebracht, uns noch nicht verlassen zu wollen. Ich für meinen Teil sah keinen Grund, sie wieder auszuschließen, allerdings auch keinen, sie weiterhin bei uns zu behalten. Diese Frage galt es bald zu klären, und ich wollte die Meinung der anderen dazu wissen.
„Wollen wir oder wollen wir nicht?“ stellte ich ein wenig unglücklich formuliert in den Raum, wissend, dass sowohl Krister als auch Luke genau wussten, was ich damit meinte. Dennoch zögerten sie mit einer Antwort. Nach angemessener Pause fuhr ich fort: „Ich sehe schon, ihr habt auch keine klare Meinung dazu.“
Krister wandte sich mir zu.
„Nach allem, was ich heute über sie erfahren habe, bin ich nicht sonderlich scharf darauf. Andererseits muss ich zugeben, sie kennt sich wirklich aus und war uns doch ab und zu behilflich.“
„Ja, das war sie.“ Ich nickte. „Zwar will mir nicht in den Kopf, warum sie sich so uneigennützig anbietet, aber sie wird ihre Gründe haben.“
„Ja genau, die vielleicht nicht ganz so uneigennützig sind, wie sie vorgibt“, warf Luke ein. Sein Misstrauen saß offenkundig am tiefsten. Der Bonus, ihm vor kurzem noch das Leben gerettet zu haben, schien inzwischen aufgebraucht.
„Warum sollte sie uns Böses wollen? Wir haben ihr zu keiner Zeit Anlass dazu gegeben. Wahrscheinlich vermuten wir inzwischen hinter alles und jedem eine Gefahr.“
„Du hast Recht, Jack, das ging mir auch schon durch den Kopf“, gab Krister zu. „Warum sollten wir uns vor ihr fürchten? Es gibt eigentlich keinen Grund.“
„Na dann!“ Es war wie eine Erleichterung. Der Gedanke, sie nicht für ihre Ehrlichkeit bestrafen zu wollen, trug sicherlich auch dazu bei, mich für sie entschieden zu haben. „Dann wird sich Ashram morgen mit vier Passagieren anfreunden müssen.“
„Ja, das wird er wohl.“ Kristers Zustimmung bedeutete mir viel.
„Und was denkst du darüber?“ fragte ich Luke.
Er sah mich unverhohlen offen an.
„Macht es einen Unterschied, was ich denke?“
Das saß. Vielleicht hatte ich es auch verdient, denn letzten Endes hatte seine Stimme bisher
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