Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)
Punkt.
„Unsere Erzeuger legten keinen Wert darauf, sie schufen uns nicht um unserer selbst willen. Unsere Aufgaben waren klar definiert: den Menschen zu dienen, in jeder nur erdenklichen Hinsicht. Hätten Skiavos die Möglichkeit besessen, sich aus eigener Kraft fortzupflanzen, würden sie auf einer Stufe mit den Menschen gestanden haben. Dies jedoch wollte man uns nicht zugestehen.“
„So wie es aussieht, legten sie allerdings deutlich mehr Wert auf etwas anderes – oder wieso leben Menschen nur den Bruchteil der Zeitspanne eines Skiavos? Hört sich so an, als sei die – verzeih meine Wortwahl – Kopie besser als das Original. Du behauptest, über dreihundertfünfzig Jahre alt zu sein. Noch nie hörte ich von einem Menschen, der auch nur ein Drittel deines Alters erreichte.“
„Oh, nicht alle Skiavos werden so alt, bei weitem nicht. Nur die der jüngsten Generation. Ich bin sozusagen eines der letzten Kinder der unmittelbaren Vorkriegszeit. Ohne den Krieg würden wahrscheinlich auch alle Menschen deutlich älter werden. Ihr seht vor euch, wenn ihr so wollt, einen Prototyp dessen, was auch aus euch hätte werden können. Manchmal frage ich mich allerdings, ob es Fluch oder Segen ist, so lange zu leben, zumal ich nicht im Geringsten weiß, wie hoch meine Lebenserwartung eigentlich ist. Es gibt auch niemanden, den ich fragen kann.“
„Dann alterst du tatsächlich nicht?“ fragte Luke beinahe mitleidig.
„Nur sehr langsam, nehme ich an.“ Avalea blickte in die Runde, in drei verdutzte und überforderte Gesichter. „Ihr werdet sicher ein wenig Zeit brauchen, um all das zu verdauen. Ich halte es daher für das Beste, euch die nächsten Stunden alleine zu lassen.“
Auch wenn mir ihr Angebot zusagte, fühlte ich mich ob meiner wortlosen Zustimmung schäbig. Konnten wir sie einfach so ziehen lassen?
„Ich bin nach wie vor bereit, euch an den Taorsee zu führen. Wenn ihr es auch seid, treffen wir uns morgen bei Sonnenaufgang wieder hier.“
Richtig, dieses heikle Thema war auch noch nicht geklärt.
„So machen wir es.“ Irgendwie wollte auch ich das Gespräch zu Ende bringen. Ein wenig zu hastig vielleicht, denn in Avaleas Augen stand ihre nicht gänzlich unwahrscheinliche Befürchtung, zu besagtem Zeitpunkt alleine dazustehen. Ohne ein weiteres Wort wandte sie sich dann auch ab und schlug raschen Schrittes den Weg zur Küste hinunter ein. Nicht einmal wandte sie sich noch um und war bald in der Menge verschwunden.
„Wohin geht sie?“ fragte Luke ihr hinterher blickend.
„Ich weiß es nicht.“ In Kristers Stimme lag eine nur unzureichend kaschierte Spur Bedauern. „Jack, was hältst du von dieser ganzen Geschichte?“
„Sind wir wirklich so zurückgeblieben?“ stellte ich in den Raum, ohne auf Kristers Frage einzugehen. „Um uns herum existiert eine intakte Welt voller Menschen – und wie es aussieht auch voller Skiavos – und wir wissen nichts davon. Dürfen davon nichts wissen, weil wir einem Tabu gehorchen, das es uns verbietet, mit eben jener Welt in Kontakt zu treten. Das verstehe ich nicht. Wer zum Teufel trägt die Verantwortung dafür? Wer hat ein Interesse daran, uns künstlich dumm zu halten?“
Langsamen Schrittes kehrten wir zum Gästehaus zurück. Nach einer ausgiebigen Waschung im Hinterhof (mit richtiger Leimseife) ähnelten wir wieder halbwegs zivilisierten Menschen. Craig, dessen Laune sich gebessert hatte, empfing uns dann auch entsprechend gastfreundlicher.
Lange hielten wir es allerdings nicht in unserer Kammer aus. Das Thema Avalea beherrschte jeden Moment unserer Konversation. Der Anblick des vierten leeren Bettes nagte an meinem Gewissen. Lukes berechtigte und doch nervige Fragen bezüglich des Themenkreises Vestan versuchte ich so gut wie möglich zu beantworten, auch wenn mein eigenes Wissen nicht das umfangreichste gewesen sein dürfte. Den Deckel ein wenig lüftend berichtete ich ihm von Robs und meinem Fund auf Radan und damit im Großen und Ganzen die Wahrheit, warum wir uns hier und heute in Kelvin befanden. Die Vielzahl neuer Informationen schien ihn zunächst genügend zu beschäftigen. Nur kannte ich ihn inzwischen gut genug, um zu wissen, dass es dabei nicht bleiben würde.
Am Nachmittag gingen wir erneut nach draußen, in der Absicht, Kelvin ein Stück weit zu erkunden. Und um Ablenkung zu finden. Naturgemäß zog es uns hinunter an den Hafen. Es dauerte auch nicht lange, bis Fährleute uns ansprachen. Wir mussten wie Reisende aussehen, auch
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