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Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)

Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)

Titel: Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Thiele
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die gespannte Leine. Luke, der sich das andere Ende mehrfach um den Oberkörper gewickelt hatte, flog mit einem Schrei auf den Lippen förmlich aus dem Wasser und damit meinen zupackenden Händen entgegen. Und nicht nur er.
    Ohne jede weitere Vorwarnung durchbrach einen halben Meter neben ihm der gewaltige schuppige Kopf des Ichthyons die Wasseroberfläche, genau dort, wo Luke sich befunden hätte, wäre er nicht so plötzlich nach oben geschnellt. Einen verschwindend kurzen Atemzug blickte ich in ein pechschwarzes Auge, das Auge eines unerbittlichen Jägers, gleich einem faustgroßen dunklen Spiegel, gnadenlos auf die vor ihm fliehende Beute fixiert. Furchteinflößende Kiefer, gespickt mit je zwei Reihen rasiermesserscharfer, dreieckiger Zähne, schlossen sich mit einem schauerlich hohlen Geräusch, als schlügen hölzerne Kübel mit aller Wucht gegeneinander.
    Doch sie gingen leer aus.
    Ich bekam Luke unter den Achseln zu fassen, zerrte ihn mit aller Kraft nach oben und stürzte mit ihm zusammen auf das Deck. Doch damit war die Gefahr noch nicht gebannt. Der sich um den Lohn der Mühe betrogen glaubende Ichthyon ließ seiner Enttäuschung freien Lauf und rammte wutentbrannt das kleine Boot. Einmal, zweimal, dreimal, eine Taktik, die ihm offenbar schon des Öfteren zu Nahrung verholfen hatte.
    Für einen Riesen dieser Größe stellte es kein Problem dar, ein kleines Boot umzuwerfen oder in Stücke zu schlagen, um sich anschließend nach Belieben zu bedienen. Ashrams Kahn jedoch erwies sich glücklicherweise als eine Nummer zu groß. Noch einmal erbebte er, noch einmal zitterten die Planken unter unseren Füßen, ein letztes Mal vernahmen wir jenes scharrende Geräusch, als sich die grässlichen Kiefer ergebnislos um den Kiel schlossen.
    Luke lag schwer atmend auf mir, noch immer hielt ich seinen auffallend kalten Körper umklammert, als gälte es weiterhin, ihn vor dem hungrigen Raubtier zu beschützen. Hustend würgte er Salzwasser hervor. Endlich ließ ich los. Ich hätte vor Freude heulen mögen! Wir hatten es geschafft, hatten dem erbarmungslosesten Räuber der Tethys eine sicher geglaubte Beute entrissen.
    Krister sprang jubelnd heran und fuhr seinem verloren geglaubten Bruder liebevoll mit beiden Händen durchs nasse Haar. Nur am Rande nahm ich die hysterischen Hilfeschreie Arians wahr, die ich mitleidslos ausblendete – ja ausblenden musste. Er hatte eiskalt unseren Tod gewollt. Von uns durfte er sich nichts mehr erwarten. Trotz alldem meldete sich mein Gewissen mit Vehemenz. Arians Rufen verstummte, unwirkliche Stille setzte ein. Auch wenn keiner an Bord es zugab, jede Aufmerksamkeit Luke galt, so lauschten doch alle Ohren unwillkürlich der Dinge, die sich jenseits der sicheren Bordwand abspielten. Wie lange konnte es noch dauern? Hatte der Ichthyon am Ende aufgegeben, das Interesse verloren?
    Ein markerschütternder Aufschrei beendete jeden Zweifel. Kurz nur, in höchster Not geboren, erstickte Arians letzter Angstruf in einem grauenvollen Gurgeln. Geklammert an das Schutz versprechende Boot hatte er sich nicht völlig zu Unrecht sicherer gefühlt als auf den Wellen treibend. Doch letzten Endes konnte er dem Räuber nicht entgehen. Der Ichthyon wusste genau, dass ihm lediglich eines seiner beiden Opfer entgangen war.
    Lukes Atem setzte aus. Mit allen Fasern seines Körpers spürte er, welchem Schicksal er um Haaresbreite entronnen war und schlug die Hände vors Gesicht.
    Trotzdem es keinen Sinn mehr machte, löste ich die noch immer um seine Brust gewickelte Leine und eilte nach achtern, bereit sie auszuwerfen. Doch nichts war unter mir zu sehen außer an die Oberfläche trudelnde Blasen, die Arians letzten Aufenthaltsort verrieten. Eine Weile gab ich meinen suchenden Augen Zeit, das Geschehene anzunehmen. Nicht die kleinste Spur mehr. Mensch und Bestie waren verschwunden.
     
    Wir übernahmen das Kommando über Ashrams Boot. Kristers Hieb setzte ihn für eine halbe Ewigkeit außer Gefecht. Als er endlich wieder zu sich kam, konnte (oder wollte) er sich zunächst nicht entsinnen, was geschehen war. Erst nach und nach setzte sein Erinnerungsvermögen wieder ein. Und ein kläglich schlechtes Gewissen. Widerspruchlos nahm er die Fesseln hin, die seine mageren Arme auf den Rücken zwangen. Schließlich brach er auf den Planken kniend in bittere Tränen aus. Sein Schluchzen wollte kein Ende nehmen.
    „Reichlich spät für Reue“, meinte ich ungnädig. Wenn es nach Krister gegangen wäre, befände sich

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