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Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)

Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)

Titel: Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Thiele
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hielt ich ihm umgehend entgegen. Innerlich schämte ich mich der abscheulichen Dinge, die im Namen der Menschheit in dieser Welt geschehen waren, lehnte jedoch Pauschalverurteilung strikt ab. „Viele von uns haben gelernt. Auch wir haben uns geändert.“
    Éi-urt-tuay legte den Kopf abschätzend zur Seite.
    „Vielleicht stimmt das, vielleicht nicht.“
    „Den Menschen Laurussias magst du diese Vorwürfe machen, und das mit Recht. Aber ich komme aus dem Norden, aus Avenor. Wir Menschen aus dem Norden sind früh einen anderen Weg gegangen. Für die Verbrechen Laurussias können sie nichts.“
    Éi-urt-tuay sah mich immer noch mit zur Seite gelegtem Kopf an.
    „Vielleicht stimmt das, vielleicht nicht“, wiederholte er, wobei die Trauer aus seinem Gesicht verschwand und einem Ausdruck wich, welcher am ehesten mit Ironie beschrieben werden konnte.
    „Mag es sein wie es ist“, erwiderte ich (fühlte ich mich provoziert?) und meine Worte klangen schärfer als eigentlich beabsichtigt. „Woher kennst du meinen Namen?“
    Éi-urt-tuay beschränkte sich wieder auf sein wissendes Lächeln.
    „So ungestüm und ungeduldig. So voller Drang und Eifer, ja ja. Die Jugend ist ein flammendes Schwert, ein hungriges Feuer. Aber du hast Recht. Mag es sein wie es ist. Ein weiser Spruch. Sehr weise, o ja…“
    Der zweite Uhleb sagte etwas in ihrer zischenden Sprache, worauf Éi-urt-tuay etwas missmutig reagierte und ihm – so wirkte es jedenfalls – bedeutete, sich still zu verhalten. Éi-urt-tuay sah mich danach lange an, und ich hielt dem Blick stand. Doch war in seinen Augen kein Abschätzen, kein Abwägen, kein Taxieren, etwas, das ich instinktiv bei einem anderen Menschen in dieser Situation erwartet hätte. Nein, es war vielmehr ein Suchen, ein Aufspüren, ein Kundschaften nach irgendeiner Art Bestätigung oder Hinweis in meinen Augen.
    „Nun?“ fragte ich ihn endlich. „Willst du meine Frage beantworten? Woher kennst du meinen Namen? Und wieso sprichst du meine Sprache?“
    Der andere Uhleb zischte wieder einige unverständliche Worte, die Éi-urt-tuay diesmal mit einem kurzen Kopfnicken quittierte.
    „Die Prophezeiung macht uns zu Verbündeten. Wir können nicht gegen unser aller Schicksal, ankämpfen, ja ja. So soll es denn sein. Éyllas-Áundri steht über allem… o ja, das ist unser Los.“
    „Bitte?“ fragte ich ihn, kein Wort verstehend.
    Éi-urt-tuay nahm auf dem blanken Fels im Schneidersitz Platz und forderte mich mit einladender Geste auf, es ihm gleichzutun. Ich zögerte.
    „Nimm bitte Platz“, lud er mich ein. „Es wird eine lange Nacht werden, ja ja, eine lange Nacht. Möge Estri unsere Gedanken erhellen. Du möchtest Erklärungen? Du wirst sie bekommen. Viele, viele Informationen, ja ja. Zu viele vielleicht. Mag es sein, wie es ist. Die Zeit ist gekommen, o ja. Nimm bitte Platz, Sennt-ryi.“
    Wie hatte er mich genannt? Sentry?
    Irgendetwas in mir erwachte wie von Geisterhand berührt. Wo hatte ich diesen Begriff schon gehört? Oder bildete ich mir nur ein, damit bereits einmal in Berührung gekommen zu sein? Ich spürte, den beiden Uhleb ein gewisses Maß an Vertrauen entgegenbringen zu müssen, wollte ich mehr von ihnen erfahren. Wenn sie Arglistiges im Schilde führten, traute ich mir zu, sie mir vom Leib zu halten. Als Zeichen guten Willens legte ich den Eisenstab vorsichtig zu Boden, holte die Decke aus meinem Rucksack und setzte mich darauf. Wenn es schon eine lange Nacht werden sollte, dann doch zumindest eine bequeme. Außerdem musste diese behagliche Geste etwas von dem Vertrauen widerspiegeln, das ich bereit war, den beiden Uhleb zuzugestehen.
    Da saß ich nun und verhielt mich abwartend. Es vergingen einige lange Minuten. Éi-urt-tuay hielt die Augen geschlossen, den Kopf in den Nacken gelegt, und schien in eine Art Dämmerzustand verfallen zu sein. Vielleicht lachte er sich auch innerlich kaputt über diesen Menschen, der, bevor er Platz nahm, eine weiche Decke unter den Allerwertesten schob. Seine merkwürdig runden Ohren standen weit vom Kopf ab. In seinem verrunzelten Gesicht spiegelte sich äußerste Konzentration wider. Der andere Uhleb saß deutlich gelassener da und beobachtete mich unverhohlen ablehnend aus weit aufgesperrten Augen, die tiefes Misstrauen widerspiegelten.
    Instinktiv verhielt ich mich ruhig und abwartend, die beruhigende Schlagwaffe in unmittelbarer Nähe wissend. Schließlich öffnete Éi-urt-tuay die Augen. Die tiefe Einkehr, in der er sich befunden hatte, fiel

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